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Eismeister Zaugg

Zum WM-Auftakt der Schweizer ein wenig Operetten-Hockey – oder eine Blamage

Glen Hanlon erörtert seinen Mannen im Training vom Freitag seine taktischen Pläne.
Glen Hanlon erörtert seinen Mannen im Training vom Freitag seine taktischen Pläne.Bild: EPA/KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Zum WM-Auftakt der Schweizer ein wenig Operetten-Hockey – oder eine Blamage

Ein selbstbewusster Hockey-Schweizer kann Österreich nicht ernst nehmen und sieht im österreichischen Hockey allenfalls die Walzerseligkeit und den Melodienzauber der Wiener Operetten-Welt. Heute beginnt für uns die Hockey-WM mit dem Spiel gegen Österreich (ab 12.00 Uhr im watson-Liveticker).
02.05.2015, 07:5802.05.2015, 10:58
klaus zaugg, prag
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Eishockey in Österreich? Haben wir eigentlich noch nie ernst genommen. Auch jetzt nicht. Der Sieg gegen den Aufsteiger ist Pflicht und wird kaum Geschichten hergeben. Was aber wäre, wenn wir verlieren würden? Hier schon mal die Ausreden, an denen wir uns ergötzen konnten.

Eishockey-WM 2015
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  • «Wir konnten uns einfach nicht auf die ungewohnte Anspielzeit einstellen.» – Nationalmannschafts-Direktor Raeto Raffainer
  • «Wir haben mehr NHL-Profis als die Österreicher und die müssen sich erst an die grössere Eisfläche gewöhnen. Ich weiss aus Erfahrung, wie gross diese Umstellung ist. Das wird unterschätzt.» – Nationaltrainer Glen Hanlon
  • «Wir müssen zuerst eine Analyse machen. Wir werden nach der WM über die Hintergründe dieser Niederlage informieren.» – Verbandspräsident Marc Furrer.
  • «Die Österreicher haben in der Meisterschaft weniger Kraft verbraucht als unsere Spieler.» – Liga-Direktor Ueli Schwarz
  • «Wir haben den Gegner nicht unterschätzt. Österreich ist eine grosse, traditionsreiche Hockeynation und das sollten wir respektieren.» – Nationaltrainer Glen Hanlon
  • «Wir sind noch nicht im Turnier angekommen.» – John Fust, Assistent von Glen Hanlon
  • «Zu viele Zürcher im WM-Team. Die ZSC Lions und Kloten haben sich ja schon im Herbst in der Champions League gegen Salzburg und Wien blamiert.» – SCB-Manager Marc Lüthi auf TeleBärn.
  • «Man hätte Martin Gerber für die WM nominieren müssen. Mit ihm hätten wir nicht verloren.» – Sean Simpson, Trainer Kloten und WM-Silberschmied
  • «Es geht nicht ohne Julien Sprunger und Goran Bezina. Zu viele Deutschschweizer und zu wenig Welsche im Team.» – Hockey-Papst Cyrill Pasche in «Le Matin»
Die (fiktive) Ausrede von SCB-Boss Marc Lüthi: «Zu viele Zürcher im WM-Team. »
Die (fiktive) Ausrede von SCB-Boss Marc Lüthi: «Zu viele Zürcher im WM-Team. »Bild: EPA/KEYSTONE

Die ganz grossen Demütigungen der Österreicher

Wie gross ist die Gefahr, dass wir solche Ausreden hören müssen? Eigentlich klein. Und doch wäre es fatal, die Österreicher zu unterschätzen. Die letzten ganz grossen Demütigungen haben uns die Österreicher bereitet, und seit 1993 (5:1 in München) haben wir an einer WM gegen Österreich nie mehr gewonnen.

