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Kürzlich rief mich ein Spieleragent an. Ob ich ihm die Liste mit der Adresse der Sportchefs der NLA- und NLB-Klubs hätte. Meine Frage war: Wofür? «Für Todd Elik.»
Ausgerechnet Todd Elik. Der mittlerweile 49-jährige Kanadier hat mich immer fasziniert. Ich sah ihn Anfang der 1990er Jahre im damals glamourösesten Hokeyteam der Welt an der Seite von Wayne Gretzky stürmen. Bei den Los Angeles Kings. Und er sass mit den Hollywood-Stars zu Tische. Todd Elik in der NLA? Das konnte ich mir damals nicht vorstellen.
Und jetzt die Frage nach den Adressen. Weil Todd Elik einen Job sucht. Und ihm in der Schweiz keiner eine Chance geben will. Oder besser: Weil niemand den Mut hat, ihm im richtigen Hockey eine Chance zu geben.
Ein Blick zurück: Todd Elik steht zwischen 1997 und 2010 bei Lugano, Langnau, Zug, Davos, Langenthal und im Thurgau in Lohn und Brot. Er geniesst Kultstatus. Denn er ist nicht nur ein exzellenter, eigenwilliger, unberechenbarer und bisweilen genialer Spieler, der im Alleingang Partien entscheiden kann. Er inszeniert Hockey wie ein Rockstar. Der fünfte Beatle unseres Hockeys. Er verkörpert das Böse und das Gute, lehnte sich als Rebell gegen vermeintliches und echtes Unrecht auf. In 315 NLA-Partien sitzt er 1274 Strafminuten ab. Viele davon, weil es sein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit nicht zulässt, eine Strafe kommentarlos hinzunehmen. Wenn es um den Erfolg seines Teams geht, macht er keine diplomatischen und sonstigen Kompromisse.
Aber das Leben nach der Karriere ist manchmal nicht einfach. Das Problem ist nicht, dass einer nicht genug verdient hat um den Rest des Lebens finanziell sorgenfrei zu verbringen. Es geht nicht um Geld. Es geht um einen neuen Sinn im Leben. Es geht um eine neue Herausforderung.
Das Leben als Spieler war geregelt, intensiv und aufregend. Das Leben nach der Karriere ist nicht mehr geregelt und langweilig. Deshalb kommen gerade die grossen Spieler oft nicht mehr vom Hockey los. Sie wollen die Kameraderie, das Leben zwischen Kabine, Bus und Bar, die Herausforderung, die Intensität nicht mehr missen. Deshalb suchen gerade die Nordamerikaner nach ihrer Karriere den Einstieg ins Trainergeschäft. Sie haben es nach der Karriere schwerer als die Schweizer, die in der Regel parallel zum Hockey eine Ausbildung gemacht, hie und da ein bisschen gearbeitet oder gar studiert haben. Die Kanadier waren meist fern der Heimat. Als Nomaden des Sportes haben viele keine Berufsausbildung. Sie haben «nur» Hockey gelernt.
So ist es auch bei Todd Elik. Er hat keine finanziellen Sorgen. Seine Frau ist berufstätig. Er hat während seiner Hockey-Karriere gut verdient. Es geht ihm gut. Er braucht bloss eine neue Herausforderung.
Aber eben: Wer an der Bande Karriere machen will, muss ein sehr gutes Beziehungsnetz in Nordamerika haben. Für NHL-Stars selten ein Problem. Sie kennen genug Leute, die ihnen einen Job verschaffen. Im nordamerikanischen Hockey gibt es viele Jobs für ehemalige Spieler. Die Besten werden General Manager oder Coaches in der NHL. Es gibt aber auch Arbeit ausserhalb der NHL. In den Farmteam-, Junioren- oder Universitäts-Ligen. Nicht nur als Trainer. Auch in den Büros oder als Talentsucher.
Todd Elik hat dieses Beziehungsnetz nicht. Er hat die NHL bereits 1997 verlassen und ist dort beinahe vergessen gegangen. In Europa hat er sich kein neues Beziehungsnetz aufgebaut. Dafür war er einfach zu eigenwillig, zu rebellisch und er hat sich zu viele Feinde gemacht. Sein Name weckt zu grosse Emotionen.
