Eigentlich wollen wir ja nur spielen, Spass haben, friedlich sein. Idealisten behaupten, Spielen sei nicht ernst und erlaube es den Menschen, in Welten abzutauchen, in denen die Realität keine Rolle spiele. Was im Spiel passiere, sollte nur Auswirkungen auf das Spiel selber und nicht auf die Welt ausserhalb des Spiels haben.
Jeder, der schon einmal einen Würfel geschüttelt oder eine Spielkarte zwischen den Fingern gehalten hat, weiss, dass dies oft nur schönes Gerede ist. Mein Bekanntenkreis ist kontaminiert mit Geschichten, in denen beste Freunde nach einem Brettspiel einen Monat lang kein Wort mehr miteinander sprachen, sich Leute aus Ärger auf der Toilette einschlossen und stundenlang nicht mehr herauskamen oder sogar Beziehungen in die Brüche gingen.
Damit dir das nicht passiert, gibt es hier ein paar Warnungen vor Spielen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht.
«Monopoly» ist so etwas wie die Mutter aller spielerischer Streitigkeiten. Als ich ein kleiner Bub war, gab es noch nicht diese riesige Auswahl guter Spiele wie heute. Es gab eigentlich nur «Monopoly».
Ab und zu wurde man von anderen Kindern zu einer Partie zu ihnen nach Hause eingeladen. Merkwürdig daran war, dass man dann immer nach leicht anderen Regeln spielen musste. Praktisch jede Familie hatte nämlich ihre eigenen Hausregeln.
Das allein beweist eigentlich schon, dass «Monopoly» keine sehr ausgewogenen Spielregeln hat. Die Original-Regeln werden von vielen Leuten als unbefriedigend, nicht sinnvoll oder nicht fair empfunden und verleiten sogar explizit zum Schummeln.
So gibt es regelmässig Streit über die unterschiedlichen Regelauslegungen oder weil Mitspieler ihre Emotionen nicht im Griff haben oder weil jemand beim Mogeln erwischt wird. Da passt es ziemlich gut ins Bild, dass Hasbro dieses Jahr tatsächlich eine offizielle Schummel-Version auf den Markt bringt, bei der man explizit dazu animiert wird, im Spiel zu betrügen.
Würfel-Laufspiel für 2 bis 6 Spieler ab 8 Jahren, verschiedenste Editionen; ca. 60 bis 240 min. Hasbro, 40 bis 70 Franken.
Nur damit wir uns nicht falsch verstehen: «Smallworld» ist ein hervorragendes Spiel. Aber es gibt einfach nicht genug Platz für alle auf dem Spielbrett. Die Spieler wollen mit ihrem eigenen Volk von Riesen, Amazonen, Zwergen oder anderen aggressiven Geschöpfen mit coolen Spezialfähigkeiten möglichst grosse Gebiete einer Fantasy-Welt besetzen.
Das geht leider nicht friedlich. Man muss die anderen Spieler gezielt und direkt angreifen, was im Extremfall dazu führen kann, dass Mitspieler ganz vom Brett eliminiert werden. Weil es sich bei der Wahl, wen man angreift, um eine aktive, bewusste menschliche Entscheidung handelt, fühlen sich bald Mitspieler gemobbt.
Es ist das gleiche Phänomen, das auch viele andere Eroberungs- und Verhandlungsspiele wie «Risiko» oder «Dimplomacy» prägt: Mit weinerlichen Typen, die Fairness erwarten oder unter Paranoia leiden, sind solche Spiele nicht spielbar.
Machtspiel von Philippe Keyaerts für 2 bis 5 Spieler ab 8 Jahren; 40 bis 80 min. Days of Wonder, ca. 60 Franken.
Auch hier: «Magic Maze» ist genial. Es ist ein kooperatives Hektikspiel, bei dem ein Trupp aus Fantasy-Charakteren in einem Einkaufszentrum ihre Ausrüstung zusammen klauen soll. Viele Gruppen erleben dabei grossen Spass.
Problematisch kann es aber wegen eines Phänomens werden, das ich den «Omega-Spieler-Effekt» nenne. Es gibt kooperative Spiele, die ziemlich dröge werden, wenn ein einzelner «Alpha-Spieler» die Führung übernimmt und den anderen dauernd erklärt, was sie zu tun haben. Solche Spiele können aber trotzdem von der Gruppe problemlos gewonnen werden, selbst wenn einzelne Mitspieler das Spiel überhaupt nicht verstehen.
