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«Ein Traumstart», sagte Granit Xhaka zum mühsam erkämpften 1:0-Sieg gegen Albanien und meinte damit vor allem das Resultat. Ansonsten vermochte die Schweizer Nati bei ihrem ersten Auftritt nämlich nicht wirklich zu überzeugen. Das Wichtigste sind die drei Punkte, daneben bleibt dem Team von Vladimir Petkovic bis zum Spiel gegen Rumänien ziemlich viel Arbeit.
Vielleicht liessen sich die Albaner von der aufgeheizten Stimmung im Stade Bollaert-Delelis von Lens ja etwas beeindrucken. Sie begannen jedenfalls nervös, was die Schweizer schnell zu ihrem Vorteil auszunutzen vermochten. Endlich zeigten sie mal, wie sie unter Petkovic eigentlich spielen wollen: Früh attackieren, kompakt stehen und schnell umschalten.
Sicher kam das frühe 1:0 durch Fabian Schär den Schweizern entgegen. Dennoch lässt sich auf diesen ersten 20 bis 30 Minuten aufbauen. Das sah auch der Nati-Trainer so, sprach er nach der Partie doch «von einem kleinen Schritt nach vorne» – allerdings ohne den gesamten Auftritt schönzureden.
Nach dem Schlusspfiff war schnell klar, wem die Schweiz ihren knappen 1:0-Sieg zu verdanken hatte: Yann Sommer. Und das bei seinem ersten Auftritt an einem grossen Turnier. Wie selbstverständlich lieferte der Torhüter von Borussia Mönchengladbach eine äusserst souveräne Leistung ab, hielt, was es zu halten gab.
Ja mehr noch: Gegen Armando Sadiku in der 31. Minute und gegen Shkelzen Gashi in der 87. Minute zeigte er zwei grandiose Paraden, als beide alleine vor ihm auftauchten. Warum die UEFA nicht ihn zum Mann des Spiels gemacht hat, bleibt ihr Geheimnis. Auf der Goalie-Position hat die Schweiz an dieser EM jedenfalls definitiv kein Problem.
Es ist nicht neu, dass die Schweiz bei ruhenden Bällen ihre Stärken hat. Vor allem bei grossen Turnieren, wo meist einzelne Aktionen entscheiden, ist das enorm wichtig. Das 1:0 erzielte Schär nach einem Eckball von Xherdan Shaqiri. Mit Michael Lang, Johan Djourou oder Haris Seferovic hat die Nati weitere kopfballstarke Spieler in ihren Reihen, die nach Freistossflanken oder Eckbällen für ein Tor gut sind.
Und auch bei Direktschüssen hat die Schweiz grosses Potenzial. Blerim Dzemaili traf in der 38. Minute zwar nur den Pfosten, doch jedes Mal, wenn er antritt, wird's gefährlich. Neben ihm haben auch Xherdan Shaqiri, Ricardo Rodriguez und Granit Xhaka schon bewiesen, dass sie direkt verwandeln können.
Was unterscheidet einen Weltklasse-Stürmer von einem guten Stürmer? Genau, der Weltklasse-Stürmer braucht nur wenig gute Möglichkeiten, um sein Tor zu erzielen. Genau deshalb ist Haris Seferovic keine Weltklasse-Stürmer. Was der U17-Weltmeister-Torschütze gegen Albanien wieder für Chancen liegen liess, müsste im Normalfall für zwei Siege reichen.
Mehrmals hätte er der Schweiz den beruhigenden 2:0-Vorsprung verschaffen können. Vor allem in der 67. Minute hätte Seferovic treffen müssen. Als er von Breel Embolo mustergültig lanciert wurde, ihm alleine vor Albaniens Torhüter Etrit Berisha aber die Ruhe fehlte. Immerhin zeigte sich der Frankfurter nach der Partie selbstkritisch: Auf die Frage, warum es nochmals heiss geworden sei, antwortete er: «Wegen mir.»
Sie wirkt einfach nicht sattelfest, diese Schweizer Innenverteidigung. Zwar haben Fabian Schär und Johann Djourou vieles, was moderne Innenverteidiger brauchen. Sie haben eine gute Spieleröffnung, sind stark bei hohen Bällen.
Doch wenn die Bälle schnell in ihren Rücken oder in die Tiefe gespielt werden, geraten sie nur allzu schnell in Schwierigkeiten. Mehr als einmal wurde es so brandgefährlich. Djourou beispielsweise kann von Glück reden, dass sein Bock in der 50. Minute keine bösen Folgen hatte.
Es ist dieses Paradoxon im Fussball. Da hat die Schweiz Albanien bis zur Gelb-Roten gegen Lorik Cana mehr oder weniger im Griff, doch als sie mit einem Mann mehr spielen kann, verliert sie plötzlich komplett den Faden. Statt die eigenen Stärken auszuspielen, den Ball in den eigenen Reihen zu halten, lassen sich Petkovics Mannen auf ein seltsames Hauruck-Spiel ein.
Dem Spiel fehlt die ordnende Hand: Zwar wird Granit Xhaka dank 129 Pässen zum Mann des Spiels gewählt, Ruhe bringt der künftige Arsenal-Regisseur aber ebenso wenig ins Spiel wie Captain Stephan Lichtsteiner. Und so wäre ein albanischer Ausgleich durch Gashi in der 87. Minute nicht wirklich unverdient gewesen.
Was bleibt also von dieser Partie? Nun, sie gibt leider wenig Aufschlüsse über den aktuellen Formstand der Nati. Der Start ins Turnier ist resultatmässig zwar geglückt, doch noch längst sind nicht alle Zweifel, die sich nach der zweifelhaften Vorbereitung eingeschlichen haben, beseitigt. Das Spiel gegen Rumänien, das gegen Gastgeber und Titelfavorit Frankreich überraschend gut mitgehalten hat, muss zeigen, zu was die Nati an diesem Turnier fähig ist.
Damit solche Situationen entstehen bedingt, dass im Mittelfeld schon etwas weniger optimal lief. Solche Pässe gilt es primär zu unterbinden. Gelingt dies nicht, ist es doch nur logisch, dass der Verteidiger in Schwierigkeiten steckt...