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So schlimm war der Lawinenwinter 1999

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Der österreichische Wintersportort Galtür am 25. Februar 1999.Bild: AP BMFLV

So schlimm war der Lawinenwinter 1999

Die aktuelle Wetterlage in den Bergen erinnert an den Katastrophenwinter vor 19 Jahren. Damals richteten allein in der Schweiz 1550 Schadenlawinen grosse Schäden an und töteten 17 Menschen. 
23.01.2018, 12:4823.01.2018, 13:43
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Seit fast 20 Jahren lag nicht mehr so viel Schnee in den Walliser Alpen und Nordbünden. Das Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) hat die Lawinengefahr als «sehr gross» eingestuft. Diese 5. und damit höchste Stufe auf der Lawinengefahrenskala wurde letztes Mal im Winter 1998/1999 ausgerufen.

Wie viele Lawinen damals gesamthaft niedergingen, ist nicht bekannt. Laut Studien sollen es aber mehrere tausend gewesen sein. Bekannt ist hingegen die Zahl der Lawinen, die Schäden anrichteten: 1550 waren es alleine in der Schweiz. Sie richteten einen Sachschaden von 600 Millionen Franken an. Verkehrswege wurden abgeschnitten, Gebäude beschädigt und insgesamt 17 Menschen getötet. Im Verlauf des Winters starben bei weiteren Lawinenabgängen 19 Menschen.

Lawinenopfer in der Schweiz von 1936/37 bis 2015/16

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Nicht nur die Schweiz war betroffen. Im gesamten Alpenraum sorgte der massive Schneefall und die besondere Wetterlage für grosse Gefahr. Allein im österreichischen Galtür starben 38 Menschen infolge Lawinenniedergängen.

Die Bilanz des Lawinenwinters 99 in den Alpen

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statistik: SLF Davos

Die Bilder von den Schneemassen die sich türmen, die Nachricht von Dörfern, die von der Aussenwelt abgeschnitten werden, all das erinnert an den Winter von 1999. Damals wurde zwischen dem 27. Januar und dem 25. Februar am Alpennordhang die fünf Meter Neuschnee-Marke überschritten. An sechs Tagen wurde die Gefahrenstufe für Lawinen als «sehr hoch» prognostiziert.

Seit der Einführung der fünfstufigen Lawinengefahrenskala kam zum ersten Mal die höchste Gefahrenstufe zur Anwendung. Der Februar ging daraufhin als Katastrophenmonat in die Schweizer Geschichte ein. Ein Rückblick auf den Lawinenwinter 1999:

7. Februar 1999: Lavin

Am Sonntagnachmittag löst sich in Lavin, zwischen Scuol und Zernez, eine Lawine und donnert auf die Kantonsstrasse nieder Die Strasse wurde im Gebiet «Gonda» auf einer Länge von rund 80 Metern verschüttet. Die Schneemassen erfassten zwei Personenwagen, die in Richtung Scuol unterwegs waren. In den Autos sassen je zwei Personen. Aus dem hinteren Fahrzeug konnte sich eine Person leicht verletzt selber retten. Die zweite Person in diesem Wagen und die beiden Insassen des zweiten Fahrzeuges waren eingeklemmt und konnten erst nach einer Weile geborgen werden. Zwei der Geborgenen waren schwerer verletzt. Eine Person konnte nur noch tot geborgen werden. 

8. Februar 1999: Wengen

An Avalanche has destroyed the Restaurant 'Oberland' in the village Wengen in the Bernese Oberland, Switzerland, in the night from Sunday, February 7, to Monday, February 8, 1999. The owners ...
Das «Café Oberland» nach dem Lawinenniedergang vom 8. Februar 1999.Bild: KEYSTONE

Am Montag, 8. Februar 1999 kurz nach zwei Uhr früh löst sich am Westhang des «Tschuggen» in Wengen auf einer Höhe von etwa 2300 Meter über Meer eine Lawine. Sie donnert das Gebiet «In Gassen» hinunter und erfasst dabei das «Café Oberland». Ein Polizeisprecher meldete: «Die Schneemassen fegten das Obergeschoss des Hauses weg.» Das Wirteehepaar wurde unter der Schneemasse vergraben und konnte nur noch tot geborgen werden. Als es Tag wird, werden weitere 15 Häuser und ein Hotel evakuiert. 16 Schulkinder und 5 Erwachsene werden aus einem Skilager geholt.

9. Februar 1999: Lötschberg

Die BLS-Linie am Loetschberg wurde am Dienstag, 9. Februar 1999 durch einer Lawine unterbrochen. Die Instandsetzung der Linie erfolgte noch am Mittwochvormittag. (KEYSTONE/SACHA BITTEL)
Die BLS-Linie am Lötschberg wird am 9. Februar nach einer Lawine unterbrochen.Bild: KEYSTONE

Am 9. Februar wird die BLS-Bahnlinie am Lötschberg (VS) von einer Lawine verschüttet. Der Bahnverkehr muss kurzzeitig eingestellt werden. 

Auch der Strassenverkehr leidet unter den grossen Schneemassen. Immer wieder müssen Strassen nach Lawinen gesperrt werden. Unter anderem auch am 9. Februar im Spinatobel zwischen Lenzerheide und Malix (GR).

