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Wegen dieses Anti-Erdogan-Plakats: Schweizer Botschafter einbestellt + Verfahren eröffnet

Wegen dieses Anti-Erdogan-Plakats: Schweizer Botschafter einbestellt + Verfahren eröffnet

26.03.2017, 13:3826.03.2017, 16:55
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epa05870521 A placard reads; 'For Democracy in Turkey', as protesters march during a demonstration against the Turkish President Recep Tayyip Erdogan, in Bern, Switzerland, 25 March 2017. EP ...
Demo in Bern: Türkei gegen Erdogan.Bild: EPA/KEYSTONE

Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland hat am Sonntag ein Strafverfahren wegen eines Anti-Erdogan-Transparents an einer Kundgebung in Bern eröffnet. Auch die Stadt Bern will eine Anklage wegen der Kundgebung einreichen.

«Es liegt ein Verstoss gegen die Bewilligungsauflagen vor», sagte Reto Nause, der Sicherheitsdirektor der Stadt Bern, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Er bestätigt damit eine Meldung des Schweizer Fernsehens SRF. Gegen wen sich die Anklage richten werde, sei noch nicht definiert.

Bereits am Samstag war die Vize-Botschafterin Nathalie Marti ins türkische Aussenministerin einbestellt worden; Botschafter Walter Haffner war abwesend. Nun sei Haffner wieder in Ankara und werde am Nachmittag bei den Behörden erwartet, bestätigte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Sonntag eine Meldung des Westschweizer Radios RTS.

Am Sonntag wurde dann auch noch Haffner einbestellt. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte am Sonntag eine entsprechende Meldung des Westschweizer Radios RTS und der «NZZ».

Der Schweizer Botschafter habe dem Vertreter des türkischen Aussenministeriums mitgeteilt, dass die zuständigen Behörden im Kanton Bern den Vorfall prüften und untersuchten. Die türkischen Behörden würden über das Ergebnis informiert.

People hold banners and flags during a demonstration against Erdogan dictatorship and in favour of democracy in Turkey in Bern, Switzerland March 25, 2017. REUTERS/Ruben Sprich
Stein des Anstosses: Dieses Transparent.Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Die Türkei stört sich an einem in Bern gezeigten Transparent mit dem Porträt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sowie einer auf ihn gerichteten Pistole. Darunter stand: «Kill Erdogan with his own weapons» (töte oder tötet Erdogan mit seinen eigenen Waffen). Das Transparent wurde von der Revolutionären Jugendgruppe Bern an der Kundgebung mitgeführt, wie die Gruppe am Samstagabend bekanntgab.

Der Vertreter des türkischen Aussenministeriums habe den offiziellen Protest der türkischen Behörden gegen dieses Transparent zum Ausdruck gebracht, sagte EDA-Sprecher Stefan von Below am Samstagabend auf Anfrage. Die Schweizer Behörden sollten eine Untersuchung einleiten und die Urheber des Transparents, beziehungsweise die Organisatoren zur Rechenschaft ziehen, sei von Ankara verlangt worden.

Dies ist nun geschehen: Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland habe ein Verfahren wegen öffentlichen Aufrufs zu Verbrechen oder Gewalttätigkeit eröffnet, sagte Dominik Jäggi, Mediensprecher der Kantonspolizei Bern am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

Nun gelte es abzuklären, inwieweit der Tatbestand erfüllt sei. Das Plakat hätten Polizisten bereits an der Demonstration festgestellt und deswegen umgehend Ermittlungen eingeleitet. Es seien jedoch bislang keine Personen in diesen Zusammenhang angehalten worden, sagte Jäggi.

Aussenminister telefonieren

Wegen des Vorfalls telefonierte am Samstag auch der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu seinem Amtskollegen Didier Burkhalter. Sowohl das türkische Aussenministerium wie auch das EDA bestätigten das Gespräch, machten aber keine weiteren Angaben zum Inhalt.

In einer Mitteilung vom Sonntag betonte das EDA erneut, dass es sämtliche Aufrufe zur Gewalt verurteile und alle Seiten dazu aufrufe, ihre Differenzen auf friedlichem Weg auszutragen.

Auch Erdogan selbst protestierte: Die Schweiz müsse aufhören, «Terrororganisationen» zu unterstützen, sagte sein Sprecher, Ibrahim Kalin, nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu vom Sonntag. Es sei nicht akzeptabel, dass PKK-Symbole gezeigt würden, zudem sei offen zum Mord an Erdogan aufgerufen worden, kritisierte Kalin demnach weiter.

Die kurdische Arbeiterpartei PKK gilt in der Türkei und der EU als Terrororganisation und ist in Deutschland verboten, in der Schweiz jedoch nicht. 

Organisatoren distanzieren sich

Die Organisatoren der Anti-Erdogan-Demonstration distanzierten sich von dem Plakat. Dieses sei «unhaltbar und politisch ungeschickt» gewesen, sagte Urs Sekinger von der Organisation Solifonds am Sonntag in einem Interview gegenüber dem «St. Galler Tagblatt».

Doch er habe die Verantwortung für den politischen Inhalt der Demonstration getragen und nicht für den Ordnungsdienst. Ihr oberstes Ziel sei eine friedliche Kundgebung gewesen. «Und dieses Ziel haben wir erreicht», sagte der Koordinator des «Solidaritätsfonds für soziale Befreiungskämpfe in der Dritten Welt» (Solifonds).

Man könne sie nicht für jedes Plakat verantwortlich machen, das zuvor durch die Stadt getragen wurde. Und offenbar habe auch die Polizei zuvor eine Intervention als unverhältnismässig eingestuft.

Sekinger ärgert sich aber vor allem darüber, dass nun alle über das Transparent sprechen, «anstatt von den katastrophalen Zuständen in der Türkei». Erdogan könne nun Stimmung gegen die Schweiz und für sein Referendum machen. Das sei «ein gefundenes Fressen» für den türkischen Präsidenten. (sda)

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P. D.
26.03.2017 14:15registriert Oktober 2015
Erdogan selbst protestierte: Die Schweiz müsse aufhören, «Terrororganisationen» zu unterstützen.

Bla bla bla, Erdi. Interessiert uns nicht. Schau besser, dass Deine Ziegen genug zu essen haben
Wegen dieses Anti-Erdogan-Plakats: Schweizer Botschafter in der Türkei wird einbestellt
Erdogan selbst protestierte: Die Schweiz müsse aufhören, «Terrororganisationen» zu unterstützen. 

Bla b ...
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Makatitom
26.03.2017 14:19registriert Februar 2017
Und der Schweizer Botschafter so: Gääääääääääähn
935
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ohjaja!
26.03.2017 15:46registriert Januar 2017
Chill Erdogan
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