Für das Referendum gegen die Energiestrategie drückt die SVP auf die Tränendrüse: Wird sie angenommen, weinen Kinder, so die Botschaft, weil Familien wegen horrender Mehrkosten nicht mehr in die Ferien fahren könnten. Das ist nicht nur arg weit hergeholt, sondern auch mit falschen Zahlen belegt. Während die Rechtspartei von 3200 Franken Mehrkosten spricht, kommt die «Sonntagszeitung» in ihrer Rechnung auf maximal 150 Franken Aufpreis pro Jahr (für einen vierköpfigen Haushalt). Das ist immerhin 20 Mal weniger als die SVP.
Das Parlament hat beschlossen, zum Schutz des Klimas den Strompreis um 0,8 Rappen und die CO2-Ausgabe um insgesamt 150 Millionen Franken zu erhöhen. Eine Schweizer Durchschnittsfamilie verbraucht pro Jahr rund 5000 Kilowattstunden Strom. Mit den zusätzlichen 0,8 Rappen pro Kilowattstunde kostet das am Ende des Jahres 40 Franken mehr, rechnet die «Sonntagszeitung» – nicht 150 Franken, wie die SVP behauptet. Die zusätzlichen Millionen als CO2-Abgabe kosten jeden Einwohner 18 Franken pro Jahr. Das bedeutet für eine vierköpfige Familie mit Stromzuschlag 112 Franken, beziehungsweise maximal 150 Franken bei erhöhtem Stromverbrauch.
Die SVP verwende für ihre Berechnung rein spekulative Szenarien, schreibt die «Sonntagszeitung». Sie fantasiere über eine mögliche zweite Phase der Energiestrategie 2050, die jedoch noch «in keiner Weise konkretisiert ist, geschweige denn vom Parlament beraten oder gutgeheissen wurde», sagt Marianne Zünd vom Bundesamt für Energie (BFE).
Damit nicht genug: Die SVP behauptet zudem, die Benzinkosten würden sich erhöhen, was im Energiegesetz nicht einmal Thema ist und ausserdem würden sich die Kosten für den Ausbau des Stromnetzes auf über 100 Milliarden Franken belaufen – auch das, nicht im aktuellen Gesetz und weit übertrieben. «Die Kosten dafür liegen bis 2050 zwischen 14 und 18 Milliarden Franken, also 500 Millionen Franken pro Jahr», sagt Zünd.
Bei der SVP heisst es, die Befürworter der Energiestrategie 2050 würden die enormen Kosten zu vertuschen versuchen. Ein Projekt, welches sich über mehrere Phasen erstrecke, müsse bereits zu Beginn gestoppt werden. SVP-Präsident Albert Rösti behauptet sogar, die Angaben des Bundesamts für Energie seien unlauter. Damit liessen sich die im neuen Energiegesetz vorgegebenen Ziele niemals erreichen. (dwi)