Caritas Schweiz fordert eine nationale Strategie zur Armutsbekämpfung. Zur Überwindung der Kinderarmut seien Familienergänzungsleistungen, eine frühe Förderung sowie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie notwendig.
Kinderarmut sei in der Schweiz eine Tatsache: 76'000 Kinder sind landesweit von Armut betroffen, und weitere 188'000 Kinder leben in prekären Verhältnissen knapp oberhalb der Armutsgrenze, wie die Caritas am Donnerstag vor den Medien bekanntgab.
Besonders stark betroffen seien Kinder, die in einem alleinerziehenden Haushalt aufwachsen sowie jene, deren Eltern ein tiefes Bildungsniveau aufwiesen: Eine von Armut betroffene Familie müsse heute mit weniger als 20 Franken pro Tag und pro Person für Essen, Kleidung, Energie, Hygiene, Mobilität, Kommunikation, Unterhaltung und Bildung über die Runden kommen.
Der Staat investiere zu wenig in Kinder und Familie. Mit 1,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes liege sie deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 2,3 Prozent. Die Schweiz müsste dreieinhalb Mal so viel in die familienergänzende Betreuung investieren wie heute.
Auffallend sei insbesondere die geringe Subventionierung von Plätzen in Kindertagesstätten. Das habe zur Folge, das Eltern in der Schweiz verglichen mit den Nachbarländern einen doppelt bis dreifach so hohen Anteil an den Gesamtkosten tragen müssten.
Erprobte Massnahmen gegen Kinderarmut seien bislang am politischen Willen gescheitert, kritisiert Caritas. Das Hilfswerk fordert, dass Familienergänzungsleistungen nach dem Modell des Tessins oder der Waadt schweizweit eingeführt werden.
Kantone und Gemeinden müssten gemeinsam mit dem Bund ein Angebot in der familienexternen und schulergänzenden Betreuung realisieren, das die Nachfrage decke. Dabei könne auch das Tessiner Modell des freiwilligen Kindergartens ab drei Jahren als Vorbild dienen. Zusätzlich müsse die Wirtschaft in allen Berufsfeldern und auf allen Karrierestufen familienfreundliche Arbeitsbedingungen verwirklichen.
Caritas fordert angesichts des 2018 auslaufenden Nationalen Programmes zur Prävention und Bekämpfung von Armut, dass der Bund sein Engagement fortsetzt. Denn alle Zahlen und Untersuchungen zur Armut in der Schweiz wiesen darauf hin, dass Armut die grösste soziale Herausforderung der kommenden Jahrzehnte bleiben werde. (whr/sda)