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Fall Flaach: Zürcher Justizdirektorin Fehr geht hart ins Gericht mit KESB-Kritikern

Fall Flaach: Zürcher Justizdirektorin Fehr geht hart ins Gericht mit KESB-Kritikern

31.01.2016, 12:02
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Die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) geht mit den Kritikern der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) hart ins Gericht. Nachdem im «Fall Flaach» zwei Gutachter die KESB entlastet haben, rechnet sie namentlich mit der Schriftstellerin Zoë Jenny ab.

«Der Fall ist sicher eine Lehre für alle. Man kann nicht vorschnell mit Mutmassungen ein Urteil bilden», sagte die SP-Regierungsrätin in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Es brauche Ursachenforschung und es brauche etwas mehr Zeit.

Frank Urbaniok, links, Gutachter im Strafverfahren, Jacqueline Fehr, Mitte, Vorsteherin der Direktion der Justiz und des Innern und Rolf Bieri, rechts, Aufsicht KESB Gemeindeamt an der Medienkonferenz ...
Frank Urbaniok, links, Gutachter im Strafverfahren, Jacqueline Fehr, Mitte, Vorsteherin der Direktion der Justiz und des Innern und Rolf Bieri, rechts, Aufsicht KESB Gemeindeamt an der Medienkonferenz  zu den Erkenntnissen und Lehren aus dem Fall Flaach.
Bild: KEYSTONE

Was aber bleiben werde, sei eine «Informationsassymmetrie»: «Betroffene können einfach ihre Geschichte erzählen. Weitere Angehörige sagen meist nichts, weil sie das Kind schützen wollen», stellte Fehr fest.

Zoë Jenny sei so ein Fall. «Sie hat sich lange und lautstark beklagt, und irgendwann trat ihr Ex-Partner ganz bescheiden auf und sagte: Vielleicht war es doch noch ein bisschen anders.»

Zoe Jenny kritisierte die KESB nach der Kindstötung von Flaach.
Zoe Jenny kritisierte die KESB nach der Kindstötung von Flaach.
Bild: KEYSTONE

Dass die Behörden Falschinformationen nicht richtigstellen können, liegt laut Fehr daran, dass sich die KESB zu einzelnen Fällen nicht äussern darf. Da liege die Verantwortung auch bei den Medienschaffenden. Sie müssten sich die Frage stellen, «ob die dargelegte Sicht wirklich die einzige ist, die man in einem solchen Fall haben kann».

Anzeichen für Schreckenstat waren nicht erkennbar

Dass die Mutter in zürcherischen Flaach ihre beiden Kinder erstickte, um sie vor der Heimplatzierung zu verschonen, hätte laut der Justizdirektorin auch mit einem noch so guten Verfahren nicht verhindert werden können. «Nicht einmal die eigenen Eltern, bei denen sie aufgewachsen ist und die noch am Tag der Tat bei ihrer Tochter und den Enkeln zu Besuch waren, sahen Anzeichen für diese Schreckenstat.» Näher als die Grosseltern könne keine Behörde sein.

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Bild: KEYSTONE

Die 27-jährige Frau hatte am 1. Januar 2015 ihren fünfjährigen Sohn und das zweijährige Töchterchen in ihrem Wohnhaus (Bild oben) in Flaach ZH erstickt. Nach der Tat alarmierte sie die Polizei, bevor sie sich selbst schwer verletzte. Ein halbes Jahr später nahm sich die junge Mutter in der Untersuchungshaft das Leben.

Zwei am vergangenen Freitag von der Justizdirektion vorgestellte Gutachten kamen zum Schluss, dass zwischen der Handlungsweise der KESB und der Tat der Mutter «kein ursächlicher Zusammenhang» bestehe. Die KESB habe rund um die Notunterbringung wegen der Verhaftung der Eltern sogar «beispielhaft» gehandelt. (sda)

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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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stadtzuercher
31.01.2016 12:40registriert Dezember 2014
die zoe jenny ist echt peinlich. hat gemeint, sie könne so schön die opferrolle spielen, als frau und mutter. die wahrheit über sie kam dann halt etwas schneller als licht als von ihr geplant...
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dracului
31.01.2016 12:40registriert November 2014
Vor der Gründung der KESB wurde damals lautstark die Laienbesetzung in den Gemeinden kritisiert und eine Professionalisierung gewünscht. Gerade von Zoë Jenny wurde ich eine differenziertere Sicht erwarten: Was können die Behörden leisten und wofür braucht es andere Hilfsangebote? Letztlich geht es doch darum, dass Personen in Not optimal geholfen wird. Bei Jenny und Onken fehlt es mir schwer, eine konstruktive Absicht zu erkennen. Und ich befürchte, dass Fehrs Gegenschlag nur noch mehr blinde Wut verursachen wird. Sollten sich Fehr, Onken und Jenny selber einmal von der KESB beraten lassen?
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Dewar
31.01.2016 16:37registriert Januar 2015
Eigentlich kann die KESB gar nichts richtig machen: Platziert sie die Kinder fremd, kommen die Eltern und sagen, man habe ihnen die eigenen Kinder unrechtmässig weggenommen. Wenn man sie bei den Eltern lässt und dann etwas passiert, heulen wieder alle auf, warum die KESB nichts unternommen habe. Als Nicht-Fachperson denke ich, wir sollten die Fachleute ihre Arbeit machen lassen, in der schwarz-weiss Fälle wohl so selten sind wie sonst nirgends, und davon ausgehen, dass die Massnahmen nach bestem Wissen und Gewissen unter Einbezug der jeweiligen Faktenlage abgewogen werden.
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