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Medikamenten-Preise: Bundesrat will 240 Millionen sparen – Konsumentenschutz enttäuscht

Medikamenten-Preise: Bundesrat will 240 Millionen sparen – Konsumentenschutz enttäuscht

01.02.2017, 14:3501.02.2017, 17:29
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Medikamente sind zu teuer in der Schweiz.Bild: KEYSTONE

Der Bundesrat will die Medikamentenpreise senken. In den nächsten drei Jahren können so 240 Millionen Franken eingespart werden. Möglich machen dies Massnahmen bei den Generika und die Wiedereinführung von regelmässigen Überprüfungen kassenpflichtiger Medikamente.

Der Bundesrat hat am Mittwoch die entsprechende Verordnung auf den 1. März in Kraft gesetzt. Damit kann die dreijährliche Überprüfung der Medikamentenpreise wieder aufgenommen werden. Neu wird der Auslandpreisvergleich und der sogenannte therapeutische Quervergleich je zur Hälfte gewichtet. Bei Letzterem wird das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Vergleich zu anderen Arzneimitteln mit ähnlicher Wirkung berücksichtigt.

Sind Medikamente in der Schweiz zu teuer?

Der Bundesrat hatte die Überprüfungen nach einem Bundesgerichtsentscheid von Ende 2015 ausgesetzt. Das Gericht hatte bemängelt, dass bei der Preisüberprüfung der kassenpflichtigen Arzneimittel nur die Auslandpreise berücksichtigt wurden. Mit der Wiederaufnahme der Preisprüfungen erhofft sich der Bundesrat in den nächsten drei Jahren Einsparungen von rund 180 Millionen Franken.

Konkret wird jedes Jahr ein Drittel der rund 2500 kassenpflichtigen Medikamente einer Prüfung unterzogen. Die Forderung des Preisüberwachers, jedes Jahr sämtliche Medikamente zu prüfen, weist der Bundesrat zurück. Der dadurch entstehende Mehraufwand sei nicht zu bewältigen, zeigte sich Berset überzeugt.

Konsumentenschutz: Bundesrat begünstigt die Pharma

Die angepassten Regeln für die Festsetzung der Medikamentenpreise seien weiterhin so ausgestaltet, dass Pharmaunternehmen längst überfällige und legitime Preissenkungen mit Rekursen blockieren können. Zudem werde das Sparpotential nur minimal ausgeschöpft, schreibt die Stiftung für Konsumentenschutz in einer Stellungnahme. Der Bundesrat und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verpassten es einmal mehr, die Medikamentenpreise in den Griff zu bekommen. Der Bund schone die Pharmaindustrie und nehme weitere Erhöhungen der Krankenkassenprämien in Kauf. (whr)

Massnahmen gegen hohe Generikapreise

Die zweite Änderung betrifft die Preisfestsetzung für Generika. Bei diesen gilt: Je höher der Umsatz des Originalpräparats ist, desto grösser muss der Preisabstand für die Generika sein. Mit der neuen Bestimmung wird der Preisabstand markanter.

Zudem werden die Kriterien des differenzierten Selbstbehalts verfeinert. Die Kostenbeteiligung der Versicherten werden so angepasst, dass der Bezug von Generika attraktiver wird. Dank dieser Anpassungen können in den nächsten drei Jahren im Bereich Generika rund 60 Millionen Franken eingespart werden, schätzt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) aufgrund von Angaben der Pharmabranche.

Rascher Entscheid bei Vergütung

Zwar keine Einsparungen, dafür eine bessere Situation für die Patienten verspricht sich der Bundesrat von einer weiteren neuen Bestimmung. Diese betrifft Medikamente, die eigentlich nicht zugelassen sind, nicht zur Behandlung einer Krankheit vorgesehen sind oder nicht kassenpflichtig sind. In Einzelfällen kann der Arzt dennoch ein Gesuch um Kostengutsprache bei der Krankenkasse einreichen, etwa wenn keine andere wirksame, zugelassene Therapie zur Verfügung steht.

Die Kassen müssen neu innerhalb von zwei Wochen entscheiden. Damit werde das Verfahren zum Wohl der betroffenen Patienten beschleunigt, zeigt sich der Bundesrat überzeugt. Wie bisher bestimmt die Krankenkasse, zu welchem Preis dieses Medikament vergütet wird. Der Preis muss aber unter jenem auf der Spezialitätenliste liegen, die alle kassenpflichtigen Medikamente umfasst. Bei importierten Medikamenten wird der effektive Preis vergütet. Die Pharmaunternehmen sollen neu bei der Preisfestsetzung mitwirken. (whr/sda)

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Toerpe Zwerg
01.02.2017 14:51registriert Februar 2014
Sparen bei den Medikamentenpreisen ist ein Tropfen auf den heissen Stein der Gesundheitskosten.

Die Vergütungssätze der Spezialärzte und die Spitaltarife sind das wahre Übel.

Vertragszwang mit Ärzten für die Kassen und das ganze Tarmed-System gehören abgeschafft.
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Vio Valla
01.02.2017 15:52registriert Januar 2017
Noch sinnvoller wäre es, wenn Medikamente einem nicht regelrecht nachgeworfen werden würden. Wieviele unnötige Medis werden wohl tag täglich von Ärzten verschrieben?!
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