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Aargau

DJ Bobo: Die besten Stücke aus seiner neuen Autobiographie

Als DJ Bobo im Kölliker Wald Moos sammelte

Er ist der berühmteste Aargauer, auch wenn er seit Jahren im Luzernischen wohnt: René Baumann alias DJ Bobo. Jetzt ist seine neue Autobiografie erschienen. Darin erfährt man, warum er im Kölliker Wald Moos sammelte, seine Karriere als Sprayer kurz war und Bäckermeister Gerber Teig nach ihm warf.
21.10.2016, 07:0721.10.2016, 15:29
Mario Fuchs / az
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Ende war für ihn der Anfang. Nicht das Ende, sondern Michael Ende, Autor von «Jim Knopf und der Lokomotivführer». Es war der erste Berufswunsch von Peter René Baumann, damals Peterli genannt. Lukas der Lokiführer war stark, hatte für alle Probleme eine Lösung, erlebte Abenteuer. «So wollte ich auch sein», schreibt der Peterli von damals in seiner neuen Autobiografie: «DJ Bobo: Popstar – Der ganz normale Wahnsinn».

Der beginnt dort, wo Peterli noch gar nicht auf der Welt ist. 1966 in Davos. Ruth, 22, Floristin aus Kölliken, dekoriert die Tische in einem Hotel. Ruth ist schlank, mit ihrem Lächeln betört sie Luigi, Rezeptionist aus Guardia Lombardi bei Napoli. Er macht ihr Komplimente wegen ihrer schlanken Beine und ihres roten Mundes. Amore brach sich Bahn, schreibt Bobo über die Love Story der zwei Menschen, die ihn bald zeugen würden.

Via Keystone - EPA - ANSA per RSTO DEL CARLINO A BOLOGNA/Redazione Rimini!!!

Rene Baumann (DJ Bobo) con la sua mamma.

Von Sonntagsblick Zurigo/Pierre Graenicher.
DJ Bobo und seine Mutter.bild: Keystone

Doch die Saison in Davos ist irgendwann finito, aus Ruth und Luigi werden Brieffreunde. 1967, neue Saison, neuer Ort: Ascona. Amore, solo una ultima volta, nur ein letztes Treffen, bitte, bitte! In einer Zimmerstunde kommt es zum Wiedersehen. Luigi und meine Mama ruhten sich auch aus, nur, na ja, sagen wir – aktiver als andere das taten.

Nach der Saison fuhr man nach Hause. Ruths Bauch wurde rund. Luigi bot ihr via Briefpost die Ehe an, aber Ruth wollte nicht nach Napoli ziehen, und ihre Eltern sagten: Wir helfen dir, dein Kind grosszuziehen, gemeinsam. Das war nicht selbstverständlich, Ende der Sechzigerjahre. So kam Peter René Baumann am 5. Januar 1968 in Kölliken zur Welt.

Wenn der Alkohol zuschlug

«Popstar» ist nicht die erste Autobiografie von DJ Bobo. 2000 war im Zytglogge-Verlag ein Büchlein mit dem Titel «Gestatten, René Baumann» erschienen. Eine deutsche Autorin half ihm beim Schreiben. In der AZ-Rezension hiess es: «Die Ausführungen sind häufig sehr trivial.» Beides ist beim neuen Werk gleich geblieben: deutsche Co-Autorin, simpler Erzählstil. Das Resultat sind Sätze wie: Jetzt hatte es in meinem Herzchen soeben «pzooinggg» gemacht.

epa04351029 Swiss singer DJ Bobo performs during the opening ceremony at the end of the first day of competition at the European Athletics Championships in the Letzigrund Stadium in Zurich, Switzerlan ...
Bobo in der Bobo-Pose.Bild: EPA/KEYSTONE

Das Buch wurde nicht in erster Linie für die Schweizer, sondern für die deutschen Fans geschrieben. So ist die Rede vom «Schweizer Kartenspiel Jass». Wenn «Gipfeli» geknabbert werden, gibt es dazu ein Glossar in Klammern: Bei euch sagt man eher Croissants

«Deutschland ist für mich viel wichtiger», sagte Bobo schon 2010 im Interview mit unserer Zeitung. Die Tour zum soeben erschienenen Album «Mystorial» macht 201'724-mal in Deutschland, zweimal in der Schweiz und einmal in Österreich Halt.

