Der «Blick» hatte das Gerücht brandaktuell am Freitag lanciert. Logisch also, dass am Abend im Studio des Hockey-TV-Senders MySports fleissig darüber spekuliert wurde: Niklas Schlegel (23) wechselt auf nächste Saison von den ZSC Lions zum HC Davos.
In einer heilen Hockey-Welt käme es zu diesem Transfer. Bei den ZSC Lions kommt Niklas Schlegel nicht an Lukas Flüeler (29) vorbei. Der meisterliche Titan (192 cm/99 kg) hat sich von seinen Blessuren erholt und spielt endlich wieder sein bestes Hockey. Er hat soeben gegen Biel (2:1) mit einer Fangquote von 95,45 Prozent den Sieg gesichert. Er ist inzwischen statistisch gar die Nummer 1 der Liga. Mit einem Vertrag bis 2020 ist seine Position bei den ZSC Lions unbestritten.
⬇️Das ging bei all den Toren und der Diskussion um Beat Forster beinahe unter🙈: Der Sportchef der @zsclions Sven Leuenberger äusserte sich gestern zum Gerücht rund um seinen Torhüter @Niklas_Schlegel 🧐🤨👀💬. #HomeofSports #MySportsCH #NationalLeague pic.twitter.com/c2qTNdWdoD
— MySportsCH (@MySports_CH) 20. Januar 2018
Damit ist klar: Der coole, flinke Reflexgoalie Niklas Schlegel (178 cm/66 kg), im Vergleich zu Lukas Flüeler fast ein Floh, wird im Hallenstadion auch nächste Saison bloss die Nummer 2 sein.
Sein Vertrag läuft aus. Wenn er seine Karriere in Schwung bringen will, dann ist jetzt der Moment gekommen, an einem anderen Ort die Nummer 1 zu werden. Schliesslich hat er mit einem sensationellen WM-Debut (Sieg gegen Tschechien) im letzten Mai in Paris seine internationale Klasse eindrücklich unter Beweis gestellt.
Der EHC Kloten hat ihm diese Chance geboten. Sein Agent Andi Rufener hatte noch im Spätherbst erklärt, sein Klient sei im übertragenen Sinne bereits auf halbem Weg vom Hallenstadion in den Schluefweg. Aber eine Umkehr ist auch auf halbem Weg möglich. Niklas Schlegel hat es abgelehnt, in Kloten die Nummer 1 zu werden.
Nun gibt es für ihn die zweite Chance beim HC Davos. Gilles Senn (21) und Joren van Pottelberghe (20) haben Potenzial und gingen schon durch den NHL-Draft. Aber beide gehören inzwischen statistisch zu den schwächsten NLA-Torhütern.
Keine Frage: Niklas Schlegel hätte realistische Chancen, beim HC Davos nächste Saison die Nummer 1 zu werden. Deshalb macht das Transfergerücht eines Transfers nach Davos schon Sinn. Kommt dazu, dass er bei den ZSC Junioren in der gleichen Mannschaft gespielt hat wie der gleichaltrige Flurin Domenig, der Sohn von HCD-Präsident Gaudenz Domenig.
Aber das ach so schöne, am Freitag im TV-Studio angedachte Hockeymärchen vom Zürcher, der oben im Winterwunderland Davos den HCD zu neuen Final- und Meisterhöhen hexen und in die Fussstapfen von Jonas Hiller, Reto Berra und Leonardo Genoni treten wird, ist halt nur ein schönes Transfer-Wintermärchen.
Gilles Senn und Joren van Pottelberghe haben beide Verträge bis 2019. Und HCD-Torhütertrainer Marcel Kull ist der Beste seines Faches – die Chancen, dass er einen der beiden oder gar beide wieder in Form bringt, stehen gut. Und wenn eine Mannschaft dazu in der Lage ist, mit Lottergoalies zu gewinnen – dann der Cup-Finalist. Gegen Gottéron kam Gilles Senn bloss auf eine Fangquote 82,14 Prozent – aber der HCD siegte 6:5. Und als es darum ging, den Cupfinal zu erreichen, hexte Joren van Pottelberghe den HCD sogar gegen Biel, das Team der Stunde, und Jonas Hiller zum Sieg.
Die Torhütersituation ist in Davos zwar kritisch. Aber noch lange nicht hoffnungslos. Sicherheitshalber hat sich Arno Del Curto selber ein «Medien-Moratorium» (=Stillhalteabkommen) auferlegt: Auf die Torhüter und einen möglichen Transfer von Niklas Schlegel angesprochen, sagt er nur, dass er nichts sage. «Ich sage gar nichts, nichts, nichts.» Er wolle bis zu den Playoffs überhaupt gar nichts mehr sagen.
ZSC-Sportchef Sven Leuenberger sass am Freitagabend auch im TV-Studio. Er bestätigte nichts und er dementierte nichts so wie er auch sonst gegenüber neugierigen Chronisten nichts bestätigt und dementiert hat. Wie es sich für einen souveränen, klugen Sportchef gehört.
Wer jetzt trotz fehlender offizieller oder inoffizieller Bestätigung – also blindlings – wettet, dass die ZSC Lions nächste Woche die Vertragsverlängerung mit Niklas Schlegel bekanntgeben werden, kann viel, viel Geld verdienen. Dass Niklas Schlegel bei den ZSC Lions bleibt, ist schon seit letztem Donnerstag klar.
Und warum auch nicht? Hand aufs Herz: Das Leben als Nummer 2 bei den mächtigen ZSC Lions im schönen Zürich ist angenehmer, als sich in Kloten oder Davos oder sonstwo dem Stress und der Verantwortung einer Nummer 1 auszusetzen.
Wie lehrt uns doch der Dichterfürst Goethe (leicht abgeändert): «Es wechselt Pein und Lust, geniesse beim ZSC, wenn du kannst, und leide in Kloten oder Davos nur, wenn du musst.»
Niklas Schlegel muss nicht nach Kloten oder Davos.