Xherdan Shaqiri ist trotz seiner 22 Jahren schon ein absoluter Profi. Auf und neben dem Platz macht der nur 1,69 Meter grosse Schweizer mit Wurzeln im Kosovo einen abgebrühten Eindruck, wie man an der heutigen Pressekonferenz in Feusisberg feststellen durfte. Der grosse Hoffnungsträger wirkt im kleinen Raum der Pressekonferenz gut erholt von seinem Muskelfaserriss und bereit für neue Taten.
«Die erste WM, bei der ich etwas mitbekommen habe, war die Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich» (Anm.: Shaqiri war damals 7-jährig).
«Ronaldo. Er war mein Lieblingsspieler. Ich hatte sogar die gleiche Frisur wie er 2002.» (lacht)
«Träumen darf man, aber nicht zu viel. Wir sind nicht Deutschland, Spanien oder Brasilien.»
«Ich sehe uns und Belgien als gefährlichste Aussenseiter an der WM. Wir haben beide eine ähnliche Ausgangslage. Beide Teams sind jung und talentiert. »
«Ich bin halt kräftig gebaut und so geboren. Ich brauche sicher diese Kraft für mein Spiel. Alle denken, ich trainiere wie ein Wrestler für meinen Körperbau, dabei mache ich eher das Gegenteil. Wenn ich in den Kraftraum gehen, lange ich die Fitnessgeräte nicht an. Ich mache höchstens ein paar Liegestütze.»
«Wir halten mehr zusammen und sind talentierter geworden, viele Junge sind in ausländische Ligen und haben sich dort weiterentwickelt. Wir strahlen nun ein anderes Selbstbewusstsein aus und die anderen Teams haben mehr Respekt vor uns.»
«Es war als sehr junger Spieler eine wichtige Erfahrung für mich. Ich durfte dabei sein, reinschnuppern. Ich habe mich ein wenig im Hintergrund gehalten, von dort beobachtet wie es innerhalb der Nationalmannschaft so abläuft. »
«Es ist egal für mich, wo ich spiele. Ich spiele dort, wo mein Trainer mich aufstellt. Bei Bayern habe ich oft hinter den Spitzen gespielt, in der Nati oft auf dem rechten Flügel. So haben wir ja eine erfolgreiche WM-Qualifikation gespielt. Ich kann beides jedenfalls genau gleich gut.»
«Ich bin wieder topfit. Die Verletzung (Anmerkung: Muskelfaserriss) ist vollständig auskuriert. Ich bin schmerzfrei und seit ein bis zwei Wochen wieder voll im Trainingsbetrieb. Natürlich macht man sich Gedanken, wenn man in einem Jahr drei Muskelverletzungen erleidet. Dazu immer noch am selben Bein.»
«Wenn ich über die Gründe spekulieren müsste, kann ich sicher den Faktor Ernährung ausschliessen: Ich ernähre mich nämlich sehr gesund. Vielleicht ist es der unterschiedliche Rhythmus: Manchmal bin ich in zwei oder drei Spielen hintereinander zum Einsatz gekommen, dann gab es wieder eine Pause. Letztes Jahr habe ich mehr gespielt und war nie gross verletzt. Aber ich befasse mich jetzt nicht gross mit den allfälligen Gründen für das Verletzungspech, ich bin einfach froh, dass ich jetzt wieder fit bin.»
«Nun, da ich wieder gesund bin, ist es sehr wichtig wieder ein richtiges Spiel über 90 Minuten zu haben. Auch andere Nati-Spieler sind wie ich sicher froh, können sie vor der WM nochmals ihren Fitnessstand in einem Ernstkampf testen.»
«Natürlich gibt es wie immer im Leben keine Garantie, sich nicht nochmals zu verletzen. Vieles spielt sich im Kopf ab. Ich fühle mich sehr wohl in der Nati und komme immer mit viel Freude zur Landesauswahl. Ich absolviere jetzt die nötigen Trainings und habe keine Angst, dass was passieren kann.»
(lacht) «Obwohl ich verletzt war, gab es viel zu tun. Es gab viel zu feiern in München. Ich konnte mich sehr gut ausruhen, hatte Zeit für andere Sachen. Ich bin für ein paar Tage vereist, habe viel Zeit mit meiner Familie verbracht. »
«Die Verletzung ist ‹zum Glück› rechtzeitig gekommen und nicht unmittelbar vor der WM passiert. »
«Ich bin seit zwei Jahren bei Bayern München. Ich habe mich in dieser Zeit genug bewiesen. Auch mein Trainer dort (Anm.: Pep Guardiola) weiss was ich kann. Die Nationalmannschaftsauftritte sind kein Casting für mich, ich habe bei Bayern München regelmässig gespielt, ab und zu halt auch gegen die sogenannten kleineren Vereine aus der Bundesliga. »
«Aus meiner Sicht ist der Generationenwechsel im Qualifikationsspiel für die EM 2012 gegen England im Wembley-Stadion eingeläutet worden, als wir auswärts mit vielen Jungen ein tolles 2:2 erreicht haben.»
«Der Druck in meinem Klub Bayern München ist immer sehr gross. In der Nationalmannschaft setze ich mich persönlich nicht sehr gross unter Druck – ich will meine Leistung bringen, aber im Vordergrund steht die Mannschaft. Die Schweiz kann nur als Team bei der WM glänzen.»
«Wir haben schönen Fussball gespielt und spielen sicher attraktiver als früher. Dadurch haben wir viele neue Fans gewonnen, die wir ihn Brasilien glücklich machen wollen. Die Leute in der Schweiz sollen stolz auf uns sein.»
«Es sind zwei verschiedene Teams, man kann es nicht vergleichen. Im Training kann der Trainer vielleicht die eine oder andere Idee eines anderen Teams reinbringen. Ein Spieler will immer gewinnen, es gibt kein Profi, der nicht gewinnen will. Sicher sind wir mit der Schweiz öfters mal nicht der Favorit, wenn wir aber alles geben, können wir mit jeder Mannschaft mithalten.»
«Es wird ein entscheidender Faktor sein, dass man diszipliniert bleibt. Vor allem die Spieler, die sehr emotional auf dem Platz sind, müssen sich zu beherrschen wissen. Für mich persönlich macht es nicht so viel aus, wenn ich auf dem Platz gefoult werden. Wir müssen einfach aufpassen, dass wir keine Karten für Dinge wie Reklamieren und so kriegen. Ich denke aber wir sind allgemein eine sehr disziplinierte Mannschaft. Ich glaube, der letzte Platzverweis ist schon lange her und stammt von Reto Ziegler – im Oktober 2011 gegen Wales.» (Medienchef Marco von Ah korrigiert, dass Tranquillo Barnetta im September 2012 in der WM-Qualifikation gegen Slowenien für drei Fouls mit gelb-roter Karte vom Platz flog.)