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Sieben Niederlagen hintereinander. Für den Playoff-Finalisten. Im Selbstverständnis eines der infrastrukturell, wirtschaftlich und sportlich führenden Hockey-Unternehmen im Land. Mit einem eigenen Farmteam. Und rechnen wir die Niederlage in der Champions Hockey League in Brünn dazu, sind es sogar acht Niederlagen in Folge ...
Unter normalen Umständen bereitet sich der Trainer nach einer solchen Serie darauf vor, seine Siebensachen zu packen. Und tatsächlich: Nach dem Spiel sagt Präsident Hans-Peter Strebel unten im Bauch des Berner Hockeytempels vor der Zuger Garderobe zu seinem Chefcoach: «Also, bis morgen.» Der Chronist, der nun denkt, der grosse Vorsitzende habe Harold Kreis zum sonntäglichen Krisengespräch und eventueller Entlassung ins Büro zitiert, irrt sich: Die beiden sehen sich am Sonntag im Rahmen eines schon lange arrangierten, friedlichen Fondues mit der Mannschaft.
Zugs Krise ist vorerst nur statistischer Natur. Oder anders gesagt: In Zug ist Krise ohne Krisenstimmung. Das ist ein überaus seltenes Phänomen und fast nur in Zug in dieser Form denkbar. Es ist die erstaunlichste Krise der Neuzeit.
In Zug hat die Geduld des Präsidenten und des Managers (Patrick Lengwiler) und des Sportchefs (Reto Kläy) Kultstatus. Die Position von Trainer Harold Kreis, mit Vertrag bis 2019, steht also auch nach sieben Pleiten in Serie nicht zur Debatte. Für die ausbleibenden Resultate gibt es gute Gründe. Wie die Liste der verletzten Spieler. Allerdings muss auch die Konkurrenz immer wieder auf blessierte wichtige Spieler verzichten.
Der Meister und Tabellenführer musste (oder muss) diese Saison zeitweise auch ohne Eric Blum, Beat Gerber, Calle Andersson oder Alain Berger auskommen. Eigentlich müsste Zug mit seinem Farmteam dazu in der Lage sein, auch bei Ausfällen von wichtigen Spielern eine Krise zu vermeiden. Da spielt es eine Rolle, dass halt Harold Kreis die Routiniers gerne forciert – auch in guten Zeiten, wenn dazu keine Notwendigkeit besteht. Tja, lieber Harold: Fördere die Hinterbänkler in der Zeit, dann hast du sie in der Not.
Ein Grund für die Krise ist auch das Fehlen eines charismatischen Leitwolfes. Captain Raphael Diaz ist wahrscheinlich der beste Mitläufer unserer neueren Hockeygeschichte. Das sagt, schreibt oder sendet so in Zug natürlich niemand. Schliesslich ist der bestbezahlte Zuger Schweizer Spieler aller Zeiten ein Musterprofi ohne Fehl und Tadel. Aber auch ohne Ecken und Kanten wie sein Vorgänger Josh Holden. Und mit der Neigung, zu viel des Guten zu wollen. Mit der Zusatzbelastung des Captain-Amtes tut man ihm mit ziemlicher Sicherheit keinen Gefallen.
So kommt es, dass Raphael Diaz Zugs «Captain Minus» geworden ist. Mit einer Bilanz von minus fünf ist er in dieser Statistik das Schlusslicht der Zuger Abwehrspieler. Zum Vergleich die Werte seiner Verteidiger-Kollegen: Timo Helbling (+4), Robin Grossmann (+3), Dominik Schlumpf (+2), Johan Morant (-1), Tobias Fohrler (-2), Tobias Geisser (-3).
Zug hat bisher 52 Tore kassiert. Der SCB 34. Zugs Krise ist mehr defensiver als offensiver Natur. Harold Kreis hütet sich vor einer Einzelkritik bei dieser Thematik wie der Teufel vor dem geweihten Wasser. Räumt aber ein: «Es gibt Steigerungspotenzial …»
Zugs Cheftrainer erntet nun in schwierigen Zeiten die Früchte seines freundlichen Umgangs mit den Spielern. Die Mannschaft ist selbst nach sieben Niederlagen hintereinander intakt. Der Trainer sagt es so: «Die Jungs arbeiten hart, sie sind mit dem Herz dabei. Das ist entscheidend». Die «weichen» Faktoren stimmen also. Harold Kreis sagt, dies sei auch der Grund, warum er nicht tobe.
Den Eindruck einer Krise ohne Krisenstimmung bestätigt das verlorene Spiel in Bern.
Die Zuger waren einer Überraschung lange Zeit ganz nahe. Aber aller Anfang war schwer. Und wie sich weisen sollte, zu schwer. Die Berner waren nach einem 6:1 in Davos dem Wonnebad des Selbstvertrauens entstiegen. Die Zuger kamen hingegen nach der Heimpleite gegen Gottéron unter einer kalten Dusche hervor. «Diese Niederlage hat uns schon etwas geknickt, das haben wir am Anfang gespürt», sagt Harold Kreis.
Diese kleine Verunsicherung lenkte die Partie in eine Richtung, die nicht mehr zu korrigieren war. Nach knapp zehn Minuten führte der Meister 2:0 – den ersten Treffer hatten die Berner in Unterzahl gebucht (!), den zweiten im Powerplay. Damit war eigentlich alles klar. Die Zuger erholten sich zwar, brachten ihre taktische Haushaltung in Ordnung, spielten einfach, wahr und klar und waren fast ein wenig verwundert, dass ihnen nicht noch mehr Unheil widerfuhr. Torhüter Tobias Stephan hielt seine Vorderleute im Spiel (94,87 Prozent Abwehrquote). Die anfänglich etwas verzagten Zuger wurden mutiger, entwickelten in lichten Momenten Dynamik im Offensivspiel. Im Schlussdrittel begegneten sie dem Meister auf Augenhöhe – keine Spur von Krise.
Aber es blieb beim 2:1 für den SC Bern und einer kuriosen Statistik: Die Zuger haben bei fünf gegen fünf Feldspieler 1:0 gewonnen – aber ein Gegentreffer in Unter- und in Überzahl hat in die Niederlage geführt. Harold Kreis sagte zwar, er könne sich nicht erinnern, je als Trainer sieben Spiele hintereinander verloren zu haben. Aber beunruhigt war er nicht. Er haderte ein wenig mit dem Verletzungspech («Schauen sie die Mannschaftsaufstellung des Gegners an – und dann die von uns») und lobte SCB-Torhüter Leonardo Genoni (der 95,83 Prozent der Schüsse hielt).
Der Ernst des Lebens beginnt sowieso erst nach der Nationalmannschaftspause. Mit den wegweisenden Partien nacheinander gegen Biel (14. November), Servette (16. November) und Ambri (17. November).
Wenn da wie Resultate wieder nicht stimmen, wenn es die Niederlagen Nummer 8, 9 und 10 absetzen sollte, dann wird der Präsident nach einem Spiel erneut zu seinem Cheftrainer sagen: «Also, bis morgen». Aber nicht um gemeinsam Fondue zu speisen.