Es ist eine geile Zeit, um Schweizer NHL-Fan zu sein. Nach etwas mehr als einem Viertel der Regular Season sind die Schweizer Söldner in Nordamerika als Gruppe so gut unterwegs wie noch nie. Egal ab Josi, Fiala, Niederreiter oder Hischier. Beinahe jeden Morgen gibt es aus Übersee Highlights eines Spielers zu sehen. Noch nie hatten so viele Schweizer aufs Mal prägende Rollen bei ihren Teams inne.
Tore und Assists sind natürlich der einfachste Weg, um die Leistungen eines Eishockeyspielers zu beurteilen. Doch die Punkte erzählen manchmal nur die halbe Wahrheit. Deshalb greifen wir in dieser Analyse neben den üblichen Statistiken auf die sogenannten «Advanced Stats» zurück.
Sein Start in die Saison war fulminant. Nun ist Sven Andrighettos Leistungskurve allerdings abgeflacht. Seit mittlerweile fünf Spielen wartet er Zürcher auf einen Skorerpunkt. Zwischenzeitlich wurde er für ein Spiel auch auf die Tribüne verbannt. Zuletzt kam er jeweils nur noch in der vierten Linie zum Einsatz.
Doch die aktuelle Punkteflaute hat einerseits wohl etwas mit Pech zu tun – Andrighetto hat immer noch den deutlich tiefsten PDO-Wert aller NHL-Schweizer. Andererseits sicherlich auch damit, dass er nun in der vierten Linie mit deutlich schlechteren Linienpartnern spielt. An der Seite eines Nathan MacKinnon skort es sich natürlich einfacher als mit Dominic Toninato in einer Linie. Früher oder später wird aber auch «Ghettos» Baisse wieder enden – seine Schüsse sind einfach zu gut.
Der aktuelle Schweizer NHL-Topskorer heisst Sven Bärtschi. An der Seite von Brock Boeser und Bo Horvat blüht der Langenthaler so richtig auf. Acht Tore und neun Assists aus 23 Spielen lautet die starke Bilanz des 25-Jährigen.
Ob sich Bärtschis Erfolg über die ganze Saison hinzieht, ist allerdings ungewiss. Mit 12,21 Prozent ist seine Schusseffizienz momentan ziemlich hoch. Es wird schwierig werden, den Wert über 82 Spiele derart hoch zu halten. Zudem hat die Linie um den Schweizer Flügel jeweils Mühe, das Spiel zu kontrollieren. Wenn Bärtschi auf dem Eis ist, kontrolliert Vancouver nur 47 Prozent aller Schüsse.
Bei der Saisonstart-Analyse schrieben wir, dass sich Hischier noch steigern müsse. Besonders seine Corsi-Bilanz sah ganz schlecht aus. Der 18-Jährige hat sich mittlerweile tatsächlich gesteigert – und wie!
Mit 47,68 Prozent ist seine Corsi-Statistik zwar immer noch nicht perfekt, aber verglichen mit den 42 Prozent zum Saisonstart doch deutlich besser. Und noch viel wichtiger: Sein relativer Corsi-Wert ist nun positiv (1,68 Prozent). Das heisst, im Vergleich mit seinen Teamkollegen steht er in dieser Statistik gut da.
Man sieht Hischier aber auch auf dem Eis an, dass er sich immer besser zurechtfindet in der NHL. Der junge Walliser fliegt bei seinen Einsätzen förmlich über das Eis und sorgt immer für Gefahr. Der Center hat für sein Team schon 13 Strafen herausgeholt und sorgt so immer wieder dafür, dass New Jersey in Überzahl agieren kann.
Seit Travis Zajac zurück ist, teilt sich Hischier die Rolle des Topcenters mit ebendiesem Zajac. Er kommt aber immer noch regelmässig an der Seite von Taylor Hall zum Einsatz, mit dem er sehr gut funktioniert. Mit 2,33 Punkten pro 60 Minuten ist er relativ zur Einsatzzeit der beste Schweizer Skorer. Und es ist gut möglich, dass er sich im Laufe der Saison sogar noch steigert.
Nach seiner kurzen Verletzungspause trat Roman Josi bärenstark auf und skorte zwischenzeitlich in beinahe jedem Spiel. Mittlerweile hat sich das wieder etwas abgeflacht, doch der Nashville-Captain spielt immer noch stark.
Der Berner hat einen positiven Corsi-Wert (52,97 Prozent), blockt regelmässig Schüsse und skort auch immer wieder (1,37 Punkte pro 60 Minuten). Auch dank seiner Rückkehr haben die Predators nach einem verhaltenen Saisonstart aufgedreht und sind mittlerweile auf einem Playoff-Platz zu finden.
Auch bei Kevin Fiala hat sich im Vergleich zu unserer ersten Bilanz etwas geändert. Seit Kyle Turris, von Ottawa gekommen, an seiner Seite spielt, hat er begonnen, Tore zu schiessen. Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, bis der erste Puck reinfällt, denn Fiala spielt, wie Josi oder Hischier auch, sehr gut. Man darf sogar erwarten, dass sich der Ostschweizer noch weiter steigern wird.
