Tore und Assists sind natürlich der einfachste Weg, um die Leistungen eines Eishockeyspielers zu beurteilen. Doch die Punkte erzählen manchmal nur die halbe Wahrheit. Deshalb greifen wir in dieser Analyse der Saisonstarts der NHL-Schweizer neben den üblichen Statistiken auf die sogenannten «Advanced Stats» zurück.
13 Schweizer haben diese Saison schon mindestens ein Spiel in der besten Hockey-Liga der Welt absolviert und acht davon haben auch schon geskort. Doch wie stark sind sie wirklich in die Saison gestartet?
Der Zürcher ist derzeit der drittbeste Skorer der Colorado Avalanche. Meistens läuft er in der Toplinie an der Seite von Nathan MacKinnon und Mikko Rantanen auf und kriegt viel Eiszeit (16 Minuten pro Spiel). Das erleichtert natürlich die Punkteproduktion. Auf die Einsatzzeit runtergerechnet, ist Andrighetto jedoch nur noch der siebtbeste Skorer seines Teams (1,38 Punkte pro 60 Minuten Eiszeit).
Doch so überzeugend Andrighetto mit seiner Linie in der Offensive ist, so sehr offenbart sie Schwächen in der eigenen Zone. Obwohl seine Linie über 60 Prozent der Einsätze im Angriffsdrittel startet, kriegt sie mehr Schüsse aufs eigene Tor, als sie auf den gegnerischen Kasten abgibt. So ist es nicht erstaunlich, dass diese Linie auch viele Gegentreffer kassiert.
Trotz dieses Manko ist Andrighetto auf dem Weg zu seiner punktemässig besten NHL-Saison. Das beweist auch die Bewertung seiner Schussqualität. Der Zürcher hat den höchsten ixGF-Wert seines Teams. Das heisst von ihm sind bei numerischem Gleichstand die meisten Tore zu erwarten – nämlich rund ein Tor alle 60 Minuten.
Mit einer sogar leicht besseren Bilanz als Andrighetto steht sein Namensvetter Sven Bärtschi da, obwohl er nicht in der in der Toplinie seines Teams spielt. Der Langenthaler steht wie Andrighetto bei vier Toren und vier Assists, allerdings mit weniger Einsatzzeit. So kommt der 25-Jährige auf 2,4 Punkte pro 60 Minuten Einsatzzeit – der viertbeste Wert bei den Canucks.
Wenn Bärtschi auf dem Eis steht kontrolliert Vancouver nur 47,39 Prozent aller Schüsse. Das hat aber auch damit zu tun, dass der Flügel die Mehrheit seiner Einsätze in der neutralen oder defensiven Zone startet. Dass Bärtschi dennoch mit den besten Skorern Vancouvers mithalten kann, beweist, dass er gut in die Saison gestartet ist.
Das erste NHL-Spiel des Schweizer Nummer-1-Drafts war eine einzige Highlight-Show. Fast bei jedem Einsatz fabrizierte Hischier etwas Spektakuläres. Seither ist das Spiel des Wallisers ruhiger geworden. Im zweiten Spiel gelang ihm der erste Punkt. Bei seinem siebten Einsatz traf er erstmals, dafür gleich doppelt.
Auf die Einsatzzeit runtergerechnet ist Nico Hischier der sechstbeste Skorer der Devils (2,05 Punkte pro 60 Minuten). Zuletzt blieb er allerdings wieder drei Mal hintereinander ohne Skorerpunkt – im Spiel vom Freitag gegen Arizona kürzte Trainer John Hynes ihm auch die Einsatzzeit auf rund 14 Minuten.
Bei Hischier sieht zudem die Spielanteil-Statistik (Corsi) sehr schlecht aus. Wenn der Walliser auf dem Eis stand, haben die Devils bislang deutlich mehr Schüsse auf das eigene Tor kassiert, als sie selbst auf den gegnerischen Kasten abgegeben haben. Ein Corsi-Wert über 50 Prozent gilt als gut. Hischier kommt auf 42,31 Prozent. Das heisst, wenn er auf dem Eis steht, gerät New Jersey sehr oft unter Druck.