  • 1995 stiegen wir zum bisher letzten Mal aus der WM ab – nach einem 1:4 und 4:4 in den Abstiegsspielen gegen Österreich.
  • 1997 kamen wir bei der B-WM nicht über ein 2:2 hinaus.
  • 1998 waren wir beim Olympischen Turnier nicht dabei, weil wir das Olympia-Qualifikationsspiel gegen Österreich 0:2 verloren.
  • 2004 kamen wir bei der WM in Prag zwar bis ins Viertelfinale. Aber beim Startspiel hatten wir gegen Österreich grösste Probleme. Wir begannen das letzte Drittel beim Stande von 1:4 und den Ausgleich zum 4:4 schafften wir erst 22 Sekunden vor Schluss durch Ivo Rüthemann. Mit Mark Streit und Andres Ambühl sind noch zwei Spieler von 2004 dabei. Bei den Österreichern keine mehr.

Bis auf drei Spieler kommen alle Österreicher aus der einheimischen Meisterschaft, aus der Erste Bank Eishockey Liga (EBEL). Diese drei sind Torhüter Bernhard Starkbaum (die Nummer 3 der höchsten Schwedischen Liga), NHL-Stürmer Michael Raffl (Philadelphia) und Biels Stürmer Raphael Herburger.

Raphael Herburger vom EHC Biel wird heute für Österreich stürmen.
Raphael Herburger vom EHC Biel wird heute für Österreich stürmen.Bild: KEYSTONE

Im Eishockey ist es gelungen, die alte Monarchie Österreich, die 1918 untergegangen ist, wieder zu beleben. Die zwölf EBEL-Teams kommen aus Österreich, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Tschechien und Italien. Die Teams werden nach einem weltweiten Kuriosum zusammengestellt. Jeder Spieler ergibt Punkte und 60 Punkte dürfen nicht überschritten werden. Österreicher bis 24 ergeben keine Punkte. Ausländische Spieler geben die meisten Punkte. Aber wer schlau managt, kann bis zu 14 Ausländer unter Vertrag nehmen.

Ein Abstieg interessiert Österreich nicht

Die Österreicher sind als Aufsteiger Aussenseiter. Nationaltrainer Dan Ratushny (einst in Olten an der Bande) hat praktisch seine Wunschmannschaft beisammen. Nach dem Olympischen Turnier von Sotschi hat der Neuaufbau begonnen und nun ist bereits der Wiederaufstieg gelungen.

So wie für die Schweiz das Viertelfinale, so ist für Österreich der Klassenerhalt das Ziel. Mit dem Unterschied, dass es in der Schweiz Polemik gibt, wenn das Viertelfinale verpasst wird. Ein Abstieg wird hingegen die Sportöffentlichkeit in Österreich nicht mehr beunruhigen als ein umgekippter Sack Reis in Peking.

Sturmlauf – oder die Ruhe vor dem Sturm?

Das Training (Freitag, 11:00 bis 12.00 Uhr) ist ohne Zwischenfälle verlaufen. Sprüche, die der Nachwelt überliefert werden sollten, hat niemand gemacht. Zwei Spieler müssen noch zusammen mit Daniel Manzato, dem dritten Goalie, auf der Tribune Platz nehmen. Einer davon wird möglicherweise Berns Tristan Scherwey sein.

Tristan Scherwey wird wohl von der Tribüne aus zusehen müssen.
Tristan Scherwey wird wohl von der Tribüne aus zusehen müssen.Bild: Claudia Minder/freshfocus

Der Freitag war einer der unaufregensten Tage, die wir je vor dem WM-Start erlebt haben. Ist es die Ruhe vor dem Sturm? Oder die stille Zuversicht eines grossen Teams vor dem Sturmlauf zu Medaillen? Wenn je alles möglich war, dann unter dem freundlichen kanadischen Nationaltrainer Glen Hanlon.

Das Schlusswort überlassen wir Biels Kulttrainer Kevin Schläpfer. Er kennt sowohl Reto Berra (er wird im Tor stehen) als auch den österreichischen Stürmer Raphael Herburger aus dem täglichen Spiel- und Trainingsbetrieb. Er sagt: «Herburger kann gegen Berra Tore erzielen.»

Schweizer Aufgebot für die WM 2015 in Prag

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