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Wirtschaft

76'000 Kinder leben in der Schweiz in Armut

Weniger als 20 Franken pro Tag und Person: 76'000 Kinder leben in der Schweiz in Armut

16.11.2017, 09:1516.11.2017, 09:36
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Caritas Schweiz fordert eine nationale Strategie zur Armutsbekämpfung. Zur Überwindung der Kinderarmut seien Familienergänzungsleistungen, eine frühe Förderung sowie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie notwendig.

Kinderarmut sei in der Schweiz eine Tatsache: 76'000 Kinder sind landesweit von Armut betroffen, und weitere 188'000 Kinder leben in prekären Verhältnissen knapp oberhalb der Armutsgrenze, wie die Caritas am Donnerstag vor den Medien bekanntgab.

Besonders stark betroffen seien Kinder, die in einem alleinerziehenden Haushalt aufwachsen sowie jene, deren Eltern ein tiefes Bildungsniveau aufwiesen: Eine von Armut betroffene Familie müsse heute mit weniger als 20 Franken pro Tag und pro Person für Essen, Kleidung, Energie, Hygiene, Mobilität, Kommunikation, Unterhaltung und Bildung über die Runden kommen.

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Kinderarmut sei in der Schweiz eine Tatsache.Bild: KEYSTONE

Schweiz liegt international zurück

Der Staat investiere zu wenig in Kinder und Familie. Mit 1,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes liege sie deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 2,3 Prozent. Die Schweiz müsste dreieinhalb Mal so viel in die familienergänzende Betreuung investieren wie heute.

Auffallend sei insbesondere die geringe Subventionierung von Plätzen in Kindertagesstätten. Das habe zur Folge, das Eltern in der Schweiz verglichen mit den Nachbarländern einen doppelt bis dreifach so hohen Anteil an den Gesamtkosten tragen müssten.

Tessiner Modell als Vorbild

Erprobte Massnahmen gegen Kinderarmut seien bislang am politischen Willen gescheitert, kritisiert Caritas. Das Hilfswerk fordert, dass Familienergänzungsleistungen nach dem Modell des Tessins oder der Waadt schweizweit eingeführt werden.

Kantone und Gemeinden müssten gemeinsam mit dem Bund ein Angebot in der familienexternen und schulergänzenden Betreuung realisieren, das die Nachfrage decke. Dabei könne auch das Tessiner Modell des freiwilligen Kindergartens ab drei Jahren als Vorbild dienen. Zusätzlich müsse die Wirtschaft in allen Berufsfeldern und auf allen Karrierestufen familienfreundliche Arbeitsbedingungen verwirklichen.

Caritas fordert angesichts des 2018 auslaufenden Nationalen Programmes zur Prävention und Bekämpfung von Armut, dass der Bund sein Engagement fortsetzt. Denn alle Zahlen und Untersuchungen zur Armut in der Schweiz wiesen darauf hin, dass Armut die grösste soziale Herausforderung der kommenden Jahrzehnte bleiben werde. (whr/sda)

Ab wann gilt man in der Schweiz eigentlich als arm?

Video: srf
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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Panda_007
16.11.2017 09:27registriert Februar 2016
soosoo.. und unser lieber Herr Parmelin möchte 8 Mrd. für Kampfjets ausgeben.. 🤦🏻‍♀️ jetzt soll noch jemand behaupten dieses Geld könne man nicht sinnvoller ausgeben!
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Ferienpraktiker
16.11.2017 14:42registriert Juni 2017
Da wundert man sich, wenn viele junge CH-erinnen immer weniger bereit sind Kinder zu haben und diese erst noch Vollzeit zu betreuen. Nach einer Scheidung (wie hoch ist die Rate nochmal ??) ist ihr Fall in die Armut als Alleinerziehende praktisch vorporgrammiert.
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dorfne
16.11.2017 10:02registriert Februar 2017
Ich bin mit einer Rentnerin befreundet ist auf Ergänzungsleistungen angewiesen ist. Am Anfang hab ich sie ab und zu spontan zum Essen im Migrosrestaurant oder zu einem Kaffee eingeladen. Dabei hat sie mir zu spüren gegeben, dass sie das eigentlich nicht annehmen möchte. Inzwischen hab ich resigniert und lasse sie konsequent alles selber zahlen, weil ich ihren Widerstand als kränkend und mühsam empfinde. Viele Leute, auch Eltern von Kindern, sind zu stolz, ihre Armut einzugestehen und verstärken die Armut dadurch noch. Armut ist nichts wofür man sich schämen muss!
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