Schweiz
Geldspielgesetz

Parlament will Zugang zu verbotenen Spielen im Internet sperren

Nationalraetin Natalie Rickli, SVP-ZH, links, und Bundesraetin Simonetta Sommaruga sprechen an der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 1. Maerz 2017, in Bern. (KEYSTONE/Peter Sc ...
Intensive Diskussionen während der Frühlingssession: Natalie Rickli von der SVP mit SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga.Bild: KEYSTONE

Parlament will Zugang zu verbotenen Online-Spielen sperren

Das Parlament will den Internetzugang zu in der Schweiz nicht zugelassenen Online-Geldspielen sperren. Das hat nach dem Ständerat am Mittwoch auch der Nationalrat entschieden, und dies überraschend deutlich.
01.03.2017, 18:5003.04.2018, 11:59
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Auch der Bundesrat befürwortet solche Sperren. Leicht machte es sich die grosse Kammer mit der umstrittenen Frage nicht: Sie diskutierte in der mehrstündigen Debatte zum Geldspielgesetz nicht weniger als vier Konzepte. Eines hatte die Rechtskommission erarbeitet, drei wurden in Minderheitsanträgen eingebracht.

Netzsperren forderten SP, FDP und CVP mit einem Minderheitsantrag ein, der deutlich angenommen wurde, mit 147 zu 32 Stimmen und 7 Enthaltungen. Im Unterschied zu Bundesrat und Ständerat wollen sie die Fernmeldedienst-Anbieter für den Aufwand entschädigen, den die Sperrungen verursachen.

«In unserem Interesse»

«Sperren liegen in unserem Interesse, da wir Regeln für den Umgang mit den Spielerträgen haben und einen stärkeren Spielerschutz wollen», sagte Evi Allemann (SP/BE). Der Rat habe ja auch beschlossen, dass nur Casinos mit Schweizer Sitz eine Online-Konzession erhalten dürften.

Der Aufwand, nicht zugelassene Online-Spiele zu sperren, sei vertretbar, sagte Karl Vogler (CSP/OW). Das öffentliche Interesse überwiege, und es bestehe darin, die öffentliche Gesundheit zu schützen und Straftaten zu verhüten. «Sperren wirken. Das zeigen Erfahrungen aus dem Ausland», sagte Thierry Burkart (FDP/AG).

SVP und Grüne verwahrten sich mit Minderheitsanträgen gegen Sperren – obwohl die Mehrheit der SVP dann doch für die Sperren stimmte. Sperren entsprächen nicht dem freiheitlichen, demokratischen Gedankengut, mahnte Franz Grütter (SVP/LU). «Das tun Diktaturen.» Er warnte vor einer neuen Welle des Protektionismus. «Beschliessen wir den Dammbruch, ist das der Anfang von noch viel mehr.»

Sibel Arslan (GP-BS) spricht waehrend einer Debatte im Nationalrat waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 30. Mai 2016 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Manuel Lopez)
Sibel Arslan von den Grünen will bei Suchmaschinen den Hebel ansetzen.Bild: KEYSTONE

Auf Suchmaschinen nicht anzeigen

Die Grünen schlugen vor, dass Suchmaschinen verbotene Spiel-Angebote nicht anzeigen dürften. Ausserdem dürfte auf Suchmaschinen für diese Angebote nicht geworben werden. Das sei ein Kompromiss zwischen Sperre und der abwartenden Haltung der Mehrheit der Rechtskommission (RK), sagte Sibel Arslan (BS).

Denn auch eine knappe Mehrheit der RK betrachtete Internet-Sperren als unverhältnismässig und wandte ein, dass sie leicht zu umgehen seien. Sie wollte aber, dass die Spielbankenkommission gegen nicht zugelassene Angebote vorgehen und den Markt beobachten würde.

Falls nötig, sollte der Bundesrat fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes technische Massnahmen beschliessen können, dabei aber die Informationsfreiheit respektieren müssen.

Für diesen Weg plädierte Beat Flach (glp/AG): Bis in fünf Jahren werde sich die EDV weiterentwickelt haben, sagte er. «Die Situation wird anders sein als heute.» Dann könne etwas getan werden, das tauglich sei.

Justizministerin Simonetta Sommaruga wiederum plädierte für Netzsperren. Von den Gegnern der Sperren wollte sie wissen, wie sie mit Anbietern von verbotenen Spielen umgehen wollten, die keine Konzession hätten.

