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Kloten – eine Mannschaft wie ein Kunstwerk und ein 12:0 als Massstab

Hängende Köpfe bei den Flyers nach der Niederlage gegen Zug. 
Hängende Köpfe bei den Flyers nach der Niederlage gegen Zug. Bild: Daniela Frutiger/freshfocus
Auf direktem Weg in die Abstiegsrunde

Kloten – eine Mannschaft wie ein Kunstwerk und ein 12:0 als Massstab

Die Sünden des Herbstes werden nicht vergeben. Deshalb werden die Kloten Flyers im Frühjahr die Abstiegsrunde bestreiten.
04.10.2014, 09:3704.10.2014, 10:12
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Nehmen wir einmal an, wir müssten als objektive, neutrale Chronisten nach der 0:3-Niederlage in Zug die Kloten Flyers mit einem Kunstwerk vergleichen. Dann müssten wir sagen: Eine Mannschaft wie ein Kunstwerk von Salvador Dali.  

Der Spanier ist einer der bekanntesten Maler des 20. Jahrhunderts. Er prägte den Stil des Surrealismus. Auf seinen verwirrenden und bisweilen verstörenden Bildern erkennen wir beispielsweise schmelzende Uhren, brennende Giraffen oder Krücken. Zwar brennen an der Bande keine Giraffen und keiner spielt mit Krücken. Aber das Spiel der Klotener ist so surreal, wirr und ohne klassische Ordnung wie ein Gemälde von Salvador Dali. 

Es ist im Herbst 2014 nicht mehr zu erkennen, was die ratlosen Zürcher eigentlich spielen möchten. Offensiv oder defensiv? Sie haben sich im taktischen Niemandsland verirrt. 

Kloten fehlt zurzeit ein Konzept.
Kloten fehlt zurzeit ein Konzept.Bild: Daniela Frutiger/freshfocus

7. Niederlage im 8. Spiel

In der Anfangsphase haben die Zuger mit dem unkonventionellen Gegner, der sich an kein gängiges Spielsystem mehr hält, noch grosse Mühe. Sie tasten sich erst einmal an diesen wunderlichen Widersacher heran und achten sorgsam darauf, nicht durch Konter überrascht zu werden.

Zwar gelingt fast bei jedem Angriffsversuch ein Abschluss. Aber es ist eben nicht einfach, gegen Torhüter Martin Gerber, WM-Silberheld und Stanley Cup-Sieger, Tore zu erzielen. Ja, es scheint sogar, als hätten Klotens taktische Nonkonformisten gegen die anfänglichen und gehemmten Zuger sogar eine Chance auf einen Punktgewinn.

Aber am Ende steht dann doch die 7. Niederlage im 8. Spiel dieser Qualifikation. Neun Sekunden genügen den taktisch seriösen und fleissigen Zugern um das Spiel bereits in der 21. Minute mit zwei Toren in 9 Sekunden zu entscheiden. Nach dem 2:0 ist die nahezu emotionslose Partie gelaufen. 

Wieder jubelt der Gegner: Zug gewinnt mit 3:0 gegen Kloten.
Wieder jubelt der Gegner: Zug gewinnt mit 3:0 gegen Kloten.Bild: KEYSTONE

Kloten muss wohl in die Abstiegsrunde

Nun müssen die Kloten Flyers die Hockey-Geschichte umschreiben. Sonst reicht es nicht mehr für die Playoffs. Ein Blick zurück sagt uns, was im nächsten Frühjahr sein wird: die Kloten Flyers in der Abstiegsrunde.

Seit Saisonbeginn stehen die Zürcher auf dem letzten Platz. Inzwischen sind schon 8 Runden gespielt. Seit Einführung der Drei-Punkte-Regel vor acht Jahren (2006) ist es erst einem einzigen Tabellenletzten nach Runde 5 noch gelungen, in die Playoffs zu kommen: Dem EV Zug unter dem charismatischen Feuerkopf Doug Shedden. 

Kein Team kann seine Form über 50 Runden halten. Je besser die Klassierung, desto weniger wirkt sich eine Formkrise aus. Oder anders gesagt: Die Sünden des Herbstes werden nicht vergeben. Wer schwach in die Saison startet, hat einen «Sockelrückstand», der nicht mehr aufgeholt werden kann. Eine Siegesserie bringt eine Mannschaft zwar wieder über den Trennstrich. Aber die nächste Krise führt wieder zum Sturz in die Abstiegsrundenplätze. 

Der SCB kam beispielsweise nach einer Krise im Spätherbst 2013 nach der Entlassung von Antti Törmänen wieder in Schwung, gewann acht Partien hintereinander (!) und kletterte auf einen Playoffplatz. Aber wegen der Sünden des Herbst eben nicht hoch genug. Am Schluss scheiterten die Berner doch.

Ist Felix Hollenstein der Richtige?

Die aktuellen Sprüche der Kloten Flyers nach dem 0:3 in Zug («Wir müssen uns Schritt für Schritt aus der Krise herausarbeiten») haben wir von den später gescheiterten Titanen der Liga während einer Herbst-Depression schon oft gehört. Soll die Wende gelingen, dann ist es in Kloten an der Zeit, die Frage zu stellen, die niemand zu stellen wagt. Niemand stellen darf. Niemand stellen will. Ist Felix Hollenstein, der inzwischen nicht mehr charismatische «Hockey-Gott» aus dem Dorfe, wirklich ein grosser Trainer? 

An Talent mangelt es nicht. Weshalb bringt Hollenstein keine konkurrenzfähige Truppe auf die Beine?
An Talent mangelt es nicht. Weshalb bringt Hollenstein keine konkurrenzfähige Truppe auf die Beine?Bild: Daniela Frutiger/freshfocus

Es gebricht ja Kloten weder an Talent noch an Erfahrung oder Geld in der Transferkriegskasse. Es fehlen die Elemente, für die einzig und allein der Trainer zuständig ist: Die taktische Ordnung und die Leidenschaft. Elemente, die es beispielsweise Aussenseitern wie Biel und Ambri immer wieder ermöglichen, weit über sich hinauszuwachsen.

Ist es am Ende gar so, dass Felix Hollenstein letzte Saison auf dem Weg ins Playoff-Finale noch von den letzten Resten des Systems profitierte und auf den taktischen Geleisen fuhr, die sein Freund Anders Eldebrink als Cheftrainer von 2004 bis 2012 gelegt hatte?

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Wegweisendes Duell mit Anders Eldebrink

Solche Fragen sind in Kloten Ketzerei. Sie würden den rechten Glauben an den Trainer erschüttern. Und das darf nicht sein. Heute Abend kommt nun Andes Eldebrink mit den Lakers nach Kloten. Unter Tomas Tamfal hatten die Flyers am 16. Februar 2013 die Lakers noch mit 12:0 vom Eis geputzt. 

Anders Eldebrink ist heute zu Gast in Kloten. 
Anders Eldebrink ist heute zu Gast in Kloten. Bild: KEYSTONE

Das ist der objektive Massstab, an dem Klotens Trainer heute Abend gemessen werden sollten. Tomas Tamfal ist übrigens sechs Tage nach diesem 12:0 gefeuert und durch Felix Hollenstein ersetzt worden. Obwohl das Team noch auf einem Playoffplatz stand. Anschliessend stürzten die Klotener in die Playouts 2013.

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