Dabei liegt es nicht an seinen Teamkollegen. Im Gegenteil: Es ist Hischier, der seine Mitspieler in diesem Bereich runterzieht. Nun sind zehn Spiele natürlich noch ein kleiner Datensatz. Doch Hischier sollte sich in diesem Bereich dringend steigern.
Der neue Captain der Nashville Predators hat drei Spiele verletzungsbedingt verpasst. In den acht Partien, die er absolviert hat, wurde Roman Josi seiner Rolle als Leader aber durchaus gerecht. In der eigenen Zone blocke er regelmässig Schüsse, und im Offensiv-Drittel bringt er am meisten Pucks auf das gegnerische Tor.
Das führt dazu, dass der Berner auf sehr gute Corsi-Statistiken (54 Prozent) kommt. Solange er auf dem Eis steht, prägt Nashville also auch das Spiel. Seine Punkte-Ausbeute könnte Josi allerdings noch steigern. Derzeit erzielt der 27-Jährige 0,49 Punkte pro 60 Minuten. Vergangene Saison war dieser Wert mehr als doppelt so hoch (1,13 P/60). Dass er trotz guten Leistungen eine Minus-4-Bilanz aufweist, liegt vor allem daran, dass drei seiner bislang fünf Punkte im Powerplay zustande kamen.
Kein einziges Tor in zehn Spielen. Auf den ersten Blick sieht Kevin Fialas Bilanz zum Saisonstart sehr schlecht aus – vor allem für einen Flügel, dem diese Saison eigentlich der grosse Durchbruch prognostiziert worden war. Doch ein zweiter, genauerer Blick zeigt: Der Ostschweizer, der Ende April einen Oberschenkelbruch erlitten hatte, ist auf dem richtigen Weg.
Wie bei Roman Josi dominieren die Predators auch mit Fiala auf dem Eis das Schussverhältnis. Sein Corsi-Wert ist mit 55,65 Prozent (als Erinnerung: Alles über 50 Prozent gilt als gut) gar noch besser als derjenige von Josi und der dritthöchste seiner Mannschaft.
Dass es mit dem persönlichen Torerfolg bislang noch nicht geklappt hat, hat vor allem zwei Gründe: Erstens hat er bislang erst 13 Mal auf den gegnerischen Kasten geschossen. Zweitens hatte er bislang auch viel Pech. Er kommt auf einen PDO-Wert (Addition von Schussgenauigkeit und Fangquote des Torhüters) von 92,3 Prozent. Werte unter 100 Prozent werden dabei mit Pech gleichgesetzt. In der Regel pendeln sich diese Werte über den Lauf einer Saison bei rund 100 Prozent ein. Wenn Fiala also weitermacht wie bisher, werden irgendwann auch die Tore kommen.
Es ist bisher noch nicht die Saison von Denis Malgin. Die ersten sieben Spiele wurde er von Florida nicht eingesetzt. Zwischenzeitlich schickte die Organisation den 20-Jährigen gar ins Farmteam, um Spielpraxis zu sammeln. Und als er dann endlich zum Zug kam, konnte er nicht überzeugen.
Bitterer Höhepunkt: Beim 8:3-Sieg der Panthers über die Anaheim Ducks blieb Malgin ohne Skorerpunkt und verliess das Eis mit einer Minus-2-Bilanz. Allerdings hat er bislang erst vier Spiele absolviert, und in einem davon verletzungsbedingt nur etwas mehr als zwei Minuten gespielt. Das reicht nicht für eine faire Analyse.
Überzeugend, aber nicht überragend. So könnte man den Saisonstart von Timo Meier zusammenfassen. Der Herisauer befindet sich bei den San Jose Sharks statistisch gesehen im Mittelfeld. Er kommt auf einen guten Corsi-Wert (55,05%), profitiert dabei aber auch davon, dass er selten auf die gegnerischen Toplinien trifft.
