Bereits bevor der Bus/das Tram/der Zug da ist, ist es von eminenter Wichtigkeit, dass du deine Intentionen deutlich machst. Dazu gehört, dass du dich energisch auf dem Perron positionierst und du unbedingt das Transportmittel besteigst, währenddem alle anderen noch auf die Aussteigenden warten. Von deiner Reife beeindruckt, werden dich deine ÖV-Kumpanen von Beginn weg als natürliche Autorität respektieren und schätzen.
So «einen kurzen Schwumm nehmen» ist ja was Flottes. Darum auch unbedingt sicherstellen, dass die Badehose, respektive das Bikini, noch triefend nass ist. Die Sitze dürfen dann so richtig eingeweicht werden, woraufhin dein Sitznachfolger ob der erfrischenden Feuchtigkeit ein stummes Loblied auf dich singen wird. Bei langen Haaren empfiehlt es sich zusätzlich, diese gegen ein Fenster zu drücken, um Kunstwerke auf dem Glas entstehen zu lassen. Deine Mitfahrer können sich später bei dir bedanken.
Nach einem herrlichen Sommertag an Gewässern jeglicher Form ist dringlichst zu beachten, dass die dort gehörte Musik auch den Menschen im ÖV zugänglich gemacht werden soll. Sharing is caring – weshalb auch gut und gerne auf die oberen Regionen der Lautstärkeregelung der Musikboxen zurückgegriffen werden darf, um auch alle an deiner Musik teilhaben zu lassen. Den vor Freude ausrastenden Menschen um dich darfst du dann mit einem selbstgefälligen Lächeln entgegnen.
Da es heiss und voll ist im Zug, setzt man sich gerne auf die Treppe. Achte dabei darauf, dass du nicht am Rand, sondern schön zentriert in der Mitte sitzt und an jede und jeden böse Blicke verteilst, die/der dich beim Versuch, dich zu umgehen, streift. Die Sympathien deiner ÖV-Gesellen sind dir so schon mal sicher.
Da du der/die Einzige bist, der sich über die Dichte an Menschen, die Luftqualität oder über Bertha, die emsige ÖV-Schmeissfliege nervt, ist es von ausdrücklicher Wichtigkeit, dieses Missfallen expressiv kundzutun. Empfohlen wird ein Schnauben, gerne auch in Kombination mit dem Verdrehen der Augen. So werden alle gewiss Verständnis zeigen und dir deinen wohlverdienten Platz und Raum zur Verfügung stellen.
Vor allem im Bus oder im Tram ist es an dir, zu lange Haltezeiten an Haltestellen zu verurteilen. Entweder du greifst zurück aufs Schnauben (analog zu Punkt 4) oder aber du wendest eine weitaus effektivere Methode an: Das ungläubige Kopfschütteln – gepaart mit der Verbalisierung deines Entsetzens: «Einfach unglaublich». Da der/die Chauffeur/in nun über deinen Unmut in Kenntnis ist, wird alles schneller gehen. Dank dir.
Die Hitze draussen ist unerträglich, deshalb ist es wichtig, sich über die Klimaanlage im Inneren der ÖV zu beklagen. Verwende Code-Sätze, wie «Genau so erkältet man sich!» oder «Diese frappanten Temperaturunterschiede sind saugefährlich!» und das Klima wird sich automatisch deinem Empfinden anpassen. Da dein Empfinden das richtige für alle ist, kannst du durchaus mit dem Applaus deiner ÖV-Gspänli rechnen.
Falls zu heiss: Äusserst beliebt machst du dich mit dem Fächern einer sogenannten Pendlerzeitung. Deren inhaltlicher Qualität ungeachtet ist es im vollen ÖV-Vehikel erwünscht, dass damit gefächert wird. Nicht, dass es die schwüle, stickige Luft in kalte, frische Luft verwandeln würde. Dafür wird diese schwüle, stickige Luft aber in Zirkulation gebracht, was zur vollen Entfaltung aller Geruchskomponenten jeglicher Körperabsonderungen führt. Dank dir können alle Mitfahrer träumerisch in diesem einmaligen Duftbouquet schwelgen.
Dass du als Einzige/r unbedingt zuerst aussteigen musst, signalisierst du dem unwissenden Fussvolk am besten, indem du dich zuerst ruppig in Richtung Türe an allen anderen vorbeipresst (Fortgeschrittene tun dies mit versteinerter Miene). Bei der Tür angekommen dann mit atemberaubender Kadenz auf den Knopf zur Türöffnung dreschen. Die Tür wird sich so schneller öffnen. Somit wirst du als eine Art Heilsbringer wahrgenommen, der das ÖV-Volk an die frische Luft geführt hat.