Der Unterschied zwischen Hamburg und Kloten, zwischen einer Hafenstadt mit mehr als einer Million und einem Binnenstädtchen mit weniger als 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern könnte grösser nicht sein.
Wenn wir an Hamburg denken, kommt uns bei der Musik Freddy Quinn in den Sinn, bei Kloten das Trio Eugster. Bei der Literatur verbinden wir Siegfried Lenz mit Hamburg und Gottfried Keller mit Kloten. Johann Heinrich Lips ist Klotens bekanntester Künstler und bei Hamburg denken wir an Karl Lagerfeld.
Item, nicht nur in Kunst und Kultur, auch im Sport ist der Unterschied zwischen der Fussball-Bundesliga und der helvetischen National League beträchtlich. Der HSV setzt pro Saison mehr als 120 Millionen Franken um. Der EHC Kloten weniger als 20 Millionen. Und doch gibt es erstaunliche Parallelen.
Der Hamburger Sport-Verein und der EHC Kloten sind noch nie in ihrer Geschichte abgestiegen und damit die «Dinosaurier» ihrer Ligen. Der HSV spielt sogar seit seinem Bestehen und natürlich seit der Gründung der Bundesliga (1963) immer in der höchsten Liga. Der EHC Kloten ist 1962 in die NLA aufgestiegen und heute mit Abstand vor Gottéron (Aufstieg 1980) der dienstälteste NLA-Klub.
Und nun droht beiden der erste Abstieg. Beim HSV ist die Relegation wohl nicht mehr zu vermeiden. Die Klotener haben immerhin noch zwei Chancen, dem Abstieg zu entgehen. In den Playouts oder dann im Falle eines Falles in der Liga-Qualifikation. Im Schatten des Playoff-Spektakels bahnt sich ein Abstiegsdrama an.
Wir starten eine Neuausrichtung. Unser Aufsichtsrat hat Heribert Bruchhagen freigestellt. Frank Wettstein übernimmt die operative Führung und beurlaubt Jens Todt: https://t.co/EgAOOzCMn1 pic.twitter.com/7vxq4LLE30
— Hamburger SV (@HSV) 8. März 2018
Die erstaunlichste Parallele finden wir in den Klubfarben. Beide haben auf dem Dress die Farben blau und weiss. Beide spielen vor eigenem Publikum in roten Hosen. Es ist der Fluch der roten Hosen.
Und in Hamburg wie in Kloten gibt es eine ganz grosse Persönlichkeit, die nie für einen anderen Klub spielte, jedes noch so lukrative Angebot ablehnte und Kultcharakter hat. Uwe Seeler beim HSV, Felix Hollenstein beim EHC Kloten. Beide Stürmer, beide Captain im Team und zwischendurch auch in der Nationalmannschaft. Beide nie Weltmeister und beide bis auf den heutigen Tag im Klub präsent. Uwe Seeler war zwischenzeitlich sogar HSV-Präsident. Felix Hollenstein war in Kloten Trainer und ist heute als Einflüsterer des Präsidenten der einflussreichste Mann hinter den Kulissen.
Beide Klubs sind ähnlich erfolgreich. Der HSV holte bisher sechs, der EHC Kloten fünf nationale Meisterschaften. In der «ewigen Rangliste» der Anzahl Titel steht der HSV in Deutschland auf dem 6. und der EHC Kloten in der Schweiz auf dem 7. Platz. Und beide haben in der neusten Zeit eine ähnliche Entwicklung hinter sich: ab 2010 hat der Abstieg vom Spitzen- zum Krisenklub im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich begonnen.
In Hamburg und in Kloten gibt es in dieser Saison ein ähnliches Krisenspektakel. Beide haben den Trainer und den Sportchef gefeuert und es hat bisher weder in Hamburg noch in Kloten geholfen.
In Hamburg wie in Kloten sind im Verlauf dieser Saison Trainer mit Kultstatus ins Amt gekommen. Bernd Hollerbach in Hamburg. Er geniesst in Würzburg Kultstatus (Durchmarsch von der Regionalliga in die 2. Bundesliga). Kevin Schläpfer ist der neue Trainer in Kloten. Auch er geniesst anderorts – in Biel – als Sportchef und Trainer grösste Verehrung (Durchmarsch von der NLB bis in die NLA-Playoffs).
Was ist, wenn es zu einer Relegation kommt? Dann dürften es keine Parallelen mehr geben. In Hamburg kann mit einem Wiederaufstieg gerechnet werden. In Kloten wäre hingegen der Abstieg der Beginn einer langen Depression. Gut, dass die Klotener bessere Chancen haben, der Relegation, dem Fluch der roten Hosen, zu entrinnen.