Relativ zur Einsatzzeit ist Meier gar der fünftbeste Skorer seines Teams (1,87 Punkte pro 60 Minuten). Allerdings hat auch der 21-Jährige noch Steigerungspotential. Seine Schusseffizienz liegt derzeit bei 5,9 Prozent – der tiefste Wert von allen Sharks-Spielern, die bisher getroffen haben. Von einem Skorer wie Meier wird aber noch etwas mehr erwartet.
Mirco Müller ist der Block-König der New Jersey Devils. Der Winterthurer blockt pro Spiel 3,2 Schüsse und damit rund einen mehr als der nächstbeste Devils-Spieler. Das und der Fakt, dass der Verteidiger die Mehrheit seiner Einsätze im eigenen Drittel startet, hat aber auch zur Folge, dass er in der Corsi-Statistik schlecht wegkommt.
Mit 40,69 hat er sogar noch den etwas schlechteren Corsi-Wert als Nico Hischier. Müller hat aber auch vier Spiele weniger absolviert, weshalb die Statistiken weniger aussagekräftig sind. Aber gerade wenn viel auf das eigene Tor geschossen wird, sind seine Blocks Gold Wert.
Nino Niederreiter hat sich seinen Start in die Saison sicherlich anders vorgestellt. In den ersten Spielen blieb er ohne Punkte. Zudem zog er sich in der dritten Partie der Saison eine Knöchelverletzung zu und konnte seither nicht mehr eingesetzt werden. Wie bei Denis Malgin lassen so wenige absolvierte Matches keine faire Auswertung zu.
Luca Sbisa steckt mit den Vegas Golden Knights mitten in einem Märchen. Noch nie ist eine neu geschaffene Mannschaft so gut in ihre erste NHL-Saison gestartet wie das Team aus Nevada. Es droht allerdings das böse Erwachen. Denn die Golden Knights sind derzeit extrem vom Glück verwöhnt.
Luca Sbisa hat mit einem PDO von 103,39 nur den zehntbesten Wert des Teams (Als Erinnerung: Werte klar über 100 gelten als Glück). Die Spieler der Golden Knights werden weder die Fangquote, noch die Schusseffizienz über die ganze Saison derart hoch halten können.
Ein weiteres Indiz, dass Sbisa mit seiner Mannschaft bald schwierigere Zeiten durchmachen müssen wird, sind die Corsi-Werte. Die Mehrheit des Teams schneidet in dieser Sparte unter 50 Prozent ab. Sbisa kommt gar nur auf 44,78 Prozent, wobei der Zuger aber auch mehr als ein Drittel seiner Einsätze in der eigenen Zone beginnt. Das heisst, Vegas hat das Spiel oft nicht unter Kontrolle. Irgendwann geht das nicht mehr auf.
Yannick Weber macht in Nashville das, was er schon letzte Saison gemacht hat. Er spielt seine Rolle im dritten Verteidigungspaar genau so wie er muss – ohne grosse offensive Akzente, sondern mit robustem Handwerk in der eigenen Zone.
Da kommt es nicht überraschend, dass seine Corsi-Statistik negativ (47,97%) ist und dass er bislang noch ohne Skorerpunkte dasteht. Wie Josi hat Weber drei Spiele verletzungsbedingt (Hirnerschütterung) verpasst und ist dadurch etwas aus dem Spielrhythmus geraten. Es ist möglich, dass der Berner sich im Verlauf der Saison noch etwas steigert und doch noch das eine oder andere Mal punktet.
Und wer die Leistungen der Schweizer selbst noch vergleichen möchte, kann dies mit der unten stehenden Grafik machen.
Anmerkung: Christoph Bertschy (1 Spiel für Minnesota) und der zurückgetretene Mark Streit (2 Spiele für Montreal) wurden nicht bewertet.