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Beide haben das gleiche Experiment gewagt. Ambri ist dabei einer der erstaunlichsten Erfolge der Neuzeit geglückt. Die Klotener haben hingegen kläglich versagt, die Playout-Serie 1:4 verloren und müssen nun in der Liga-Qualifikation ihren NLA-Platz gegen den B-Meister verteidigen. Obwohl sie die nominell bessere Mannschaft als Ambri hatten. Warum?
Ambri hat die Rückkehr zur finanziellen Vernunft und zu den eigenen Wurzeln konsequent durchgezogen. Wohl wissend, dass ein so riskantes Experiment «halbbatzig» keine Erfolgschance hat.
Der wichtigste Entscheid war die Berufung zweier Persönlichkeiten aus dem eigenen Kulturkreis in die zentralen sportlichen Positionen: Trainer Luca Cereda und Sportchef Paolo Duca sind in Ambri gross geworden, haben die Welt auch auf der anderen Seite der Alpen gesehen, Luca Cereda war sogar in Nordamerika.
Die Fachkompetenz nach innen und aussen war von allem Anfang an unbestritten. Weil von allem Anfang an wahr und klar die Ziele definiert worden sind, konnten in Ambri Sportchef und Trainer in Ruhe arbeiten. Nie haben Intrigen und Unruhen Energie gekostet. In Ambri sind alle Worte in Taten umgesetzt worden und alle haben mit einer Stimme gesprochen.
Normalerweise werden Meistermacher zu Trainern des Jahres erkoren. Wenn wir in unserem Hockey analog der NHL auch einen Trainer des Jahres wählen würden, dann käme dafür nur Luca Cereda in Frage.
Er hat seine Philosophie vom ersten bis zum letzten Spiel kompromisslos und ohne Rücksicht auf Namen durchgesetzt und sich auch in kritischen Phasen nie beirren lassen. Thibaut Monnet und Peter Guggisberg, die teuersten Schweizer Spieler, sassen bald einmal nicht nur wegen Verletzungen, sondern wegen ungenügender Leistung auf der Tribüne. In Kloten hatten bisher selbst allermiserabelste Leistungen noch nie Konsequenzen.
Der Zusammenhalt der Mannschaft ist in Ambri so gut, dass sie sich auch durch Schicksalsschläge nicht beirren liess. Der Ausfall von Captain Michael Fora (verletzt) und Verteidigungsminister Nick Plastino (verletzt nach Autounfall) hatte in den Playouts praktisch keinen Einfluss auf die Spielstärke der Mannschaft. Wenn je der Spruch «Namen sind nur auf dem Leibchen aufgenähte Buchstaben» in die Wirklichkeit umgesetzt worden ist, dann diese Saison in Ambri.
➡️ @HCAP1937 darf in die Ferien 🏝️, der @EHC_Kloten_1934 muss in die Liqaquali! #MySportsCH #HomeofSports #NationalLeague pic.twitter.com/iVORoslCka
— MySportsCH (@MySports_CH) 5. April 2018
Wir haben das beste Ambri aller Zeiten gesehen. Gewiss, Ambri war sportlich schon besser, ja sogar schon Qualifikationssieger, Playoff-Finalist (1999) und Sieger in europäischen Klubwettbewerben.
Diesem kurzen Wahn folgten lange Jahre der Reue, der Schulden und der sportlichen Depression. Doch jetzt haben wir das beste, zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg (1985) das wahre, das echte Ambri gesehen. Noch nie seit Einführung der Playoffs (1986) hatte eine Klubführung den Mut zu einem so radikalen Schritt zurück zur Vernunft – am nächsten kommt Ambri in dieser Beziehung der HC Davos.
die letzte #montanara ist die schönste! grazie ragazzi per la salvezza! auch nächste saison sehen wir nla-eishockey in der #valascia
— Tiziano Ceresa (@TizCeresa) 5. April 2018
Nichts ist schwieriger als eine Mannschaft, die mehr verliert als gewinnt, durch die Qualifikation zu bringen und zum Schluss eine Playoffserie (die Playouts) zu gewinnen. Luca Cereda hat diese Herausforderung grandios gemeistert. Ambris Weg durch die nun erfolgreich abgeschlossene Saison müsste eigentlich zu einem Lehrfilm verarbeitet werden. Die Frage ist ja auch: Ermutigt das Beispiel Ambri auch andere Hockeyunternehmen?
