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Der HC Davos muss weiterhin auf den nächsten Spengler-Cup-Final und Turniersieg seit 2012 warten. Gegen die Kanadier setzte es eine 5:6-Niederlage ab. Die Enttäuschung hält sich allerdings in Grenzen. Ja, letztlich ist es eine Niederlage, die alle glücklich macht.
Glücklich mit einer Niederlage? Eine so widersprüchliche Situation gibt es wahrlich nur beim Spengler Cup 2015.
Eine Szene nach dem Spektakel-Spiel zwischen dem HC Davos und Team Canada hilft uns zu verstehen, wie so etwas möglich geworden ist. HCD-Trainer Arno Del Curto kehrt in die Kabine zurück. Ein Chronist fragt ihn: «Arno, kommst du nachher noch für Interviews?» Er sagt freundlich: «Nein» – «Warum nicht» – «Ich muss das Spiel gegen Frölunda vorbereiten.»
Die HCD-Kabine ist im Bauch des Stadions gleich gegenüber der Lugano-Garderobe und vor der Tür steht Luganos Trainer Doug Shedden. Er fragt: «Was hat der Arno gesagt?» – «Er komme nicht mehr zu Interviews» – «Warum denn?» – «Weil er das Champions-League-Spiel gegen Frölunda vorbereiten muss». – «Aha, wann ist das?» – «Am 12. Januar» – «Ach so, dann hat er ja noch ein bisschen Zeit …»
Die Champions Hockey League geisterte während des ganzen Spengler Cups 2015 durch die Kabinengänge. Arno Del Curto hat sich in den Kopf gesetzt, den europäischen Klubwettbewerb zu gewinnen. Am 12. Januar ist das Halbfinal-Heimspiel, am 19. Januar die Auswärtspartie gegen das schwedische Spitzenteam Frölunda. Und so kommt es, dass Arno Del Curto über diese Halbfinalniederlage nicht sooo unglücklich ist: seine Jungs haben nun einen Ruhetag mehr. Sie müssen heute nicht mehr antreten. Ja, schon eine Niederlage im Viertelfinale gegen Jokerit Helsinki hätte den HCD-Trainer nicht so sehr betrübt. Aber ein Schelm, wer denkt, er habe deshalb gegen die Finnen Gilles Senn statt Leonardo Genoni eingesetzt.
Es ist eine bittere Ironie des Schicksals, dass der HCD in der 18. Minute mit dem Powerstürmer Gregory Sciaroni einen seiner wichtigsten Spieler verloren hat. Er erlitt bei einem Zusammenstoss an der Bande mit Chris DiDomenico (also kein Foul) eine Verrenkung des Handwurzelknochens und dabei sind auch Bänder gerissen.
Der Nationalstürmer fällt für zwölf Wochen und damit auch fürs Champions-Hockey-League-Halbfinale aus. Der Pechvogel ist noch gestern Abend mit dem Helikopter in die Handchirurgie des Kantonsspitals Chur geflogen und dort während zwei Stunden erfolgreich operiert worden. Dabei wurden die Knochen wieder an den richtigen Platz gesetzt und die gerissenen Bänder fixiert. Die Verletzung sei komplizierter als ein Bruch. Hätte Davos das Halbfinale nicht erreicht, wäre das nicht passiert.
Das Champions-League-Abenteuer dürfte nun auch einen Einfluss auf die Meisterschaft haben. Der HCD spielt bis am 12. Januar gegen die ZSC Lions (zweimal), Kloten und Langnau. Ohne jede Boshaftigkeit dürfen wir sagen: die Chancen, in diesen Partien gegen den HCD zu punkten, stehen gut. Denn Arno Del Curto wird mit einem Energie-Schonprogramm spielen.
Die HCD-Niederlage beziehungsweise der Sieg von Team Canada hilft aber auch Guy Boucher. Der ehemalige NHL-Operettentrainer, der in seiner ganzen Karriere im Profi-Hockey noch nie etwas gewonnen hat ausser dem Schweizer Cup, bekommt nun die Chance, wenigstens mit Team Canada den Spengler Cup zu holen. Mit Live-Übertragung nach Kanada.
Guy Boucher will ja unbedingt in die NHL zurück – da kann ein bisschen Werbung nicht schaden. Er sollte allerdings schon darauf achten, dass er das Finale heute gegen Lugano gewinnt. Sonst bekommt sein Verlierer-Image schon fast Kultstatus.
Aber es wird nicht einfach. Der HC Lugano hat zwei Gesichter. In den ersten zwei Partien spielten die Tessiner spektakuläres «Hollywood-Hockey» (6:3 Mannheim, 4:6 Jokerit). Gestern stellten sie auf «Resultathockey» um und zeigten das taktisch wohl beste Spiel seit der Amtsübernahme von Doug Shedden. Die taktisch ebenfalls cleveren Russen hatten nie eine Chance und verloren 0:3. Die Entscheidung führte Damien Brunner in der 56. Minute herbei. Er kam von der Strafbank und traf ins leere Tor zum 3:0. Die Russen hatten bei einem Powerplay den Torhüter durch einen sechsten Feldspieler ersetzt.
Wenn die Tessiner im Finale wieder so clever spielen – dann gewinnen sie erstmals den Spengler Cup. Es wäre allerdings bitter, wenn die Kanadier ausgerechnet gegen ein taktisch meisterliches Lugano scheitern sollten. Denn die Kanadier werden von Guy Boucher gecoacht, einem Grossmeister der Taktik.
Verkehrte Welt: Die Kanadier gewannen gegen den HC Davos mit wildem Hollywood-Hockey. Nach einem 1:4-Rückstand musste Guy Boucher alle taktischen Fesseln lösen, ein Hockeyspiel brach aus und seine Jungs stürmten mit einem 6:5 ins Finale. Oder etwas boshafter analysiert: Guy Boucher verlor nach dem 1:4-Rückstand wieder einmal die Kontrolle über seine Spieler und die begannen auf einmal zu spielen.
Lugano ist im Finale leicht favorisiert. «Wir mussten unsere besten Spieler nicht forcieren», sagt Doug Shedden. Das könnte in der Tat entscheidend sein. Die «Arbeiter» aus der dritten und vierten Linie leisteten im Halbfinale die Schwerarbeit und entlasteten die offensiven Schmetterlinge. Deren offensive Feuerkraft kann das Finale für Lugano entscheiden.