Verteidigen ist Handwerk, Tore schiessen Kunst. So war es weitgehend bis in die 1970er-Jahre hinein. Verteidiger als Spielgestalter mit grossem offensiven Einfluss gibt es als festen Bestandteil des modernen Hockeys erst seit den 1970er-Jahren, seit Bobby Orr 1970 als erster Verteidiger NHL-Topskorer wurde.
Inzwischen prägen Verteidiger längst auch Stanley-Cup-Siegerteams. Von den letzten zehn Gewinnern der «Conn Smythe Trophy» für den Playoff-MVP sind immerhin zwei Verteidiger (Duncan Keith und Scott Niedermayer).
Einst wurden jene, die nicht als Stürmer zu gebrauchen waren, in die Verteidigung verbannt. Längst ist es keine Strafe mehr, «nur» Verteidiger zu sein. Paul Coffey, einer der besten Offensiv-Verteidiger der Geschichte, war Stürmer. Doch als er acht Jahre alt war, stellte ihn der Coach in die Verteidigung. Paul rebellierte. Sein Vater aber erklärte ihm, warum er Verteidiger werden sollte.
«Paul, wie viele Verteidiger sind in deiner Mannschaft?» – «Vier.» – «Paul, wie viele Stürmer sind in deiner Mannschaft?» – «Neun.» – «Paul, vier gegen neun – das bedeutet mehr Einsatzzeit für dich.» Paul kapierte, wurde Dollarmillionär, holte vier Stanley Cups mit Edmonton und Pittsburgh und hat heute seinen Platz in der NHL-Ruhmeshalle («Hall of Fame»).
Pittsburgh gegen Nashville ist auch ein «Kampf der Kulturen». Pittsburgh hat mit Sidney Crosby (29) und Ewgeni Malkin (30) zwei dominierende Center. Sie gehören zu den absolut Besten der Welt und Pittsburghs grandiose «Mittelachse», zu der auch noch Nick Bonino (29) gehört, prägt das Spiel – erst recht nach dem Ausfall von Weltklasse-Verteidiger Kris Letang (30). Nur zwei der besten zehn Playoff-Skorer sind Verteidiger (Schultz, Cole).
Offensiv-Verteidiger Mark Streit sass beim ersten Finalspiel erneut auf der Tribüne. Bei Nashville durfte Yannick Weber mitspielen. Dass hätte sich Mark Streit (39) nicht träumen lassen: Er ist nicht gut genug für den Stanley-Cup-Final, Yannick Weber (28) hingegen schon.
Nashvilles Spiel wird mit Roman Josi (26), P.K. Subban (28) und Ryan Ellis (26) eher von der besser besetzten blauen Linie gesteuert – erst recht nach dem Ausfall von Topskorer und Center Ryan Johansen (24). Vier der besten zehn Playoff-Skorer sind Verteidiger (Elis, Subban, Josi, Ekholm). Im ersten Finalspiel hatten bei Pittsburgh zwei Verteidiger mehr als 22 Minuten Eiszeit (Daley, Määttä). Bei Nashville waren es vier (Josi, Ellis, Ekholm, Subban).
Helvetisch zugespitzt können wir zu diesem Finale auch sagen: Roman Josi, MVP der WM 2013 oder Sidney Crosby, MVP der Stanley-Cup-Playoffs 2016? Der sanfte Titan aus dem Bernbiet, der in der ersten Finalpartie mehr Eiszeit hatte als jeder andere Spieler (28:22 Minuten), mehr auch als bei der Silber-WM 2013 (20:08 Minuten) oder Kanadas Superstar? Um es einfacher auszudrücken: Was treibt 2017 eine Mannschaft zum Stanley Cup? Ein Heckmotor oder ein offensiver Vorderradantrieb?
Titelverteidiger Pittsburgh hat das erste Spiel gegen den Aussenseiter, der zuvor noch nie über die zweite Runde hinausgekommen war, 5:3 gewonnen und führt 1:0. Roman Josi buchte einen Assist, Sidney Crosby deren zwei.