Alle Jahre wieder strömen Menschen am 24. Dezember in die Kaufhäuser. Entweder brauchen sie Last-Minute-Geschenke für unter den Weihnachtsbaum oder sie müssen sich für die Feiertage mit Lebensmittel eindecken. In diesem Jahr wird es vielerorts nicht anders sein – obwohl Heiligabend auf einen Sonntag fällt. In einigen Kantonen dürfen Läden mit einer Ausnahmebewilligung für ihre Kunden geöffnet haben.
Wer dabei aber in einem Lidl Pralinen oder Wein kaufen möchte, der wird vor verschlossenen Türen stehen. Das Unternehmen hat seinen Angestellten am Dienstag eine frohe Botschaft verkündet: «Lidl Schweiz lässt seine Mitarbeitenden am 24. Dezember ausschlafen.» Die Mitarbeiter sollen Weihnachten zusammen mit ihren Familien geniessen können, begründet Lidl Schweiz in einer Medienmitteilung den Entscheid, auf den Sonntagsverkauf und somit auch auf Umsatz zu verzichten.
«Da Weihnachten zu den umsatzstärksten Tagen des Jahres gehört, wird es sicher zu Ausfällen kommen», schreibt Corina Milz, Sprecherin Lidl Schweiz, auf Anfrage von watson. «Wir stellen mit diesem Entscheid aber die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter an vorderste Stelle und nehmen diese Ausfälle den Mitarbeitern zuliebe in Kauf.»
Die Gewerkschaft Unia freuts: «Wir begrüssen, dass der Detailhändler seine soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden wahrnimmt», sagt Arnaud Bouverat. Wobei er den Entscheid von Lidl relativiert: «In den meisten Kantonen ist der Sonntagsverkauf am 24. Dezember sowieso gesetzlich untersagt.» Beispielsweise im Kanton Bern. Hier werden an Heiligabend alle Supermärkte geschlossen haben, egal ob Lidl, Coop oder Migros. In einigen Gemeinden im Kanton Zürich ist es hingegen möglich, die letzten Weihnachtsgeschenke zu besorgen.
Also eine reine PR-Masche von Lidl? «Es wäre kontraproduktiv, Lidl für einen guten Entscheid zu kritisieren», sagt Bouverat. «PR oder nicht ist eigentlich egal. Für die Betroffenen Mitarbeiter ist es nichts als fair und eine grosse Entlastung in der Weihnachtszeit.» Bouverat hofft, dass andere Detaillhändler nun nachziehen werden und ihre Mitarbeiter ebenfalls am 24. Dezember ruhen lassen.
Er fordert: «Alle Händler sollen an Heiligabend ihre Geschäfte geschlossen halten.» Die Unia hätte sich bereits mehrfach gemeinsam mit den Angestellten gegen Sonntagsarbeit gewehrt «und wir werden es nötigenfalls wieder machen».
Von Migros, Coop und Manor gibt es negativen Bescheid. Bei allen drei Detailhändler werden am 24. Dezember einzelne Filialen geöffnet haben. Coop schreibt beispielsweise: «Mit der punktuellen Öffnung bestimmter Verkaufsstellen möchten wir dem Kundenbedürfnis Rechnung tragen, vor den Festtagen noch kurzfristig letzte Einkäufe erledigen zu können.» Der Detailhändler betont aber, dass nur vereinzelt Filialen offen seien. Beispielsweise am Bahnhof, in Tourismusregionen oder in grossen Zentren.
Ein Schweizer Detailhändler handhabt es aber wie Lidl. Am 24. Dezember bleiben alle 186 Filialen von Aldi Suisse geschlossen. «Gerne möchten wir unseren Filialmitarbeitenden eine besinnliche Weihnachtszeit im Kreise ihrer Familien und Freunde ermöglichen», schreibt Aldi auf Anfrage. «Aus diesem Grund haben wir uns bewusst dazu entschlossen, kein Gesuch für einen Sonntagsverkauf einzureichen.»
Damit folgt Aldi seinem Mutter-Konzern im Deutschland. Auch Aldi Nord und Aldi Süd gaben bekannt, dass ihre Geschäfte an Heiligabend geschlossen bleiben – und sorgten damit für viele positive Reaktionen im Netz.
Ansonsten geht der Trend in eine andere Richtung. Detailhändler würden weiterhin viel Druck ausüben, damit die gesetzlichen Bestimmungen zu den Öffnungszeiten noch weiter gelockert werden, meint Bouverat von der Unia. «Dabei machen wir einen grossen Widerspruch aus zwischen der Strategie der Detailhändler und der vorherrschenden Meinung in der Bevölkerung. Diese schätzt nach wie vor den freien Sonntag.»