«True Detective» ist nicht nur der Name einer Serie, sondern mittlerweile auch ein geflügeltes Wort. Es steht für etwas, das beim ersten Mal gut, beim zweiten Mal aber zünftig in die Hosen geht.
Dass die erste Staffel «True Detective» so unglaublich mitreisst, hat viel mit den Schauspielern zu tun: Der ausgehungerte Matthew McConaughey (Rust Cohle) und der abgenudelte Woody Harrelson (Marty Hart) bilden ein perfektes Duo.
Und welcher «Star» wurde für die zweite Staffel verpflichtet? Vince «treudoof» Vaughn. Mit der Ausstrahlung einer durchschnittlichen Verpackung Chips taugt Herr Vaughn maximal als Füllmaterial, nicht aber als Aushängeschild. Und dabei war er nicht einmal das Schlechteste an der zweiten Staffel.
Diese Einschätzung ist rein subjektiv – doch jeder hat seinen Vince Vaughn. Und taucht der auf, taucht die Serie. Genau wie die 2. Staffel von «True Detective».
Champions-League-Finale 2005: Nach 45 Minuten liegt Liverpool gegen den AC Milan 0:3 zurück. Nach einer dramatischen Aufholjagd in der zweiten Halbzeit retten sich die Engländer ins Penaltyschiessen. Pirlo verscheisst, Schewtschenko ebenfalls. Liverpool stemmt den Pokal in die Höhe. Spannung, Drama, Unterhaltungswert: Das CL-Finale von 2005 gilt als das perfekte Fussballspiel.
Dasselbe lässt sich vom Wimbledon-Finale 2008 zwischen Roger Federer und Rafael Nadal sagen. Als der Spanier nach knapp fünf Stunden siegte, wussten die Zuschauer, dass sie gerade Historisches miterlebt hatten.
Was das CL-Finale 2005 für den Fussball und das Wimbledon-Finale 2008 fürs Tennis ist, das ist «The Wire» für TV-Serien. Nach dieser Serie wirkt jede andere wie GC gegen Lugano, wie Sam Querrey gegen Jack Sock: fad, langweilig und unspektakulär.
Es kommt nicht oft, aber doch gelegentlich vor: Dass gewichtige Rollen in gewichtigen Serien plötzlich neue Schauspieler erhalten.
So geschehen unter Anderem bei Game of Thrones (Michiel Huisman ersetzte Ed Skrein als Daario Naharis), bei Spartacus (als Hauptdarsteller Andy Whitfiled seinem Krebsleiden erlag) und bei GZSZ (ungefähr alle Rollen).
Der deutschsprachige Raum verfügt über eine Vielzahl herausragender Synchronsprecher: Stell dir nur Bud Spencer ohne den knarrigen Bass von Wolfgang Hess vor, oder Robert De Niro ohne Christian Brückners Stimme. Oder Gillian Anderson in «Akte X» ohne Franziska Pigullas Tonlage.
Speaking of which: David Duchovny wurde in «Akte X» zu Beginn von Benjamin Völz synchronisiert. Als dieser seine Gage erhöhen wollte, wurde er ersetzt – und durch die deutschsprachige Akte-X-Community ging ein Aufschrei des Entsetzens.
Ähnliches ereignete sich nach dem Tod von Elisabeth Volkmann. Volkmann sprach Marge Simpson. In ihre übergrossen Fussstapfen trat Anke Engelke, welche ihre Aufgabe allerdings bravourös meisterte.
Serien sind wie Schauspieler. Sie beginnen meist frisch und unverbraucht und wenn sie gut sind, können sie sich eine Weile durchsetzen.
Hat sich der Zuseher allerdings satt gesehen, wird nicht in Würde abgedankt, sondern krampfhaft versucht, an alte Erfolge anzuknüpfen. Die Überlebensmassnahmen sind nicht selten peinlich, der Überlebenskampf ein Trauerspiel. Prominente Beispiele dafür sind «Lost», «Dexter» und Mickey Rourke.
Namensgebend ist eine Szene aus der amerikanischen Hit-Serie «Happy Days», in der Kultprotagonist Fonzie mit Wasserskis einen Hai überspringt. Die Szene sorgte für derart viele Kopfschüttler, dass sie bis heute sinnbildlich für alle überspannten Bögen in TV-Serien herhalten muss.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Streaming-Anbieters Netflix mit über 30'000 Befragten ergibt: 46 Prozent der weltweiten Netflix-Kunden betrügen ihre Partner – wenn es um das gemeinsame Serienvergnügen geht.
Ob der tiefere Wert aus Deutschland (35 Prozent) Rückschlüsse auf die Schweiz zu lassen, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall ist «Fremdsehen» Grund genug, das Interesse an einer Serie zu verlieren.
Serien sind wie Beziehungen: Solange das Ding gut läuft, erlebt man ein Feuerwerk an Emotionen und diverse unvergessliche Nächte. Die grösste Gefahr bieten Pausen. Dann ist die Chance am grössten, dass man sich auf ein neues Abenteuer einlässt – und die alte Liebe vergisst.
Ross und Rachel aus «Friends» können ein Lied davon singen. Wenigstens Ross.
Der klassische Spoiler kommt in der Regel von einem Kollegen, ...
Leider wimmelt es von solchen Untieren. Sie sind die modernen Teufel. Das findet auch mein Kollege Lucas Schmidli.
Noch fieser sind die subtilen Spoiler. Und die Streaming-Anbieter wie Amazon und Netflix müssen sich dabei selber an der Nase nehmen.
Zum Beispiel, wenn das Teaserbild der nächsten Folge den Charakter zeigt, der doch eigentlich zwei Folgen zuvor unter die Lawine kam. Die Wege des Spoilers sind unergründlich.
Die Kunst des guten Endes gilt nicht nur für Serien. Ausplätschern gilt nicht, es muss nochmals ein richtiges Feuerwerk her.
So manch eine Serie ist daran gescheitert: «Prison Break», «Lost», «Dexter», «Sopranos», «Twin Peaks», «How I Met Your Mother» – auch Hochkaräter hatten ihre liebe Mühe.
Gute Beispiele gibt es ebenfalls: «Breaking Bad», «The Wire», «Six Feet Under» gelten als gute Enden. Und um diesen Artikel ebenfalls versöhnlich zu beenden, folgt ein Zitat von Willy Meurer, einem deutsch-kanadischen Kaufmann, Aphoristiker und Publizisten:
«Ende gut – alles gut! Anfang sch…, alles sch…! sch… steht für schlecht …, und nicht, was Sie gemeint haben sollten, lieber Leser!»
We want firefly
Bei How i met your Mother ist es ähnlich, die Serie war so erfolgreich, dass man wohl ein paar Staffeln zuviel gedreht hat. Irgendwann wird das ganze dann etwas lächerlich...