2010 kehrt Todd Elik nach Nordamerika zurück. Er arbeitet in Regina in einem Stahlwerk. «Diese Arbeit war höllisch. Zwölf Stunden am Tag. Aber die Bezahlung gut.» Er erinnert sich an die guten Zeiten in der Schweiz. Er möchte bei uns Trainer werden. Er ist bereit, auch ganz unten im Amateurhockey anzufangen. Schliesslich bekommt er im August 2014 den Job als Trainer beim Erstligisten St.Imier. Es ist sein erster Trainerjob im Hockey der Erwachsenen. Todd Elik verdient nicht einmal 50'000 Franken. Ein grauer Ort. Zwischen den Jurabergen. Im Winter wenig Sonne, viel Kälte und oft Nebel. Welch ein Gegensatz zu den sonnigen Städten, wo er einst ein Star war, in Los Angeles, Lugano oder Langnau. Langnau ist neben Davos der sonnenreichste Ort der Alpen-Nordseite.
Aber Todd Elik klagt nicht. Er betrachtet diesen Job als Anschubinvestition für das Leben nach der Karriere. Seine Hoffnung: Vielleicht gelingt so der Einstieg ins Trainergeschäft. Vielleicht holt ihn jemand hier raus.
Aber die Hoffnung hat sich nicht erfüllt. In der ersten Saison (2014/15) vollbringt er sportliche Wunder. Viele erwarten, dass er an der Bande mal ausrastet. Doch das ist nicht der Fall. Mit bewundernswerter Gelassenheit führt er sein Team mit sensationellem Erfolg, den ausserhalb des Tals niemand zur Kenntnis nimmt. Beinahe schafft er mit dem Abstiegskandidaten die Playoffs.
Aber der Start zur zweiten Saison im Herbst 2015 wird schwierig. Die Eismaschine fällt aus. Kein Eis in St.Imier. Er muss in der Saisonvorbereitung mit seinen Jungs auf andere Eisbahnen im Jura ausweichen. «Natürlich war das kein Vergnügen. Aber da war nichts zu machen und so haben wir eben das Beste aus der Situation gemacht.» Das Beste in einer so schwierigen Situation ist nicht gut genug. Nach 13 Runden hat St.Imier erst zwölf Punkte und so wird Todd Elik am 18. November suspendiert.
Er ist im 5000-Seelen-Dorf geblieben, trainiert, bis er etwas anderes findet, weiterhin die Junioren und hofft auf ein Angebot. Und sei es nur als Assistent. Er wartet darauf, dass ihn jemand aus dieser tiefen Hockeyprovinz hinter den sieben Jurabergen wie Dornröschen aus dem Märchenschloss befreit. Wenn es denn geht, nicht erst nach 100 Jahren wie bei Dornröschen.
Er hat den Agenten gewechselt. Nun versucht einer, der sich sonst um Filmschauspieler und Fussball-Weltstars kümmert, für Todd Elik einen Job zu finden. Deshalb die Frage nach den Adressen. Im Dezember haben alle Sportchefs der Nationalliga ein Empfehlungsschreiben bekommen, das dieser Agent für Todd Elik aufgesetzt hat. Der Rock'n'Roller hat sich in Erinnerung gerufen. Er hat fünf Antworten bekommen. Höfliche Absagen.
Niemand will ihm einen Job geben. Es scheint, als sei Todd Elik unvermittelbar. Es sind nicht fehlende fachliche Qualifikationen. Er hat schon mehr über Hockey vergessen, als unsere Sportchefs je über das Spiel auf der rutschigen Unterlage gewusst haben. Es ist etwas anderes: Eine Furcht vor dem eigenwilligen Rock'n'Roller, der zu unverblümt sagt, was er denkt. Zu sehr zeigt, was er fühlt und zu kompromisslos den Erfolg sucht. Die letzte Absage ist aus Visp gekommen. Der neue Trainer Scott Beattie wollte ihn als Assistenten. Aber das Management bewilligte die Anstellung nicht. Aus finanziellen Gründen.
Eigentlich sind die Sportchefs Feiglinge.
ich würde ihm eine trainerkarriere in der CH herzlichst gönnen und glaube gerade weill er auch finanziell unabhängig ist, der wird die chance packen!