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Die Toilette auf dem Gang läuft über, die Wände sind mit Fäkalien beschmiert, im Treppenhaus und vor der Gemeinschaftsdusche liegen blutige Spritzen am Boden. «Och, das geht eigentlich noch. Ich hatte es schlimmer erwartet, weil ich seit Freitag nicht mehr hier war», sagt Jens Hauser* am Montag Vormittag. Seit ein paar Wochen schaut er in den Problemliegenschaften im Zürcher Langstrassenviertel nach dem Rechten.
Am 20. Oktober hatte sowohl in der Neufrankengasse 6 und 14 als auch in der Magnusstrasse 27 eine Grossaktion der Polizei stattgefunden, alle Wohnungen wurden durchsucht und die Bewohner befragt. Peter S., der Besitzer der Liegenschaften, sitzt seitdem wegen des Verdachts auf Mietwucher in Untersuchungshaft. Ausserdem wurden drei weitere Personen verhaftet. Einzelne Bewohner öffneten den Medienschaffenden ihre Türen und präsentierten das Elend, das in diesen Mehrfamilienhäusern herrscht. Kaputte Waschbecken, undichte Wasserrohre und Ungeziefer soweit das Auge reicht.
«Kaputte Waschbecken sind hier nun wirklich das geringste Problem», erklärt Hauser. Andeuten will er damit das gravierende Drogen- und Prostitutionsproblem, das hier herrscht: «Egal, wie oft wir die Eingangstüren zu den Häusern reparieren, spätestens in der kommenden Nacht werden die eh wieder aufgebrochen.» Um den dadurch entstehenden Lärm zu vermeiden, würden die Anwohner die Tür zum Teil lieber gleich offen stehen lassen.
Nach dem Grosseinsatz der Polizei hat die Stadt eine Grundreinigung der betroffenen Liegenschaften veranlasst. Davon ist heute nicht mehr viel zu erkennen – vor allem nicht in der Magnusstrasse. «Unter der Woche komme ich jeden Tag hier her und räume jeweils 600 Liter Müll weg. Bei diesem WC weigere ich mich inzwischen, irgend etwas zu tun», berichtet Hauser, der bei seiner Arbeit stets medizinische Gummihandschuhe trägt.
Mit «diesem WC» meint der Ersatzhauswart die Gemeinschaftstoilette im obersten Stockwerk der Liegenschaft in der Magnusstrasse. Gerade mal vor einer Woche ist diese neu installiert worden: «Als es in der Zwischenzeit gar kein WC gab, haben die hier einfach auf den Boden gemacht.»
Zwar würde die Polizei immer mal wieder einzelne Kontrollen durchführen – konsequentes Durchgreifen sieht gemäss Hauser jedoch anders aus. «Seit ein paar Wochen weiss die ganze Stadt, was hier los ist. Gekümmert wird sich aber trotzdem nicht. Bis jetzt geht alles so weiter wie bisher.»
Bei einem Teil der Wohnungen wisse man gar nicht mal unbedingt, wer dort überhaupt wohne. «Da wird gedealt, das ist ein Kommen und Gehen und über Nacht ist hier die Hölle los», so Hauser. Seiner Meinung nach müsste man Tag und Nacht einen Sicherheitsdienst engagieren, wenn man hier wirklich etwas ändern wollte.
Doch es gibt jemanden, der «durchgreifen» will, nämlich Sherry Weidmann von der Real Estate Solutions GmbH. Seitdem Eigentümer Peter S. verhaftet worden ist, verwaltet er die drei Häuser: «Die Mieter an der Magnusstrasse haben die Kündigung unter den Weihnachtsbaum gelegt bekommen. Auf Ende Jahr ist da Schluss – Aus!», so Weidmann im Gespräch mit watson.
Dass den Mietern in der Neufrankengasse auf Ende nächsten Jahres gekündigt worden ist, war bereits bekannt. «Mit der Fertigstellung der Europaallee werden die Liegenschaften totalsaniert und damit aufgewertet», hatte Weidmann dem Tages-Anzeiger gesagt. Mit einer Kündigung auf Ende dieses Jahres greift Weidmann in der Magnusstrasse zu deutlich drastischeren Mitteln.
Bewohnt werden die fraglichen Häuser zu einem Grossteil von Sozialhilfeempfängern. Diese wollen die Kündigung nicht einfach so hinnehmen: «Wir stehen in Kontakt zu einem guten Dutzend der Mieter in der Magnusstrasse», sagt Michael Rüegg, Kommunikationsleiter des Zürcher Sozialdepartements. «Ein Teil von ihnen hat die Kündigung schon jetzt angefochten und wir wissen von weiteren Mietern, die das auch noch tun wollen.»
Gleiches gelte für die Neufrankengasse: Auch hier hätten einzelne Mieter die Kündigung angefochten. «Solange dort Anfechtungen im Raum stehen, dürfte sich das Ganze in die Länge ziehen. Daher sollten nicht plötzlich alle auf der Strasse stehen», so Rüegg. Sogar für den Fall, dass die Liegenschaften von heute auf morgen aufgelöst würden, sei ein Notfallplan in Vorbereitung. «Aber wir gehen nicht davon aus, dass das passiert.»
Auch Hauser glaubt kaum, dass Ende des Jahres wirklich Schluss sein wird: «Hier wohnen so viele Ausländer, die zum Teil für zwei Monate in ihre Heimat reisen. Die haben von der Kündigung vielleicht noch gar nichts mitbekommen. Ich sehe das Ende dieser Zustände noch nicht so richtig vor mir.»
* Name der Redaktion bekannt