Die Fluggesellschaften sind derzeit finanziell ganz ordentlich unterwegs, wie der Branchenverband IATA mitteilt. Doch gleichzeitig setzen sie sich gegenseitig unter Druck. Und damit die Flugpreise.
Die Airlines passen denn auch ihre Geschäftsmodelle an, sprich: sie bieten verschiedenste Preiskategorien an oder lassen die Passagiere für Zusatzleistungen bezahlen. Ausserdem richten sie die Preise weitgehend nach Angebot und Nachfrage aus. Längst sind die Zeiten vorbei, als sie eine Art Kartell bildeten und die Preise mehr oder weniger konstant halten konnten. Je nach Flugdatum bestehen deshalb riesige Preisunterschiede.
Easyjet und andere Newcomer setzen damit traditionelle Linienfluggesellschaften wie die Swiss auf Kurz- und Mittelstrecken unter Druck. Die Lowcost-Airlines verfolgen das Konzept der Einfachheit: kein Umsteigeverkehr, keine Extraleistungen, tiefe Kosten in möglichst allen Bereichen.
Doch wer die Entwicklung der vergangenen fünf bis zehn Jahre anschaut, muss feststellen, dass sich die Geschäftsmodelle der beiden Typen von Fluggesellschaften immer mehr angleichen, zumindest auf jenen Märkten, wo sie direkte Konkurrenten sind.
Wie sieht das konkret aus? Swiss hat ihre Tarife stark gesenkt, und ebenso ihre Kosten. Damit erreicht Swiss im Schnitt zwar noch nicht Easyjet-Niveau, aber der Preisunterschied wurde gegenüber früher massiv kleiner.
Für Genf, wo sich die beiden besonders hart bekämpfen – Easyjet hat dort 14 Airbusse stationiert –, sieht das gemäss Recherchen der «Aargauer Zeitung» beispielsweise so aus:
Bei Swiss wie bei Easyjet kosten in der günstigsten Kategorie Sitzplatzreservationen, Sitze mit mehr Beinfreiheit, Aufgabegepäck etc. zusätzlich. Bei Easyjet liegen die Zuschläge meist leicht tiefer. Easyjet hat seit eineinhalb Jahren auch ein Vielflieger-Programm, eine Art Rabattkarte, die freilich kostenpflichtig ist.
Der Vergleichbarkeit sind Grenzen gesetzt, weil die Angebote nicht identisch sind. Swiss bietet seit einiger Zeit im Eco-Bereich die Pakete «Light», «Classic» und «Flex» an, die Preise im Beispiel oben sind 109, 159 und 219 Franken, die Unterschiede liegen bei der Umbuchbarkeit, der Sitzplatzreservation und der Möglichkeit, einen Flug abzusagen. In der Business Class ist zudem der Lounge-Zugang inbegriffen, und der Mittelsitz bleibt frei.
Swiss will die etwas höheren Preise mit Servicequalität kompensieren. Da helfen sicherlich die neuen Flugzeuge. Nach und nach werden in Genf auch die neuen C-Series von Bombardier eingesetzt, seit vergangener Woche auch die gestreckte Version mit 145 Sitzen. Diese Flieger sind punkto Technik und Komfort ein Sprung nach vorne. Swiss fliegt überdies auch den Stadtflughafen London City an. Der Flug dorthin ist freilich etwas teurer.
Trotz allen betrieblichen Massnahmen und Marketingaktivitäten schreibt die Lufthansa-Tochter Swiss in Genf noch immer Verlust. Doch das Management ist zuversichtlich und will bis Ende 2018 in Genf «eine schwarze Null» schreiben, sagt Swiss-Sprecher Stefan Vasic.
Doch der Druck kommt auch von anderswo. Wie letztes Jahr bekannt wurde, prüft die Lufthansa, in Genf ihre andere Tochtergesellschaft Eurowings einzusetzen. Ein Entscheid stehe noch aus, so Vasic. «Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir mit dem jetzigen Set-up in Genf gut aufgestellt sind.» Helfen soll auch der neue Flieger: Der CS300-Jet hat 25 Prozent tiefere Kosten pro Sitz als die Avros, die ausgemustert werden. Dem Vernehmen nach wird auch evaluiert, Snacks kostenpflichtig zu machen (das Einsparspotenzial dürfte aber klein sein).
Aus Basel hat sich Swiss schon vor einiger Zeit zurückgezogen, da sie nicht auf einen grünen Zweig kam. Warum Swiss in Genf mehr Erfolg haben soll, ist nicht klar: Grenzlage und wirtschaftliche Situation sind ähnlich, die Flughafentaxen in Basel gar tiefer. Easyjet hat in Basel mittlerweile einen noch höheren Marktanteil als in Genf.
Der grösste Unterschied der Geschäftsmodelle von Swiss und Easyjet ist natürlich immer noch die Tatsache, dass Swiss ein grosses Netz von Kurz- und Langstreckenflügen mit entsprechenden Umsteigemöglichkeiten offeriert. Easyjet hingegen bietet nur Punkt-zu-Punkt-Verkehr an. Das wird sich wohl auch in Zukunft so schnell nicht ändern. Die Easyjet-Verantwortlichen beteuern nach wie vor, nicht in dieses Segment vorstossen zu wollen. Zu komplex, zu teuer, heisst es.
Der Airline-Verband IATA ist alarmiert: Das Verbot von Laptops und Tablet-Computern auf Flügen zwischen den USA und zehn Flughäfen im Mittleren Osten und in Afrika hat im März für einen Nachfragerückgang von 2,8 Prozent in diesen Märkten gesorgt. Es ist die erste Abschwächung in der Flugbranche nach sieben Jahren ungebremsten Wachstums. Würde das US-Verbot – wie dies in den letzten Wochen immer mal wieder Thema war in den verschiedensten Medien – auf die Strecken von und nach Europa ausgedehnt, müsse die Branche mit einer Umsatzeinbusse von 1.4 Milliarden Dollar rechnen, sagte Alexandre de Juniac, Direktor des Airline-Verbandes, im Vorfeld der IATA-Generalversammlung von dieser Woche im mexikanischen Cancún.
Ansonsten fliegt die Branche weiterhin immer neuen Rekordmarken zu. Die Nachfrage, gemessen in Passagierkilometern, ist im April gegenüber dem Vorjahresmonat weltweit um 10,7 Prozent gestiegen, in Europa sogar um 14,4 Prozent. Die Auslastung stieg hier sogar um 4,9 Prozentpunkte auf 85,4 Prozent.
Der Anstieg ist laut IATA dem Weltwirtschaftswachstum und den fallenden Ticketpreisen zu verdanken, die im Schnitt inflationsbereinigt 10 Prozent abgenommen hätten. Wegen der steigenden Treibstoffpreise würden die Gewinn-Rekordmarken von 2015 und 2016 wohl aber nicht mehr erreicht.