Schweiz
Wirtschaft

Thiam verteidigt umstrittene CS-Strategie – und schiebt Schuld den Spekulanten in die Schuhe

Bleibt trotz allem optimistisch: Seit Thiams Amtsantritt ist die CS-Aktie um 60 Prozent gesunken.
Bleibt trotz allem optimistisch: Seit Thiams Amtsantritt ist die CS-Aktie um 60 Prozent gesunken.Bild: ARND WIEGMANN/REUTERS

Thiam verteidigt umstrittene CS-Strategie – und schiebt Schuld den Spekulanten in die Schuhe

CS-Chef Tidjane Thiam sieht Fortschritte beim Umbau der Grossbank. Angesichts des abgesackten Aktienkurses mahnt er die Anleger aber zur Geduld: Erst eines von zwölf Quartalen der Restrukturierung sei vorbei, der volle Nutzen werde sich erst später zeigen.
10.07.2016, 04:2710.07.2016, 09:57
Mehr «Schweiz»

Er habe «keine komfortable Lage» vorgefunden, als er angefangen habe, sagte Thiam im Interview mit der «NZZ am Sonntag». «Ende September 2015 hatten wir im Schnitt deutlich mehr Handelsrisiken als andere europäische Banken, jedoch signifikant weniger Eigenkapital». Seither sei das Kapital erhöht und die Risiken abgebaut worden, letztere im ersten Quartal um fast 30 Prozent.

Zum gesunkenen Aktienkurs – seit Thiams Amtsantritt hat die CS-Aktie fast 60 Prozent ihres Werts verloren – zeigt er sich stoisch: «Wir zielen nicht darauf ab, kurzfristig den Aktienkurs zu beeinflussen, sondern arbeiten an der Umsetzung unserer langfristigen Strategie, um im Laufe der Zeit Mehrwert für die Aktionäre zu erzielen.»

Spekulanten mitverantwortlich

Für den Kurseinbruch sind laut dem Franko-Ivorer teilweise auch Spekulanten verantwortlich: «Immer, wenn ein Unternehmen restrukturiert, setzen spekulative Anleger auf einen sinkenden Aktienkurs», sagte er. Der heutige Aktienkurs sei auch deshalb kein guter Indikator für die Befindlichkeit der Bank. «Ich bin überzeugt, dass sich der Aktienkurs erholen wird, sobald wir Resultate liefern.»

Thiam konstatiert «Fortschritte in verschiedenen Bereichen»: Er hebt die Senkung der Kosten hervor. In der Vermögensverwaltung, auf die sich die CS unter Thiam zu Lasten des Investmentbankings stärker konzentrieren soll, habe zudem der Vorsteuergewinn im ersten Quartal trotz schwierigem Umfeld bei einer Milliarde Franken gelegen.

«Der Aktienkurs darf nicht verwechselt werden mit der Sicherheit der Bank und der Solidität unserer Bilanz.»

Für den Umbau der Bank, die er von seinem Vorgänger Brady Dougan übernommen hat, reklamiert Thiam aber noch Zeit: «Die Bank hat sich jahrelang in eine bestimmte Richtung bewegt, und jetzt brauchen wir mehrere Quartale, die Richtung wieder zu korrigieren.»

Nicht eingehen wollte Thiam auf die Frage, ob Kunden in jüngster Zeit bei der CS Geld abgezogen hätten. Er bekräftigte aber, dass die Bank angesichts abgebauter Risiken «heute sicherer als je zuvor» sei. «Der Aktienkurs darf nicht verwechselt werden mit der Sicherheit der Bank und der Solidität unserer Bilanz.»

Ermotti kommt zu Hilfe

Schützenhilfe erhält Thiam von seinem Amtskollegen bei der UBS, Sergio Ermotti: Er halte die Kritik an der CS für übertrieben, sagte er im Interview mit der «SonntagsZeitung». «Vom neuen Konzernchef erwartet man viel zu schnell Resultate und vergisst dabei, dass die Umsetzung einer neuen Strategie eine langwierige Sache ist – vor allem, wenn die Märkte, wie gegenwärtig, verrücktspielen.»

Es seien «brutale Zeiten, es hat sich ein ziemlicher Sturm zusammengebraut», sagte der UBS-Chef in einer allgemeinen Einschätzung. Er halte es für eher wahrscheinlich, dass sich das allgemeine Kursniveau an den Börsen nach unten korrigiere, als dass sich die Bankenaktien erholten.

Die schlechte Börsenkapitalisierung der Banken widerspiegle die allgemeine wirtschaftliche Lage. «Die Krise der EU zum Beispiel kann in der Wirtschaft über Jahre eine lähmende Unsicherheit verbreiten», sagte der Tessiner. Eine Wiederholung der Finanzkrise von 2008 erwartet Ermotti aber nicht: «Dazu haben die Banken heutzutage zu starke Eigenkapitalpuffer». (cma/sda)

[dhr, 22.01.2017] Geld, Banken, Weltwirtschaft

Alle Storys anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Denk nach
10.07.2016 06:43registriert Juli 2016
Hat dieser Mann bis jetzt etwas anderes gemacht als Leute entlassen und Millionen kassiert?

Ich fürchte um die CS...
2113
Melden
Zum Kommentar
3
Homophobe Aussagen: Rechtsextremer Autor rechtskräftig verurteilt

Das Bundesgericht hat die Verurteilung des rechtsextremen Autors Alain Soral wegen Diskriminierung und Aufruf zu Hass bestätigt. Der in Lausanne VD lebende Franzose äusserte sich 2021 in einem im Internet veröffentlichten Interview herablassend über die sexuelle Orientierung einer Journalistin und über Homosexuelle im Allgemeinen.

Zur Story