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Die erstaunlichen Parallelen zwischen Minsk 2014 und dem Scheitern des SC Bern

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Mit den Neuzuzügen

Die erstaunlichen Parallelen zwischen Minsk 2014 und dem Scheitern des SC Bern

Der SC Bern hat nach dem grandiosen Scheitern seine Transfer-Hausaufgaben gemacht. Die WM in Minsk zeigt auf, wie es dem SC Bern nächste Saison ergehen könnte.
18.05.2014, 20:2419.05.2014, 14:38
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Alleine der SCB-Mix verspricht allerbeste Unterhaltung: Trainer Guy Boucher ist fixiert auf defensives Schema-Hockey. Die Mannschaft aber ist für offensives Spektakel programmiert. 

Mit Eric Blum kommt ein offensiver Wolf im Schafspelz des Verteidigers. Ein taktischer Freidenker, der aus der Verteidigerposition heraus das Spiel beschleunigt. Defensiv neigt er zur Liederlichkeit. In der Plus/Minus-Statistik hat er hier an der WM ein -2. 

Eric Blum, Offensivverteidiger.
Eric Blum, Offensivverteidiger.Bild: KEYSTONE

Nur noch WM-Frischling Dominik Schlumpf steht von den Verteidigern statistisch so stark im Minus. Aber mit dem richtigen Partner (warum nicht mit Beat Gerber) wird Eric Blum beim SCB kein defensiver Risikofaktor sein. Und er frischt die Chemie in der Kabine mit seiner Leichtigkeit des Seins auf.  

Die Ausländer

Interessant ist die Besetzung der offensiven Ausländerpositionen mit drei Kanadiern. Byron Ritchie (37) ist ein alternder Center und nun kommen neu mit Bud Holoway (26) und Chuk Kobaschew (32) zwei Spektakelflügel. Der SCB hat seine offensive Feuerkraft auf den Aussenbahnen um mindestens 20 Prozent erhöht. Ja, auf den Aussenbahnen ist der SCB ein Meisterkandidat. 

Byron Ritchie hört im Training aufmerksam seinem Trainer Guy Boucher zu.
Byron Ritchie hört im Training aufmerksam seinem Trainer Guy Boucher zu.Bild: KEYSTONE

Die alles entscheidende Frage wird sein, wie gut die Schweizer Center sind. Martin Plüss ist nach wie vor einer der komplettesten Schweizer auf dieser Position. Dazu hat der SCB mit Ryan Gardner, Marc Reichert (zurück aus Ambri) und dem Junior Lukas Hischier (19, neu mit Profivertrag) drei weitere Stürmer, die in der Mitte oder auf den Aussenbahnen stürmen können. 

Um ein sicherer Meisterkandidat zu sein, fehlt dem SCB mindestens ein Center mit der Kragenweite von Byron Ritchie und Martin Plüss. Und damit kommen wir zu den Parallelen zwischen dem SCB und unserer Nationalmannschaft. Eine der spielerischen Ursachen für die Schwierigkeiten der Schweizer hier in Minsk ist die ungenügende Besetzung der Center-Positionen. In dieser Beziehung ist das Nationalteam eine internationale Antwort auf den SCB.  

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Der fehlende Puzzlestein?

Was sich hier in Minsk aber auch gezeigt hat: Mit Thomas Rüfenacht hat der SCB tatsächlich die Rolex auf dem Transferwühltisch gefunden. Er ist als WM-Neuling Stammspieler und überrascht gleich in mehrfacher Hinsicht: Erstens mit seiner Schnelligkeit – er hat keine Mühe mit dem internationalen Tempo. Zweitens mit seiner Spielintelligenz und Disziplin. 

Thomas Rüfenacht übernimmt beim SCB eine wichtige Rolle.
Thomas Rüfenacht übernimmt beim SCB eine wichtige Rolle.Bild: EPA/KEYSTONE

Er ist ein verlässlicher, bissiger Defensivsoldat ohne Angst vor grossen Tieren und kann seine Aggressivität sehr wohl im Zaume halten: Er hat sich noch keine Strafminute zuschulden kommen lassen. Das ist bemerkenswert für einen Stürmer, der in Zug zweimal (2010/11, 2011/12) mehr als hundert Strafminuten verbüsste, letzte Saison in der Qualifikation Luganos Strafbankkönig und in den Playoffs zweitbösester Spieler war. 

Drittens durch seine offensive Wirkung. Die Doppelnull (0 Tore/0 Assists) bei dieser WM täuscht darüber hinweg, dass der neue SCB-Stürmer durchaus offensive Wirkung erzielte. Im Spiel gegen die USA haben ihm die Linienrichter ein reguläres Tor gestohlen. 

Warum ist der SCB als Meister so grandios gescheitert?

Stark vereinfacht gesagt: Die SCB-Probleme der letzten Saison sind erstaunlich ähnlich wie die Schwierigkeiten der Schweizer in den ersten vier Spielen hier in Minsk. 

Die Nationalmannschaft ist ja auch, wie der SCB, aus höchsten Höhen gestürzt und steht vor dem Verpassen der Playoffs (der Viertelfinals). Aus praktisch den genau gleichen spielerischen Gründen. Erstens wegen zu schwacher Besetzung der Center-Positionen. 

Er muss die Puzzlesteine beim SCB zusammensetzen: Guy Boucher.
Er muss die Puzzlesteine beim SCB zusammensetzen: Guy Boucher.Bild: Daniela Frutiger

Zweitens wegen der fehlenden Hochform des Torhüters. Drittens wegen ungenügender Wasserverdrängung in allen drei Zonen. Viertens wegen fehlender offensiver Feuerkraft. Fünftens wegen defensiver Liederlichkeit. 

Die Besetzung der Centerpositionen ist beim SCB noch nicht optimal. Ob Marc Bührer besser sein wird als letzte Saison und nicht nur ein guter, sondern ein grosser Goalie sein wird, bleibt offen. Aber die offensive Feuerkraft ist durch die Verpflichtung der beiden kanadischen Flügel und des assistgebenden Verteidigers Eric Blum um mindestens 20 erhöht worden. 

Die Rückkehrer von Marc Reichert und die Verpflichtung von Thomas Rüfenacht verstärkt den Rumpelfaktor. Die defensive Liederlichkeit müsste Trainer Guy Boucher abstellen können. Aber er darf bei seiner defensiven Erziehungsarbeit nicht die offensive Spielfreude ersticken.  

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