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In der Abstimmungs-Arena zur Vollgeld-Initiative wurde man sich nicht einig

Helvetia, links, und Wilhelm Tell enthuellen das Abstimmungsplakat beim Kampagnenstart zur Vollgeld Initiative, am Donnerstag, 22. Maerz 2018, in Bern. Das Schweizer Stimmvolk hat am 10. Juni ueber di ...
Wer soll unser Geld herstellen? Diese Frage will die Vollgeld-Initiative klären.Bild: KEYSTONE

Wenn 100er-Noten gezückt werden und Verwirrung herrscht, ist Vollgeld-«Arena»

Am 10. Juni entscheidet das Schweizer Stimmvolk über die Vollgeld-Initiative. Es ist wohl eine der kompliziertesten Vorlagen aller Zeiten. Auch in der Abstimmungs-Arena zum Vollgeld redeten Initianten und Gegner aneinander vorbei.
12.05.2018, 00:1512.05.2018, 22:22
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Es ist wie die schwierigste Prüfung des ganzen Lebens. Nur müsse diesmal das ganze Schweizer Stimmvolk diese Prüfung ablegen, sagt «Arena»-Moderator Jonas Projer zum Auftakt der Sendung zur Vollgeld-Initiative. Die anschliessende Diskussion zeigte, wie kompliziert der Sachverhalt wirklich ist.

Geladen waren verschiedene Gegner der Vorlage, darunter Finanzminister Ueli Maurer (SVP). Auf der anderen Seite standen zwei der Initianten. Erklärtes Ziel von Projer war, dass nach der Sendung klar ist, über was wir am 10. Juni abstimmen. Deshalb setzt Initiativskomitee-Mitglied Raffael Wüthrich gleich zu Beginn zu einem Beispiel an und zieht eine Hunderternote aus der Tasche.

Video: streamable

Das virtuelle Geld auf dem Konto sei nur ein Gutschein für Bargeld, während die Hunderternote das Vollgeld darstelle, erklärt Wüthrich. Das Problem laut den Initianten: Es gibt neun Mal mehr Gutscheine als Bargeld.

Bundesrat Maurer bricht daraufhin eine Lanze für die Schweizer Banken. Diese machten in der Schweiz einen guten Job und seien nahe am Wirtschaftsgeschehen dran. Wüthrich und seine Initianten würden aus dem stabilen Schweizer Finanzplatz ein Versuchskaninchen machen. 

Auch Maurer gibt zu, dass es Reformen braucht, doch: «Es gibt keinen Grund, unsere Schweizerinnen und Schweizer als Versuchskaninchen durch die Welt zu jagen.»

Wüthrich kann Maurers Argumentation nicht verstehen. Das jetzige System sei so ausgelegt, «als würde bei Monopoly die Bank mitspielen.» Das sei einfach nicht fair.

Video: streamable

Da setzt CVP-Ständerat Pirmin Bischof zum Gegenschlag an. Das sei ja eben das Problem: Für die Initianten sei das Ganze ein Spiel. Dass es dabei um das Geld der Schweizerinnen und Schweizer geht, blende man einfach aus.

Gleich darauf sehen sich die Initianten mit dem nächsten Angriff konfrontiert. Im Publikum erhält SP-Nationalrätin Yvonne Feri das Mikrophon. Sie spricht sich im Namen der ganzen SP gegen die Initiative aus, weil sie die wirklich wichtigen Dinge wie Kinderarbeit oder Waffenexporte nicht angehe. 

Wüthrichs Mitstreiter, Martin Alder, entgegnet, darum gehe es nunmal in der Initiative nicht, sondern eben, dass das Geld der Bürger in Krisenzeiten sicher sei. Innert kürzester Zeit ist die Diskussion von Monopoly über Kinderarbeit zur Sicherheit bei Wirtschaftskrisen gelangt. Für den Zuschauer könnte das etwas schnell gegangen sein. 

In der Hitze des Gefechts lässt sich Finanzminister Maurer sogar zur Aussage hinreissen, dass er nun mal nicht so viel von Wirtschaft verstehe, um sagen zu können, wer einen Kredit bekommen soll und wer nicht.

Video: streamable

Die Diskussion verschärft sich im Folgenden immer mehr. Projer versucht Wüthrich damit zu provozieren, dass keine Partei von links bis rechts die Initiative unterstütze. Ob es sich da überhaupt noch lohnt, von Abstimmungskampf zu sprechen?

Nun zückt Wüthrich die Populismus-Karte. Es sei eben interessant, dass einer SRG-Umfrage zufolge viele Bürgerinnen und Bürger das Vollgeld-System, also dass nur die Schweizer Nationalbank Geld schaffen darf, unterstützten, die Parteispitzen sich aber dagegen aussprechen.

Die Basis würde sich also eine Annahme der Initiative wünschen, das Parlament (also quasi die Elite) aber nicht. Da fragt sich Wüthrich, ob das Parlament wirklich noch unabhängig ist oder ob die Banken hier das Sagen hätten. 

Video: streamable

Wie die Hitze der Diskussion nimmt auch die Verwirrung mit dem Fortschreiten der Sendung weiter zu. Zum Schluss weiss eigentlich niemand mehr so richtig, was der andere gesagt hat. 

Ging es um die Privatverschuldung? Oder doch die Staatsverschuldung? Wüthrich spricht von Gesamtverschuldung und Nationalrat Bischof will wieder über Kredite sprechen. 

Video: streamable

Wirklich einig werden sich die Teilnehmer der Sendung nicht. Klar bewiesen ist nach der Sendung eigentlich nur, dass die Abstimmungsvorlage tatsächlich sehr, sehr kompliziert ist. 

Alte Noten immer noch im Umlauf:

Video: srf

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151 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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1833lst
12.05.2018 07:00registriert April 2014
Yvonne Feri bringt im Namen der ganzen SP Kinderarbeit und Waffenexporte ins Spiel. Entweder hat die ganze Partei die Initiative nicht verstanden oder es werden absichtlich Nebelpetarden gezündet. Politiker sollten sich vertieft mit dem Stoff einer Initiative auseinandersetzen und sich in der Diskussion darauf beziehen. - Eine überzeugende Argumentation sieht anders aus liebe SP. Ich muss davon ausgehen, dass ihr in dieser Sachfrage wenig Glaubwürdigkeit habt.

ÜBRIGENS: Auch eine 1:12-, Zweitwohnungs- oder Ausschaffungsinitiative haben sich nicht um Kinderarbeit und Waffenexporte gekümmert!
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rodolofo
12.05.2018 08:13registriert Februar 2016
Ich traue weder den Banken, noch deren Fürsprecher im Bundesrat, Ständerat und Nationalrat über den Weg.
Wenn Ueli Maurer sagt, dass die Banken einen hervorragenden Job machen und dass sie wohl überlegt und ohne Risiken investieren und Kredite sprechen, dann tönt das wie ein Werbespot in eigener Sache, bzw. verschweigt einen grossen Teil der Wahrheit!
Die Banken sind immer sehr pingelig und misstrauisch, wenn sie mit Kleinsparern, KMU's und Häusle-Bauern zu tun haben, also dort, wo die Renditen relativ klein sind.
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Daniel Bieri (1)
12.05.2018 07:49registriert Mai 2018
Wenn dem Finanzminister Ueli Maurer die Argumente ausgehen, ja dann kann man auch mal von einem Lastwagen, den keiner fahren kann sprechen..... Und by the way, wo hat der Herr Maurer wohl sein Bankkonto? Er bekommt ja offenbar immer noch einen guten Zins, ich leider schon lange nicht mehr....
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