DJ Bobo – Chihuahua

Video: © youtube/DJ BoBo

Blendet man die hölzernen Formulierungen und unnötigen Floskeln aus, ist das Buch eine köstliche Lektüre. Es lebt von Anekdoten, Fotos und Aargauer Lokalgeschichte. Die beginnt in einem Bauernhaus in der Kölliker Grossmatt. Mama sitzt weinend am Küchentisch: Nach dem frühen Tod der Gross- und Hilfseltern ist sie wieder auf sich alleine gestellt. Peterli fragt, ob er schuld sei. «Nein, Peterli, es ist doch alles gut», antwortete sie mit fester Stimme. Aber ihr Körper zitterte.

DJ Bobo eroeffnet die SwissAward 2013 Show am Samstag, 11. Januar 2014, im Hallenstadion in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Dick im Geschäft: Bobo 2014 bei den SwissAwards.Bild: KEYSTONE

Noch schlimmer als die Tränen wird für die beiden der Mann, den ihnen das Schicksal schickt: Peter, ein Witwer, Vater von Regula und Peter. Da wurden es ein bisschen viele Peters auf einmal. Aus Peterli wird René, nach dem Zweitnamen, und aus dem Stiefvater ein böser Mann. Die Familie hatte Angst vor dem Abend, wenn der Alkohol wieder zuschlug. Die Kinder werden verschont, Ruth nicht. Bis heute trinkt Bobo keinen Alkohol. Nicht einmal Hustensirup mit Alkohol, und Weisswein im Fondue muss gut eingekocht sein.

Die Tuchlaube schrie: «hooo-ooo!»

René verkriecht sich im Wald, sammelt – Gratistipp von Floristin Ruth – Moos für den Gärtner. Pro Kiste gibt's sieben Franken, und vom ersten Ersparten ein Occasion-Schlagzeug. Doch die Moos-Sammlerei ist ihm zu witterungsabhängig. Neuen Unterschlupf findet er beim FC Kölliken, wo er Captain und Platzwart wird. 400 Franken im Monat! Das gibt ein Töffli, der Weg von Kölliken nach Aarau ins Jugendhaus Tuchlaube wird einiges kürzer.

Dann, 1984: «Beat Street», ein Tanzfilm im Kino. Kostüme, Drehungen, Akrobatikfiguren – Tanzen, Rappen, Sprayen. Ich war elektrisiert. Und im Fernsehen hat ein Typ namens Eisi Gulp eine Sendung namens «Breakdance – mach mit, bleib fit». René turnt im Zimmer nach. Übt vor dem Spiegel. An schulfreien Nachmittagen in der Tuchlaube. Nach dem Rasenmähen auf dem Sportplatz. Er wird der beste Breakdancer – von ganz Kölliken.

Zum Hip-Hop gehört auch das Sprayen von Graffiti. René braucht ein «Tag», ein Erkennungskürzel. Ihm fällt ein belgisches Comicheft in die Hände: Bobo, die Abenteuer des Ausbrecherkönigs. Da stand: «Bobo gibt nicht auf.» Das passte zu mir. Die Tanzclique will in Aarau einen explodierenden Ghettoblaster auf einen Bahnwaggon sprayen. Nur blöd: Gleisarbeiter sind auch grad in der Nähe, und Sprayen ist genauso cool wie verboten. So mussten wir alles von dem Waggon wieder herunterwaschen. Die Farben waren nicht nur teuer, sie lassen sich auch schlecht entfernen. Die Sprayerkarriere ist vorbei, bevor sie begonnen hat. Aber der Name Bobo bleibt.