Bei «Magic Maze» (und bei ein paar anderen guten kooperativen Spielen wie «Hanabi» oder «The Mind») verträgt es aber einen Mitspieler, der das Spiel nicht schnallt oder schlecht spielt, nicht. Denn jeder muss für die Erfüllung der Gesamtaufgabe einen eigenständigen, wichtigen Beitrag leisten, bei dem ihm die anderen nicht helfen können.
Ein einziger «Omega-Spieler» (analog zum «Alpha Spieler» einfach vom letzten Buchstaben im griechischen Alphabet abgeleitet) macht solche Spiele nicht gewinnbar. Das Streitpotenzial besteht dann darin, dass die anderen Spieler wütend werden und dem Omega-Spieler Vorwürfe machen, obwohl der vielleicht gar nichts dafür kann, sich dumm vorkommt und ganz traurig wird.
Kooperatives Hektikspiel von Kasper Lapp für 1 bis 8 Spieler ab 8 Jahren; 5 bis 15 min. Verlag: Sit down!, etwa 30 Franken.
Das ideale Gadget, um Freunde zu verlieren, ist aber das Kultspiel «Munchkin», in dem die Spieler ein Dungeon plündern und Monster verkloppen sollen.
Aus zwei Gründen: Einerseits darf man ziemlich gemein und brutal Mitspielern in den Rücken fallen und sie im dümmsten Moment bestehlen. Andererseits kommt es immer wieder zu langwierigen Regel-Diskussionen über die Anwendung und Auswirkungen von einzelnen Karteneffekten, die zwar originell klingen, dann aber doch nicht wirklich nachvollziehbar sind.
Eine Spielbalance existiert nicht und alles wirkt irgendwie unfair, absurd und willkürlich. Und das eigene Unglück löst dann bei den Mitspielern zu allem Elend auch noch einen schrillen Lachanfall aus.
Kartenspiel von Steve Jackson für 3 bis 6 Spieler ab 12 Jahren; 30 bis 60 min. Pegasus. Verschiedene Editionen, 15 bis 30 Franken.
Diese Art von Spielen gibt es in unübersichtlicher Zahl und Ausführung: Immer geht es dabei darum, seine Mitspieler einzuschätzen. Zum Beispiel zu raten, wer oder wie viele aus der Spielrunde in «Hello Kitty»-Bettwäsche schlafen oder heimlich in die Dusche pinkeln.
Dabei können schon scheinbar harmlose Fragen verheerende soziale Wirkungen entfalten. Bei einer Partie des Jumbo-Spiels «Blackbox» stand vor Jahrzehnten ein Mitspieler, der TV-Sendungen moderierte, mitten in der Partie wutentbrannt auf und stürzte aus der Wohnung, weil bei der Frage, wer immer nur mittelmässig gekleidet sei, alle ohne Ausnahme für ihn gestimmt hatten. Ich habe ihn seither nie wieder gesehen.
Bist du auch schon dreimal hintereinander bei «Werwölfe vom Düsterwald» gleich in der ersten Nacht umgebracht worden, aus dem Spiel ausgeschieden und musstest jedes Mal eine Stunde warten, bis du wieder mitmachen durftest? Nur um dann erneut gleich in der ersten Nacht wieder über den Jordan zu gehen, bevor du auch nur einmal die Gelegenheit hattest, «pieps» zu machen? Eben!
Partyspiel von Philippe des Pallières und Hervé Marly für 8 bis 18 Spieler ab 10 Jahren; etwa 30 bis 60 min. Asmodee, ca. 14 Franken.
Sorry, liebe Jassfreunde, aber ich war sogar einmal selber Präsident eines Jassklubs und spreche aus Erfahrung: Jassen hat mir zwar viele wunderschöne Stunden und Erlebnisse beschert, es war aber in meinem bisherigen Leben ganz klar und mit Abstand jenes Spiel, bei dem es am meisten Zorn gab, und es zu den heftigsten Streitigkeiten gekommen ist.
Ich habe mehrere Konstellationen von Bekannten, die nie wieder miteinander im selben Team jassen würden. Auslöser ist eigentlich immer dieselbe Situation: Beim Schieber kritisiert der eine Spieler ständig seinen Partner oder seine Partnerin im selben Team. Nein, Jassen ist kein Kindergeburtstag, sondern oft eher eine todernste Wissenschaft.