Corrado Pardini, Nationalrat SP BE, spricht waehrend einer Podiumsdiskussion zur Unternehmenssteuerreform III, am Freitag, 3. Februar 2017 in Biel. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Corrado Pardini von der SP ist skeptisch, wenn es um ausländische Anbieter geht.Bild: KEYSTONE

Durchschnittliche Spieler seien froh, wenn sie beim Öffnen einer Seite einen Hinweis bekämen, dass das Angebot illegal sei und der nicht konzessionierte Anbieter nicht kontrolliert werde und auch nicht überprüft werde, ob er etwa Gewinne wirklich ausbezahle. Ebenso sei dieser Spieler dankbar für Hinweise auf legale Angebote.

Nur Casinos dürfen online

Wie der Ständerat entschied der Nationalrat auch, dass nur Casinos mit Schweizer Sitz Online-Spiele anbieten und ihre Konzession entsprechend erweitern lassen dürfen. Eine Minderheit hätte zusätzlich separate Konzessionen für Internet-Anbieter einführen wollen. Sie argumentierten mit Wettbewerb und einem breiteren Angebot.

Mit diesen Konzessionen hätten auch ausländische Anbieter legal Online-Spiele anbieten können. Die Kommissionsmehrheit hielt dies jedoch für problematisch. Mögliche Bewerber für Online-Konzessionen wären Firmen, die von Offshore-Standorten aus operierten, sagte Sprecher Corrado Pardini (SP/BE).

Diese Firmen akquirierten Schweizer Kunden und setzten sich bewusst über Schweizer Vorschriften hinweg. Schweizer Spielbanken dagegen hätten einen engen Bezug zur Schweiz und seien an einer nachhaltigen Geschäftsentwicklung interessiert.

Frage der Besteuerung noch offen

In den insgesamt sieben Stunden Debatte am Mittwoch konnte der Nationalrat die mit zahlreichen Minderheitsanträgen versehene Vorlage nicht zu Ende beraten. Noch offen ist darum, ob Glückspilze, die im Casino oder im Lotto Gewinne einstreichen, dem Fiskus Geld abliefern müssen. Die Frage ist umstritten.

Der Ständerat will Gewinne aus Sportwetten und Lotterien bis zu 1 Million Franken steuerfrei halten. Die Nationalratskommission und der Bundesrat wollen alle Gewinne aus Geldspielen steuerfrei halten.

Minderheiten im Nationalrat beantragen allerdings Besteuerungen. Eine vollständige Steuerbefreiung würde bei Bund, Kantonen und Gemeinden zu Steuerausfällen von insgesamt rund 104 Millionen Franken pro Jahr führen. Das hat der Bundesrat in der Botschaft errechnet.

Die Debatte über das Geldspielgesetz wird voraussichtlich am 15. März, in der dritten Sessionswoche, fortgesetzt. (sda)

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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lowend
01.03.2017 19:10registriert Februar 2014
Für einmal bin ich mit der SVP einverstanden, obwohl sie vermutlich keine Ahnung haben, wie einfach so ein Verbot zu umgehen wäre und vielleicht erklärt ja mal jemand den anderen Parteien, was VPN und ähnliches bedeutet, bevor sie solche Technologien auch noch verbieten wollen?
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Sinthobob
01.03.2017 21:41registriert August 2016
Evi Allemann hat nach dem erfolglosen "Killerspiel Verbot" wohl ein neues Thema gesucht. Kann jemand der Frau das Internet erklären?
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Mr.CoJones aka Philodog
01.03.2017 23:37registriert September 2015
Da entscheiden ein paar Leute über Dinge von denen sie keine Ahnung haben.
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Eklat in der SVP: Christian Imark stellt pikante Forderung an Magdalena Martullo-Blocher
Das ist höchst ungewöhnlich. Energiespezialist Imark greift SVP-Vizepräsidentin Martullo-Blocher offen an. Sein Vorwurf: Mit ihrem Nein zum Stromgesetz gefährde sie langfristige Parteiinteressen.

Auf der einen Seite steht Christian Imark. Der SVP-Nationalrat aus Solothurn brachte am 2021 das CO₂-Gesetz praktisch im Alleingang zum Absturz. Im Februar 2024 reichte er als Mitglied des Initiativkomitees die Blackoutinitiative ein, die neue AKW wieder erlauben will. Und 2023 war er als Vertreter der Energiekommission (Urek) verantwortlich dafür, dass die SVP-Fraktion das Stromgesetz von SVP-Bundesrat Albert Rösti mit 36:18 Stimmen absegnete. Die Volksabstimmung findet am 9. Juni statt.

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