DJ Bobo – Hip Hop-Medley bei «Wetten dass...?» (14.10.2016)

Video: © youtube/NEO MAGAZIN ROYALE

1984 wird aus René ein Lehrling. Bäckermeister Gerber im Kölliker Oberdorf gibt ihm einen Vertrag. Aber weil der junge Mann in der Nacht lieber tanzt und Platten auflegt, statt schläft, kommt die Müdigkeit in der Backstube, mit jedem Teigklumpen ein bisschen mehr, bis ... fllllaaatschsch! Meister Gerber hatte tatsächlich mit Teig nach mir geworfen. Torten liegen dem Stift nicht. «Baumann, mach den Guss!», ruft der Chef.

Kreativ ist Bobo dafür im nächtlichen Doppelleben. Bis er an den DJ-Schweizer-Meisterschaften auf dem zweiten Platz und auf dem «Blick»-Titelblatt landet. Er fährt, wie üblich, vom Club direkt in die Backstube. Und die wütende Frau Gerber hält ihm das Blatt hin.

Swiss Rene Baumann alias DJ Bobo is, at present, the most successful pop export article from Switzerland. The 28 year old former pastry-cook an bader from a small swiss town sold worldwide about six m ...
Bobo 1996 auf seiner «World in Motion»-Tour im Hallenstadion.Bild: KEYSTONE

Bobo wird immer besser an den Plattentellern. In der Tuchlaube stehen sie an für ihn. Ich rief probehalber: «Say hoo-oo!» Die Tuchlaube antwortete: «hooo-ooo!» – und das im braven Aarau. Ich war völlig von den Socken. Beim üblichen Samstagabend-DJ rief keiner «hooo-ooo». Das spricht sich rum, bis nach Wohlen. Im Club «Don Paco» erhält er nach der Lehre eine Festanstellung. Sechs Auftritte die Woche, immer ist die Disco voll. Beck Bobo wäre sowieso eine unmögliche Vorstellung, DJ Bobo tönt viel besser.

Jetzt auf

1989 heiratet er seine Strandliebe Daniela. Die Deutsche kommt in den Aargau, sie finden eine Wohnung in Rohr und heiraten – weil Daniela sonst das Land wieder verlassen müsste. Seinen DJ-Job in Wohlen gibt Bobo bald auf. Er will mehr Zeit, um an eigenen Soundideen zu arbeiten.

Nach einigen Flops erscheint 1992 «Somebody Dance With Me». 16 Jahre nach Pepe Lienhards «Swiss Lady» ist wieder ein Schweizer auf Platz 1 der Single-Charts. Stabübergabe unter Aargauern. Und Beginn einer Weltkarriere.

Peterli wollte Lokiführer werden, Abenteuer erleben. René hat Peterlis Traum erfüllt. DJ Bobo, 48, führt seinen Musikzug um die Welt. Und muss doch immer wieder in Aarau Halt machen, um im «Falken» seinen Lieblingshotdog von früher zu holen.

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fumo
21.10.2016 08:07registriert November 2015
"Bobo 1996 auf seiner «World in Motion»-Tour im Hallenstadion"

Als die Backstreet Boys noch seine Vorgruppe waren :D
Obwohl mir seine Musik schon seit langem nicht mehr gefällt, die Bühnenshow war immer unbeschreiblich.
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Pax Mauer
21.10.2016 09:53registriert Februar 2015
Der Kerl hatte ein bisschen Talent, viel Mut und verdammt viel Durchhaltewillen. Da zieh ich den Hut. Gut, Glück gehört auch dazu, aber Chancen musst du auch packen. Und hochgeschlafen hat er sich definitiv nicht.

Mein Bobo-Trauma bleibt einfach, als ich in den 90ern lieber mit einer jungen Dame ans Bobo-Konzert ging statt mit den Kollegen zu Florian Ast (ja, der war mal gut, zumindest damals für pubertierende Teens). Mit der Dame lief dann doch nichts (wegen Bobo??) während die anderen es zünftig krachen liessen. Ich hör die Storys heute noch 😃 Danke Bobo...
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Sanchez
21.10.2016 11:05registriert März 2014
Für mich als Kölliker eine feine Zeitreise zurück. Auch sonst ein glatter Bericht und Somebody dance with me ist halt immer noch ein Kracher.. Cool!
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