Ich bin weder ein grosser Kenner noch ein grosser Fan des Tretball-Spiels, doch gewisse Herren der Chefredaktion bedeuteten mir, dass das Aufeinandertreffen Schweizer Ball-Ballerer auf ihre portugiesischen Gegenstücke im Achtelfinal am heutigen 6. Dezember eine Riesensache sei und überhaupt, «sag mal, Baroni, kann der Portugiese überhaupt kochen?»
Und wie er das kann. Meer, Sonne, gutes Klima – dies sind meistens beste Voraussetzungen für vorzügliche Zutaten.
Und, wisst ihr was, meistens kocht «der Portugiese» (Marius, ich find' das eine total doofe Ausdrucksweise imfall) vermutlich besser als «der Schweizer». Eigentlich gewinnen sie bereits bei diesem Klassiker:
Oder Pasteis de Belém oder wie diese Blätterteigtörtchen mit Creme sonst noch genannt werden. Ein Snack, ein Dessert, zum Kaffee oder ein fach so: Ein Traum.
So, aber in erster Linie ist die portugiesische Küche die einer Seefahrernation, weshalb das hier omnipräsent ist:
Grillierter Fisch, heisst das. Und zwar jende erdenkliche Sorte – wobei die allgegenwärtigen grillierten Sardinen, tja, die sind super. Aber natürlich auch Meeresfrüchte – etwa:
Rezept hier.
Ausserdem Tintenfische, Langusten, Krebse, Thunfisch, Schwertfisch, Aal, Lampreten, Garnelen und Austern. Langusten, Riesentaschenkrebse (Sapateiras) und Meeresspinnen (Santolas). Geil.
Sehr typisch – etwa für die Region Algarve – auch dies:
Im typischen, leicht klapprigen Kupfergeschirr zubereitet: Ein Muscheleintopf mit Schweinefleisch, Speck und Zwiebeln mit Umami-Overload. Rezept hier.
Aber am allerallerwichtigsten ist wohl:
Und wenn nun jemand «Portugiesische Küche ist doch einfach dieser Stockfisch, oder?» moniert, müsste man fairerweise entgegnen, «auf die gleiche Weise wie Schweizer Küche ‹einfach dieser Käse› ist». Im Ernst jetzt: Stockfisch, Klippfisch, Bacalhau, eben – ist das Grösste. Pro Jahr und Person werden davon in Portugal durchschnittlich 7 kg ungewässerter und 15 kg gewässerter Bacalhau verzehrt. Er wird roh gegessen, mariniert, gegrillt oder gekocht; man verarbeitet ihn in Suppen, Salaten, Vorspeisen, Hauptgerichten und sogar Desserts.
Portugal beansprucht zudem ein eigenes Herstellungsverfahren – bacalhau de cura tradicional portuguesa –, das eine Trocknungszeit von 150 Tagen verlangt, die Trocknung nur durch Wind und Sonne sowie die ausschliessliche Verwendung von reinem Meersalz zum Einreiben des Fischs. Danach ist sie ewig haltbar. Für den Genuss muss sie dann gewässert werden und die Rezeptvariationen sind endlos – und super. Zuuuum Beispiel:
Frittierte Fisch-Küchlein! Rezept hier.
Mit Frühlingskartoffeln und Oliven! Rezept hier.
Brät man den Fisch mit Zwiebel und Pommes Allumettes und gibt dem Oliven und Petersilie bei, bekommt man bacalhau à brás. Rezept hier.
Als Salat mit Kichererbsen geht's auch! Rezept hier.
Gratin mit Rahm und Kartoffeln! Rezept hier.
So jetzt. Die portugiesische Küche bietet aber weit mehr als Klippfisch. Zum Teil tut's auch eine herzhafte Suppe:
Federkohl (jawohl, liebe Kalifornier, die Portugiesen kannten euren kale bevor es cool war), Kartoffeln, Zwiebel und Wurstscheiben – Soul-Food vom Feinsten! Rezept hier.
Hey, wisst ihr was besonders grossartig ist? Die Sandwiches! Das hier etwa:
Ja, das ist ein Steak Sandwich. Aber eines, bei dem das Steak vorher mit Knoblauchscheiben zartgeschlagen wurde. Rezept hier.
YEAAAAAAAAHHHH! Ursprünglich aus Porto: Eine Wucht aus Toastbrot, Kochschinken, Linguiça (ähnlich dem Chorizo), gebratenem Rindfleisch, die mit geschmolzenem Käse sowie einer deftigen Sauce aus Tomaten, Bier und Senf übergossen wird.
Zwingend ist die Francesinha mit Fritten und einem Bier zu geniessen. Rezept hier.
Grilliertes Schweinefleisch, Piri-Piri-Sauce, karamellisierte Zwiebeln – bifana ist so populär, dass die portugiesische McDonalds-Filialen einen McBifana lancieren mussten, um die Kundschaft bei der Stange zu halten. Rezept hier.
Und nun:
Wurst-Liebhaber kommen hier auf ihre Kosten. Die portugiesische Küche bietet eine ausserordentliche Vielfalt an chouriço, an Koch- und Trocken-Würsten. Zum Beispiel:
Während der Inquisition schuf die jüdische Gemeinschaft Portugals zwei Wurstsorten ohne Schweinefleisch, um ihr Christentum zu ‹beweisen›. Diese sind heute portugiesische Spezialitäten geworden. Die alheira aus Wildbret und die ...
Die geräucherte farinheira, wird heute inzwischen oftmals mit Schweinefett hergestellt, doch historisch war sie durch und durch vegetarisch, nämlich aus gewürztem Mehl. Heute wird sie gerne gebraten und zu Rührei gegessen.
Was aber dazu ebenfalls passt ist:
Blutwurst. Immer wieder gut.
Und ganz allgemein sollte man sich ein Gläschen von dem hier gönnen:
Der grüne Wein, so die wörtliche Übersetzung (gemeint ist aber eher junger Wein), stammt aus dem Anbaugebiet zwischen den Flüssen Douro und Minho im Norden des Landes. Aber zurück zum Essen – probiert das mal:
Stellt euch einen Risotto mit knusprigem Entenfleisch vor. Nur besser. Mmh. Rezept hier.
So. Und auf die vielen, vorzüglichen Käsesorten gehe ich jetzt nicht näher ein. Aber den hier, den sollte man mal probiert haben:
Weit draussen im Atlantik, auf der Azoren-Insel São Jorge, macht man aus Milch von Holstein-Kühen diesen grossartigen Käse, der in ganz Portugal Beleibtheit geniesst.
Und zum Abschluss, nach dem Dessert gibt's das hier:
Ginja, jener Likör aus Sauerkirschen, wird in essbaren Schokoladen-Tässchen serviert.