Schweiz
Zürich

Zürcher Polizei soll Nationalität der Täter nicht mehr bekannt geben

Woher die Täter kommen, ist egal – entscheidet das Stadtparlament.
Woher die Täter kommen, ist egal – entscheidet das Stadtparlament.Bild: KEYSTONE

Zürcher Polizei soll Nationalität der Täter nicht mehr bekannt geben

19.08.2015, 19:1120.08.2015, 08:45
Mehr «Schweiz»

Aus welchem Land ein Täter stammt, ist für die Tat nur in Ausnahmefällen wichtig. Wo nicht, soll die Zürcher Stadtpolizei künftig auf entsprechende Angaben verzichten. Das Stadtparlament hat am Donnerstag ein entsprechendes Postulat mit 72 zu 46 Stimmen überwiesen.

Den Vorstoss eingereicht hatten eine SP-Gemeinderätin und ein GLP-Gemeinderat sowie weitere Mitunterzeichnende. Die Nationalität eines Täters oder einer Täterin sei für die Beurteilung eines Delikts ebenso wenig aussagekräftig wie etwa Religion, sexuelle Orientierung oder politische Vorlieben. Ausnahmen seien Fälle, in denen die Herkunft von Täter oder Opfer tatsächlich eine Rolle spielten.

Interne Statistiken und Auswertungen zu wissenschaftlichen und kriminalistischen Zwecken sollen laut Postulat weiterhin zulässig sein. Noch vor 15 Jahren sei die Nennung der Nationalität hierzulande in den Medien verpönt gewesen, argumentieren die Postulanten.

«Es geht nicht um Zensur»

Es gehe nicht um Zensur, sagte die SP-Postulantin. Es müsse aber erlaubt sein zu fragen, ob ein Verbot etwas bringen würde oder nicht. Die Diskussion um Ausländerkriminalität sei in den letzten Jahren nicht sachlicher geworden. Mit der Nennung der Nationalität werde unzulässig ein Zusammenhang zwischen Herkunft und Tat supponiert.

Die Forderung sei nichts anderes als die Rückkehr zu einer Usanz, die früher in der Schweiz gegolten habe, sagte Postulant aus der GLP. Der hohe Ausländeranteil in der Kriminalstatistik sei unbestritten. Aber dafür spielten verschiedenste Faktoren eine Rolle.

Stadtrat will Anliegen prüfen

Polizeivorstand Richard Wolff (AL) erklärte sich namens des Stadtrates bereit, das Anliegen zu prüfen. Man werde «differenziert und nicht absolut» unterscheiden, wann eine Nationalitäts-Nennung Sinn mache, wann nicht. Weder in der Schweiz noch auf internationaler Ebene gebe es keine einheitliche Praxis.

Unterstützung erhielt das Anliegen von Grünen und AL. Eigentlich müsste der Verzicht auf die Nennung der Herkunft eine Selbstverständlichkeit sein, sagte eine Sprecherin der AL. Die Nennung sei widerrechtlich und widerspreche unter anderem der Bundesverfassung.

Wer die Nationalität nennen wolle, sei ein Brandstifter, sagte ein Grüner Gemeinderat. Gerade jene, die gegen ein Verbot seien, schürten die Hetze gegen Ausländer.

«Verbot würde Realität nicht ändern»

Vehement gegen den Vorstoss wandte sich die SVP. Dieser widerspreche diametral gegen die sonst in der Stadtverwaltung hoch gehaltene Transparenz, sagte ein Sprecher. Auch in Polizeikreisen befürworte man die Erwähnung der Nationalität.

Auch wenn im übrigen die Nennung der Nationalität verboten würde: An der Realität – einem hohen Ausländeranteil in den Kriminalitätsstatistiken – ändere dies nichts. «Fakten darf und muss man nennen».

Es gehe nicht an, Transparenz nur dort zuzulassen wo es einem «in den Kram passe», sagte ein CVP-Sprecher. Ohnehin fänden die Medien die Nationalität so oder so heraus, gab er zu bedenken.

Ebenfalls gegen den Vorstoss wandte sich die FDP. Ein Verbot schüre bloss die Polemik und vergrössere den Unmut in der Bevölkerung. Und weil auch nicht erwähnt werden dürfe, wenn ein Täter Schweizer sei, spiele ein Verschweigen der Herkunft letztlich den Rassisten in die Hände und schade einer ausgewogenen Berichterstattung. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
37 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Kronrod
19.08.2015 20:16registriert März 2015
Wenn man es ganz korrekt machen wollte, dürfte man auch das Geschlecht nicht mehr nennen, um Sexismus vorzubeugen.
634
Melden
Zum Kommentar
avatar
Noach
19.08.2015 20:31registriert Juli 2015
Das ist nicht in Ordnung,wir haben das Recht zu wissen welche Nationalität welches Verbrechen verübt.Das gehört zu einer klaren Bericht Erstattung !!!
5923
Melden
Zum Kommentar
avatar
zombie1969
19.08.2015 21:44registriert Januar 2014
"Straffällige Ausländerinnen und Ausländer sollen künftig länger warten müssen, bis sie ein Einbürgerungsgesuch stellen können" Sollte eigentlich heissen: Straffällige Ausländerinnen und Ausländer sollen künftig weniger lang warten müssen, bis sie abgeschoben werden.
4711
Melden
Zum Kommentar
37
Das waren (unsere) Highlights vom Bounce Cypher 2024

Der gestrige Abend beim SRF Bounce Cypher war hässig. Aber auch anderweitig emotional. Rund 100 Künstlerinnen und Künstler kamen zusammen und liessen ihren Gefühlen freien Lauf. Da waren aber auch Monsterpizzas unterwegs. Und viele Masken. Und viel Gediss, auch gegen watson, aber damit können wir umgehen. Während ungefähr sieben Stunden gab es jede Menge Highlights, die uns in Erinnerung bleiben werden. Darunter zum Beispiel die Auftritte von Cachita, Manilo und Pablo.

Zur Story