Fiala hat weiterhin einen tiefen PDO-Wert, also Pech. Er schiesst mittlerweile mehr als noch zu Saisonbeginn, mit vier Prozent ist seine Schussgenauigkeit immer noch sehr tief. Bei einem Spieler von Fialas Qualität wird sich diese Zahl noch nach oben schrauben. Wenn er weiterhin gesund bleibt, werden wir von ihm also noch einige Highlights zu sehen kriegen.
Denis Malgin muss weiterhin in der AHL seine Sporen abverdienen. Eine Beurteilung ist daher hier nicht möglich.
Dass Timo Meier bislang nur zwei Tore erzielt hat, ist eigentlich gar nicht möglich. Denn kein einziger Spieler bei den Sharks schiesst so oft auf den gegnerischen Kasten wie der Herisauer (11,78 Schüsse pro 60 Minuten Eiszeit). Und das obwohl er zwischenzeitlich in die vierte Linie gesteckt wurde. Doch die Schussgenauigkeit lässt derzeit noch zu wünschen übrig: Nur jeder 30. Schuss geht rein.
Meiers dominante Spielweise führt auch dazu, dass er in der Corsi-Statistik im Team (2.) und auch ligaweit (21.) ganz weit vorne zu finden ist. Dass Meier auch ein Skorer ist, hat er in seiner Juniorenzeit schon bewiesen. Anhand seiner Abschlussqualität (4,2 ixGF – siehe Infobox) hätte er bisher eigentlich schon mehr als doppelt so viele Tore erzielen müssen.
Doch bei Meier gilt dasselbe wie bei Fiala auch. Er muss einfach geduldig bleiben. Irgendwann werden auch die Tore kommen.
Ein Schlüsselbeinbruch setzt den Winterthurer derzeit ausser Gefecht. Müller dürfte noch rund neun bis elf Wochen ausfallen. Das ist sehr schade, denn der Verteidiger war gerade dabei, mit guten Leistungen auf sich aufmerksam zu machen.
Im Spiel gegen die Edmonton Oilers vom dritten November trumpfte er an der Seite von Rookie-Sensation Will Butcher gross auf. Gemeinsam schafften sie es, Superstar Connor McDavid zu neutralisieren und das Spiel in die gegnerische Zone zu drängen, obwohl McDavid auf dem Eis stand.
Der 22-Jährige hat seine Statistiken im Vergleich zur ersten Bilanz nach dem Saisonstart steigern können. Die Verletzung kam zur Unzeit.
Nino Niederreiter ist nach seiner Verletzung schon wieder ganz der Alte. Auch wenn seine sechs Spiele dauernde Torserie erst kürzlich gegen St.Louis gerissen ist: Der Churer ist einer der besten Spieler der Minnesota Wild.
Wie schon immer in den vergangenen Jahren dominiert der Flügel die Corsi-Statistiken. Mit 56,61 Prozent verfügt er über den besten Wert seiner Mannschaft und unterstreicht damit einmal mehr, wie wichtig er ist. Aber auch seine Punkteproduktion lässt sich sehen. Mit 2,7 Punkten pro 60 Minuten (auch Überzahl und Unterzahl miteinberechnet) ist er der drittbeste Skorer der Wild.
Wie Mirco Müller ist auch Luca Sbisa derzeit mit einer Verletzung zum Zuschauen verdammt. Das Märchen der Vegas Golden Knights geht derzeit aber unbeirrt weiter. Auch weil Luca Sbisas Statistiken darauf hin deuten, dass er für seine Mannschaft eher Hindernis denn Hilfe ist.
Das ist vielleicht etwas gar hart ausgedrückt. Fakt ist aber, dass sich Sbisa statistisch gesehen im Keller der Golden Knights bewegt. Er hat den schlechtesten Corsi-Wert des Teams und zieht seine Mitspieler in dieser Sparte jeweils stark runter. Aktuell hat er noch eine positive Bilanz. Die zu erwartenden Tore, deuten aber darauf hin, dass Vegas mehr Tore erhält als es schiesst, wenn Sbisa auf dem Eis steht.
Letzteres hat sicherlich auch mit der Rolle des Zugers als Defensiv-Verteidiger zu tun. Aber die nackten Zahlen stellen dem 27-Jährigen kein gutes Zeugnis aus. Man kann es aber auch so sehen: Vielleicht ist Sbisa einfach der erste Spieler, der sich dem Niveau anpasst, das man vor der Saison ursprünglich von Vegas erwartet hat.
Yannick Weber ist der dritte Schweizer Verteidiger, der derzeit mit einer Verletzung ausfällt. Beim Berner ist es eine nicht genauer bestimmte Unterkörperverletzung. Wenn alles gut geht, sollte er aber bald wieder einsatzbereit sein.
Bis zur Zwangspause spielte er unverändert solide sein Defensivspiel im dritten Verteidigungspaar. Die Bewertung zum Saisonstart muss kaum angepasst werden: Weber spielt seine Rolle genau so wie er muss – ohne grosse offensive Akzente, sondern mit robustem Handwerk in der eigenen Zone.
Da kommt es nicht überraschend, dass seine Corsi-Statistik negativ ist (46,82%) und dass er bislang mit «nur» zwei Skorerpunkten dasteht. Viele Tore und Assists werden von ihm aber auch nicht erwartet.
Anmerkung: Christoph Bertschy (1 Spiel für Minnesota) und der zurückgetretene Mark Streit (2 Spiele für Montreal) wurden nicht bewertet.