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Schweizer CHL-Versagen – wie der Schweizer Cup, nur ein bisschen seriöser

Zurich's Niklas Schlegel reacts during the Champions Hockey League match between Switzerland's ZSC Lions and Czech Republic's HC Bili Tygri Liberec in Zurich, Switzerland, Tuesday, Dece ...
Niklas Schlegel ist geschlagen, die ZSC Lions aus der Champions Hockey League ausgeschieden.Bild: KEYSTONE
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ZSC und Bern versagen in der CHL – wie der Schweizer Cup, nur ein bisschen seriöser

Die letzten beiden Schweizer Vertreter sind in der Champions Hockey League in den Viertelfinals gescheitert. Weil sie den Wettbewerb nicht ernst nehmen.
13.12.2017, 14:41
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Beginnen wir mit dem Hauptgrund für das frühe Scheitern. Sozusagen den Wurzeln allen Übels. Die Champions Hockey League ist und bleibt für die Schweizer Clubs ein Operetten-Wettbewerb. Ein bisschen seriöser als der auf die Saison 2014/15 wieder eingeführte Cup. Aber nicht viel.

Gegen diese Behauptung gibt es natürlich vehementen Widerspruch. Erklärungen, wie ernst man diesen Wettbewerb nehme. Wie toll die internationale Herausforderung sei.

Die Highlights der Partie Växjö vs. Bern.Video: YouTube/Champions Hockey League
Die Highlights der Partie ZSC Lions vs. Liberec.Video: YouTube/Champions Hockey League

Alles nur Lippenbekenntnisse. Hat denn je irgendjemand gehört, dass in Basel vor jeder Saison erklärt wird, man nehme die Champions League ernst? Hat je irgendein Funktionär der Bayern oder Barcelonas erklärt, die Champions League sei wichtig? Eben. Wer dauernd erklären muss, man nehme etwas ernst, nimmt etwas eben nicht ernst.

Keine echte TV-Präsenz

Das ist logisch. Die Champions Hockey League hat weder echte TV-Präsenz noch ist sie für die Klubs ein Geschäft noch mobilisiert sie die Zuschauer noch steigert sie den Marktwert eines Spielers. Ein zusätzlicher Wettbewerb, bei dem die Klubs ihre Saisonkartenbesitzer gratis ins Stadion lassen, hat nun mal keinen Stellenwert. Ein Wettbewerb, der von einem Nischen-Bezahlsender übertragen wird, hat keinerlei Ausstrahlung ins Publikum. Wahrscheinlich verdoppelt sich die Einschaltquote, wenn der Reporter eines Champions-Hockey-League-Spiels heiratet.

Ja, es ist wahr: Die Champions Hockey League ist an und für sich eine tolle Sache. Aber das Publikum weiss es nicht. So lange es keine nennenswerte TV-Präsenz gibt, wird das so bleiben. Es kommt im richtigen Fernsehen, also existiert es. Und sonst nicht. So einfach ist das heute im Sport-Business.

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Es wird zwar gefilmt, doch nur was im «richtigen Fernsehen» kommt, existiert in der Sportwelt auch.Bild: KEYSTONE

Die NLA ist und bleibt eine der besten Ligen ausserhalb der NHL. Daran ändert auch das frühe Scheitern der Berner und Zürcher in der paneuropäischen Konkurrenz nichts. Die enormen Fortschritte unseres Hockeys lassen sich noch immer am besten an den Resultaten unserer Klubteams aufzeigen. In den 1980er-Jahren war es eine Sensation, wenn die Schweizer Klubs gegen skandinavische, tschechoslowakische oder sowjetische Klubs nicht hoch verloren.

Fatal: CHL-Out bleibt ohne Konsequenzen

Heute sind Siege gegen solche Klubs eine Selbstverständlichkeit. Die ZSC Lions haben ja auch 2009 die erste Neuausgabe der Champions Hockey League gewonnen – und damals machten die Russen noch mit. Jetzt ist die KHL nicht dabei – ein weiterer gravierender Fehler dieses europäischen Wettbewerbs.

Ari Sulander of Swiss team ZSC Lions lifts the trophy after winning the Ice Hockey Champions League final match against Metallurg Magnitogorsk in Rapperswil, Switzerland, pictured on January 28, 2009. ...
Ari Sulander stemmt 2009 den Champions-League-Pokal.Bild: KEYSTONE

Aber die Ausgeglichenheit zwischen den Ligen ist gross. So gross, dass Details entscheiden. Wie in der heimischen Meisterschaft auch. Der SC Bern und die ZSC Lions hätten das Potenzial, um die Champions Hockey League zu gewinnen. Aber weder in Bern noch in Zürich sind diese Spiele so ernst genommen worden, wie es notwendig wäre, um sie zu gewinnen.

