Der Zürcher Regierungsrat will ein Gesetz im Eilverfahren erlassen: Per sofort sollen Einzelrichter neu die Kompetenz haben, Landesverweise bis zu zehn Jahren zu erlassen. Längere Verweise müssen durch ein Dreiergremium entschieden werden.
Der Kantonsrat beriet das angepasste Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess am Montag in erster Lesung durch. In sechs Wochen, wenn in zweiter Lesung darüber abgestimmt wird, braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit, damit es wie vom Regierungsrat beantragt per sofort in Kraft treten kann.
Bereits in Kraft sind seit Monatsbeginn auf nationaler Ebene die Gesetzesbestimmungen, mit denen die 2010 vom Volk angenommene Ausschaffungsinitiative umgesetzt werden soll. Gemäss diesen werden bei verschiedenen Delikten Landesverweise ausgesprochen. Diese sind von den zuständigen Gerichten zu sprechen und können nicht im Strafbefehlsverfahren angeordnet werden.
Die Kompetenz, Personen bis zehn Jahre des Landes zu verweisen, soll im Kanton Zürich nun dem Einzelgericht zukommen. Über längere Landesverweise soll das Kollegialgericht mit drei Richtern entscheiden. Theoretisch könnte das Einzelgericht über sämtliche Landesverweise befinden. Da es sich aber «um keine geringfügige Sanktion» handelt, will der Regierungsrat die Kompetenz des Einzelgerichts beschränken.
SP, Grüne und AL wollten diese Jahreslimite nicht einführen, sondern eine andere Linie ziehen: Für Ausländer, die in der Schweiz aufgewachsen sind, sei eine Ausweisung in jedem Fall hart, sagte Rafael Steiner (SP, Winterthur) sinngemäss. Er forderte deshalb, dass alle Ausländer mit einer Niederlassungsbewilligung, denen eine Ausweisung droht, zwingend vor ein Kollegialgericht kommen.
Einer Person mit Niederlassungsbewilligung werde mit einer Ausweisung mehr weggenommen als einem Kriminaltouristen, meinte Daniel Heierli (Grüne, Zürich). Für sie sei es eine gravierende Strafe. Ein Dreiergremium mache weniger Fehler.
Damit würde die Zusammensetzung des Gerichts von den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten abhängig, hielt dem Michael Biber (FDP, Bachenbülach) entgegen. «Soll künftig bei einem Führerausweisentzug eines Berufschauffeurs auch jemand anders entscheiden als üblich?» fragte er rhetorisch. Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) bestätigte, dass dies «ein Paradigmenwechsel mit grundlegenden Folgen für unser Recht» wäre.
Am Ende sprach sich der Rat mit 121 zu 50 Stimmen klar für die regierungsrätliche Version mit einer Zehnjahres-Limite aus.
(sda/aargauerzeitung.ch)