Lawinenniedergang im Spinatobel - zwischen Lenzerheide und Malix (GB) gelegen - macht die Weiterfahrt fuer diesen Lebensmitteltransport unmoeglich, aufgenommen am Dienstag morgen, 9. Februar 1999. Die ...
Kein Durchkommen für diesen Lebensmitteltransporter am 9. Februar im Spinatobel (GR).Bild: KAPO GRAUBUENDEN KEYSTONE

18. Februar 1999: Gotthard

Kein Weiterkommen fuer den Verkehr am Gotthard am Dienstag, 9. Februar 1999, ab 17 Uhr. Die Polizei liess wegen akuter Lawinengefahr die Autobahn A2 sowie die Kantonsstrasse in beide Richtungen sperre ...
Bild: KEYSTONE

Kein Weiterkommen für den Verkehr am Gotthard am Dienstag, 9. Februar 1999, ab 17 Uhr: Die Polizei liess wegen akuter Lawinengefahr die Autobahn A2 sowie die Kantonsstrasse in beide Richtungen sperren. Als sich die Lage erneut zuspitzt, wird die A2 vom 18. Februar bis 26. Februar in beiden Richtungen gesperrt. Der gesamte Nord/Süd-Verkehr wird über die A13 via San Bernardino-Pass umgeleitet.

21. Februar 1999: Evolène

An aerial view shows rescue workers waiting for digging at the fatal of two avalanches which hit the Swiss ski resort of Evolene in the southern Alps Monday Feb. 22, 1999. Two people were killed and s ...
Evolène am 22. Februar 1999.Bild: KEYSTONE

Am Abend des 21. Februars 1999 blickt die ganze Schweiz nach Evolène. Innert weniger Stunden gehen insgesamt fünf Lawinen im Umkreis des Walliser Dorfes nieder. Zwölf Menschen werden unter den Schneemassen begraben – zum Teil mit ihren Autos. acht Wohnhäuser, fünf Scheunen vier Chalets und mehrere Alphütten werden zerstört. Zudem werden zwei Wohnhäuser und acht Chalets beschädigt. Mindestens neun Autos erlitten Totalschaden. Es handelt sich um eines der tödlichsten Lawinenunglücke in der Schweiz im 20. Jahrhundert.

23. Februar 1999: Silenen

In Silenen wurden Strassenabschnitte wegen Lawinengefahr gesperrt. Am Samstag 20.2.1999 ging nach der Wiler Lawine auch die Oblital Lawine nieder welche links und rechts der Haeuser zum Stillstand kam ...
Blick Richtung Silenen im Lawinenwinter 1999. Bild: KEYSTONE

Auf dem Gemeindegebiet von Silenen gingen allein im Februar dieses schicksalsschweren Winters an die 60 Lawinen nieder. Sie zerstörten zwei Wohnhäuser und mehrere Ställe, sie beschädigten sieben Wohnhäuser und Dutzende von kleineren Gebäuden, sie rissen im Maderanertal ganze Wälder von den Hängen. Eine besonders grosse Lawine löste sich am 23. Februar beim «Chli Windgällen». Ihr Druck zerriss das Wohnhaus «Obere Egg» und fegte es bodeneben weg. Ein Geisshirt musste dabei sein Leben lassen.

23. Februar: Galtür, Österreich

Rescue personnel shift through rubble and snow trying to reach the victims not yet found after the avalanche in Galtuer, Austria, Wednesday, February 24, 1999. Numerous roads remained closed in wester ...
Bild: EPA APA

Das grösste Unglück des Lawinenwinters 1999 ereignete sich nicht in der Schweiz sondern im Nachbarland Österreich. Am 23. Februar geht um 16 Uhr nach einem lauten Grollen eine riesige Lawine auf den Wintersportort Galtür nieder. Mit ihrer 400 Meter Breite, zehn Metern Höhe und einer Geschwindigkeit von 70 Kilometern pro Stunde rast sie talwärts. Das österreichische Dorf wird zu grossen Teilen von Schnee begraben. 38 Menschen sterben, über 20 Personen werden schwer verletzt geborgen. 

25. Feburar 1999: Leukerbad

Der oberste Teil eines Mehrfamilienhauses in Leukerbad ist am 25. Februar 1999 vom Luftdruck einer gewaltigen Staublawine zerstoert worden. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Bild: KEYSTONE

Am 25.02.1999 geht eine grosse Staublawine am Rand des Ferienorts Leukerbad im Wallis nieder. Durch den Druck werden sechs Mehrfamilienhäuser zum Teil schwer beschädigt. 30 Menschen wurden von Rettern unverletzt aus dem am stärksten beschädigten Haus geborgen. Glücklicherweise wurde bei dem Unglück keine Person getötet.

(meg/sar)

Video: srf

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Schneechaos in der Schweiz
Schnee, Schnee und nochmals Schnee. An vielen Orten in der Schweiz geht nix mehr, wie hier im Engadin. (22. Januar 2018)
quelle: giancarlo cattaneo st.moritz / giancarlo cattaneo
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