Zum z’Morge gibt’s gleich einmal die "La Montanara" 🎶 Gänsehaut! 🔵⚪️ #MySportsCH #HomeofSports #NationalLeague pic.twitter.com/L95sfLTCm0
— MySportsCH (@MySports_CH) 28. März 2018
Kloten hatte auch den Mut zur Rückkehr zur finanziellen Vernunft. Aber keinen Plan, keine Strategie, keine Vision und keine Männer, die dazu in der Lage sind, einen so radikalen Schritt klug und vernünftig umzusetzen. Deshalb haben sich die Klotener auf dem Weg zurück zur Vernunft und zu den eigenen Wurzeln verirrt.
Noch selten trifft der Spruch «Löwen, geführt von Eseln» so zu wie in Kloten. Wahrscheinlich hat es seit Einführung der Playoffs (1986) noch nie ein solches sportliches Missmanagement gegeben wie in den letzten fünf Jahren in Kloten. Am schlimmsten war es nun in dieser Saison.
Durch den Verzicht auf die Besetzung aller vier Ausländerpositionen war die Saison bereits ruiniert, bevor sie angefangen hatte. Dieser Fehler war nicht mehr zu korrigieren – und am Schluss mussten dann doch sieben Ausländerlizenzen gelöst werden. Und nicht einer der nachträglich doch noch verpflichteten ausländischen Spieler hat die Erwartungen erfüllt.
Das Auseinanderbrechen der Mannschaft war aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu verhindern, hätte aber viel besser gemanagt werden können. Durch fortgesetztes Lügen ist die Vertrauensbasis ruiniert worden.
Captain Denis Hollenstein unterschrieb früh einen Fünfjahresvertrag bei den ZSC Lions und hatte nicht den Mut, dazu zu stehen. Erst nach wochenlangen Gerüchten folgte schliesslich doch noch ein Transfer-Geständnis. So verhalten sich kleine Spieler. Kloten hat in der Playoutserie ein Spiel gewonnen. Jenes, wo Denis Hollenstein wegen einer Sperre auf der Tribüne sass.
Zum Vergleich: Leonardo Genoni unterschrieb, als er noch Torhüter beim HC Davos war, bereits im Herbst 2015 beim SC Bern. Kaum war die Tinte trocken, bestätigten Leonardo Genoni und der SCB den Transfer und im Sommer 2016 zog er nach Bern. So verhalten sich grosse Spieler.
In Ambri mischte sich Präsident Filippo Lombardi, aus Erfahrung klug geworden, nicht mehr ins sportliche Tagesgeschäft ein. In Kloten ist Präsident Hans-Ueli Lehmann, mit den besonderen Gesetzen des Sportes so wenig vertraut wie ein Tuareg mit der Polarforschung, ein ständiger Störfaktor. Die Differenz zwischen Worten und Taten ist einfach zu gross.
In Ambri ist es gelungen, mit Luca Cereda und Paolo Duca für die sportlichen Schlüsselpositionen (Trainer, Sportchef) Persönlichkeiten der eigenen Hockeykultur zu finden.
In Kloten reden viele rein, aber die Verantwortung scheuen gerade die in Kloten gross und reich gewordenen Legenden wie der Teufel das geweihte Wasser. Aber eine neue Philosophie können letztlich wohl nur ein Sportchef und ein Trainer aus der eigenen Klubkultur entwickeln und nach innen und aussen verkaufen und durchsetzen.
Noch ist Kloten nicht verloren. Vier Siege gegen den Sieger der Swiss League genügen zum Ligaerhalt. Nun geht wenigstens Präsident Hans-Ueli Lehmanns Wunsch in Erfüllung: Kloten muss nicht mehr vier Ausländer einsetzen. In der Liga-Qualifikation sind nur drei erlaubt. Wenn sich Kloten retten sollte, dann wird die Mannschaft, wenn der Präsident weiterhin so fuhrwerkt, nächste Saison in der NLA nicht zehn Spiele gewinnen.
Aber es gibt auch die Chance, vom echten Ambri zu lernen und nächste Saison als «urbanes Ambri» den Ligaerhalt oder den Wiederaufstieg zu schaffen.