Nun sagt man uns natürlich: Doch, doch, man habe alles unternommen, um die Halbfinals zu erreichen. Das mag oberflächlich sogar stimmen. Aber wenn von allem Anfang an von ganz oben bis ganz unten jedem klar ist, dass ein Scheitern in einem sportlichen Wettbewerb keinerlei Konsequenzen hat und vom Publikum mit einem «na und?» quittiert wird, dann gibt es nicht die tiefe, seriöse Vorbereitung, ohne die im Sport keine ausserordentlichen Leistungen möglich sind. Und um in der Champions Hockey League in die Halbfinals zu kommen, ist diese Extra-Leistung für einen Schweizer Vertreter notwendig.

epa06301413 Bern's goalkeeper Leonardo Genoni (C) looks on after Munich's Keith Aucoin (back L) scored the 1-1 during the Champions Hockey League round of 16 match between Switzerland's ...
Wen kümmert das Ausscheiden in der Champions Hockey League? Vielleicht ein paar Fans – für ein paar Tage.Bild: EPA/KEYSTONE

Titelverteidiger und Tabellenführer SCB ist gegen die beste schwedische Klubmannschaft nur knapp gescheitert. Die ZSC Lions befinden sich in einer weitgehend selbst gebastelten Krise und scheiterten knapp gegen den Vertreter aus der tschechischen Liga. Das mag das hohe Niveau unserer Liga zeigen.

NLA-Spiele sind wichtiger 

Die Champions Hockey League ist und bleibt ein internationaler Wettbewerb, der das europäische Eishockey bereichern könnte. Aber solange dieser Wettbewerb für die Klubs kein Geschäft ist und keine nennenswerte TV-Präsenz hat, so lange wird er eine Operetten-Veranstaltung bleiben. Nett zwar, sicherlich seriöser als der Schweizer Cup. Aber halt bloss ein bisschen Abwechslung. Spiele, die man besucht, wenn man grad nichts Besseres vorhat. Aber seine persönliche Agenda nach diesen Partien ausrichten? Nein.

In Bern bleiben die Partien gegen Ambri oder Biel für den Präsidenten, den Manager, den Sportchef, den Trainer, den Materialwart, die Spieler, die Fans und die Medienvertreter wichtiger als die Champions Hockey League. In Zürich die Spiele gegen Davos oder Kloten auch.

Zurich's Mike Kuenzle, left, and Roger Karrer reacts during the Champions Hockey League match between Switzerland's ZSC Lions and Czech Republic's HC Bili Tygri Liberec in Zurich, Switz ...
Nur 3412 Zuschauer «verirrten» sich gestern Abend ins Hallenstadion.Bild: KEYSTONE

Erst wenn niemand mehr vor und während der Saison erklärt, man nehme die Champions Hockey League ernst, wenn kein Klub mehr seine Fans für diese Spiele gratis ins Stadion lässt, wenn das «richtige» Fernsehen jede Partie live überträgt, ist die Champions Hockey League ein sportlicher Wettbewerb, der die Konkurrenzfähigkeit einer Liga spiegelt.

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quelle: keystone / ennio leanza
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56 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pana
13.12.2017 13:03registriert Juni 2015
Wieso die Fans lieber eines von 50 relativ unwichtigen Qualispielen gegen die ständig selben Gegner schauen gehen, statt ein Duell gegen ein ausländisches Spitzenteam, ist mir schleierhaft. Egal wie populär das Turnier im TV ist, das Hockeyherz müsste doch höher schlagen.
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TheDan
13.12.2017 13:32registriert Oktober 2016
Das mangelnde Interesse am CL Turnier kann ich als regelmässiger Matchbesucher im Hallenstadion nicht nachvollziehen. Jedes einzelne CL Spiel hatte mindestens eine so hohe Intensität und Spannung wie die besten Qualispiele z.B. gegen den SCB. Für mich sind die CL Spiele viel geiler als unsere Quali und ein Vorgeschmack auf die Playoffs.
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ralck
13.12.2017 13:30registriert Juni 2015
Mir persönlich gefällt die CHL sehr. Sie ist abwechslungsreich, man lernt neue Teams kennen, neue Kulturen und neue Stadien. In Tschechien bezahlten wir ein paar Rappen für den Eintritt und in Schweden wurden wir in der Zeitung als geile und laute Fans gelobt. Nach Deutschland würde ich gerne endlich, Wales war leider organisatorisch für mich nicht möglich. Im Stadion in der Schweiz verpasste ich aber kein CHL-Spiel. Schade wenn ich damit zur Minderheit gehöre…
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