Die Coaches Challenge existiert im Schweizer Eishockey seit Beginn der vergangenen Saison. Doch so richtig etabliert scheint sie sich erst im Laufe dieses Jahres zu haben. Gerade in den aktuellen Playoffs erfreut sich der Videobeweis grosser Beliebtheit und wird mal mehr, mal weniger erfolgreich benutzt.
Jüngstes Beispiel für einen erfolgreichen Gebrauch sind die ZSC Lions. Kurz nach Wiederbeginn im zweiten Spielabschnitt trifft der SC Bern im ersten Halbfinal-Spiel zum vermeintlichen 2:2-Ausgleich. Doch die jubelnden «Mutzen» haben die Rechnung ohne Hans Kossmann gemacht. Der Zürcher Coach fordert den Videobeweis an – und kriegt Recht.
Die Entscheidung fällt hauchdünn, ist aber wohl korrekt. Als die Scheibe die blaue Linie überquert, steht Arcobello schon in der offensiven Zone. Der Berner Stürmer schafft es nicht mehr, mit seiner Kufe die Linie zu berühren – somit steht er im Offside. Das vermeintliche 2:2 wird annulliert, am Ende gewinnen die ZSC Lions mit 3:2 und gehen in der Serie mit 1:0 in Führung.
Eine derart wichtige Coaches Challenge gelang in diesen Playoffs auch schon Antti Törmänen. Der Trainer von Biel verlangte im fünftem Viertelfinalspiel gegen Davos nach dem 2:3-Anschlusstreffer der Bündner den Videobeweis. Wie bei Bern gegen ZSC ging auch dem Treffer von Broc Little ein Abseits voraus. Statt dem 2:3 für den HCD fiel wenig später das 4:1 für Biel. Es war die Vorentscheidung im fünften Spiel und auch in der Serie.
Die Headcoaches sind eigentlich nicht die Personen, die es zu Rühmen gilt bei einem erfolgreichen Videobeweis. Wie die ZSC Lions auf Anfrage bestätigen, sitzt bei den meisten Teams ein Videocoach auf der Tribüne und schaut sich die Szenen an. Denn der Cheftrainer und seine Assistenten können diese von der Bank aus kaum beurteilen.
Sieht er irgendwo eine mögliche Offside-Position, gibt er per Funk sofort dem Assistenztrainer Bescheid. Der wiederum informiert den Cheftrainer, damit der die Coaches Challenge nehmen kann. Liegt der Coach richtig, bleibt sein Recht auf eine weitere Challenge bestehen. Liegt er falsch, kann er keine Challenge mehr nehmen und verliert auch noch sein Timeout. Bei Toren in der Overtime kann man den Videobeweis immer verlangen.
Die gibt es. So mag es beispielsweise irritieren, wenn zwischen dem Eintritt in die Zone und dem Tor eine gewisse Zeit vergeht und dann noch die Challenge gezogen wird. Beim Fall zwischen dem SCB und dem ZSC vergingen zwischen dem Überqueren der blauen Linie und dem Tor 26 Sekunden. Allerdings dürften sich die meisten Eishockey-Fans mittlerweile solche Situationen gewohnt sein.
Viel öfter kritisiert werden die teilweise mangelhaften TV-Bilder. Denn in der Schweiz gibt es (noch) keine Kameras, die direkt auf den blauen Linien montiert sind. Das führt dazu, dass der Kamera-Winkel zur Beurteilung von knappen Situationen sehr ungünstig sein kann. Auch bei der gestrigen Situation war kaum zu sehen, ob Arcobellos Schlittschuh in der Luft war oder nicht.
Kommt erschwerend hinzu, dass die Bildschirme, auf denen die Schiedsrichter die strittigen Szenen anschauen, teilweise ungenügend, weil sehr klein, sind. So wird eine klare Beurteilung noch schwerer gemacht. Ab nächster Saison soll es auch in der Schweiz einen «War Room» geben. Doch der soll vorerst nur den Player Safety Officer und nicht die Schiedsrichter auf dem Eis entlasten.
Somit bleiben die Schiedsrichter bei knappen Entscheiden weiterhin auf sich gestellt. Bislang haben sie bei den Coaches Challenges allerdings richtig entschieden. Die Trainer dürften froh sein, dass sie in engen Situationen ein derart entscheidendes Hilfsmittel zur Verfügung haben.