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Keine billige Polemik in der Adventszeit. Nur heilige Fakten. Die ZSC Lions stehen mit dem reichsten Präsidenten, dem teuersten General Manager, dem teuersten Sportchef, den teuersten Trainern, den teuersten Spielern, der teuersten Juniorenabteilung und dem teuersten Farmteam nach Verlustpunkten exakt auf Augenhöhe mit dem EHC Biel. Achtung, jetzt kurz eine Polemik: Der General Manager, der Sportchef, die Trainer und die Spieler verdienen in Biel bis zu 40 Prozent weniger. Ende der Polemik.
Was lernen wir daraus? Die klugen Hockey-Technokraten im Hallenstadion, allen voran der tüchtige Peter Zahner, haben ein wenig das Gespür für die besonderen Sensibilitäten des Mannschaftsportes verloren. Zu viel Professionalität, zu wenig Pulverdampf. Deshalb halten die Zürcher durch alle Böden hindurch an einem teuren schwedischen Trainergespann fest, dass Kontrolle, Selbstvertrauen und Durchblick zu verlieren droht. Weil es im hochprofessionellen Zürich einfach nicht sein kann, dass man sich bei der Trainerrekrutierung geirrt hat.
Biel ist ein familiäres Hockeyunternehmen geblieben. Es wird noch in der Hockeysprache geredet und nicht in geschwurbelten Ausreden wie in Zürich. Eishockey wird als uriges Spiel verstanden und gelebt und nicht bloss «gemänätscht».
Wiederum keine billige Polemik in der Adventszeit. Sondern heilige Fakten. Die Bieler treiben es bei den Trainerentlassungen toller als Christian Constantin. Der Präsident des FC Sion hat diese Saison erst einmal den Trainer gewechselt. Biel hingegen schon zweimal. Sportchef Martin Steinegger kam für Mike McNamara und inzwischen hat Antti Törmänen übernommen. Biels Geschäftsführer Daniel Villard nimmt den Vergleich mit dem FC Sion gelassen. Er sagt: «Es gibt aber schon noch einen ganz wesentlichen Unterschied zwischen uns und Sion. Wir verprügeln keine Journalisten …»
Der Vergleich mit Sion ist natürlich billige Polemik. Martin Steinegger war «nur» erfolgreicher Überbrückungstrainer, bis er einen neuen Mann rekrutiert hatte. Und doch haben die Trainerwechsel ganz offensichtlich eine belebende Wirkung auf die Mannschaft. Seit der Amtsenthebung von Mike McNamara ist Biel die erfolgreichste Mannschaft der Liga: 23 Punkte aus 10 Partien. In den 10 Spielen vor dem Trainerwechsel waren es bloss 10 Punkte. Rechne!
Den guten Sportchef und Manager erkennen wir auch am Gespür für den richtigen Zeitpunkt des Kommandowechsels und an der richtigen Wahl des Nachfolgers. Da gibt es Hoffnung für die ZSC Lions. Mit einem Trainerwechsel zum richtigen Zeitpunkt ermöglichte Sven Leuenberger (damals Sportchef in Bern) dem SC Bern 2016 den spektakulärsten Titelgewinn seiner Geschichte. Kein Schelm, wer nun denkt, ein Trainerwechsel könnte auch bei den ZSC Lions die Leistungskultur auffrischen.
In Biel haben die Chefwechsel eine so positive Wirkung, weil die Mannschaft immer intakt geblieben und weder spielerisch noch taktisch verwahrlost ist. Das Problem war ein Nachlassen der Energie, der Konzentration, der Intensität und der Disziplin und letztlich der Leidenschaft. Bedingt durch den freundlichen Führungsstil des Hockeyweisen Mike McNamara. Er entfachte nicht mehr genug Emotionen in der Kabine. Sportchef Martin Steinegger, ein echter Kerl, der schon alleine wegen seiner immensen Erfahrung aus mehr als tausend NLA-Partien bei seinen Jungs allertiefsten Respekt geniesst und geradeheraus sagt, was Sache ist, sorgte wieder für gehörig Durchzug, für Energie in der Kabine.
Und nun hat mit Antti Törmänen ein Trainer übernommen, der mit dem SC Bern das Finale erreicht (2012) und den Titel gewonnen hat (2013) – und dann wegen zu weichem Führungsstil gefeuert wurde und von unanständigen Chronisten als «freundlicher finnischer Verlierer» bezeichnet worden ist. Aber er ist ein Trainer, der mit seinem Wesen und Wirken besser zum familiären Hockeyunternehmen Biel passt als in den grossen Hockey-Konzern SCB. Er hat jedenfalls bereits drei seiner vier ersten Spiele gewonnen.
Könnte es doch sein, dass Antti Törmänen auf Dauer zu weich ist? Er denkt nach, bevor er sagt: «Es ist eine Frage der Karten, die du in den Händen hast. Wenn ich lauter Assen habe, kann ich anders auftreten.» Er mag nicht sagen, er habe in Bern vor allem mit Assen gespielt, deshalb sei er nachsichtiger gewesen, habe er mehr auf Eigenverantwortung der Spieler setzen können als mit Biel, wo er selten Ass-Stöck in Händen hält und damit rechnen muss, dass er das Nell «blutt» haben wird und laut werden muss. «Was heisst denn schon hart sein? Entscheidend ist, dass ich mit meiner Botschaft die Spieler erreiche.»
So oder so ist Antti Törmänen, wie fast alle Skandinavier, ein guter Taktiker. Deshalb hat er den «Spitzenkampf», die Partie zwischen den erfolgreichsten Teams der letzten Wochen, in Langnau 4:1 gewonnen. Er und Langnaus Heinz Ehlers mussten beim «Adventsgipfel» Mittel und Wege finden, um den «nordischen Knoten» zu lösen. Dieser «nordische Knoten» hat Ähnlichkeit mit dem Original. Dem «gordischen Knoten».
Der Sage nach sollte derjenige die Herrschaft über Asien erringen, der den Knoten lösen konnte. Viele kluge Männer scheiterten an dieser Aufgabe. Alexander der Grosse aber durchschlug den Knoten einfach mit dem Schwert und marschierte bis an die Grenzen Indiens. Der «nordische Knoten» ist das geschickt geschnürte taktische Paket, mit dem zwei skandinavische Trainer nominell schwache Mannschaften konkurrenzfähig gemacht haben. Der Coach, der gestern den gegnerischen nordischen Konten löste, konnte auf dem Weg in die Playoffs über dem Trennstrich weitermarschieren.
Antti Törmänens Spieler machten es wie Alexander der Grosse. Sie durchschlugen Langnaus nordischen Knoten durch kernige Weitschüsse, die die Seele von Langnaus Torhüter Ivars Punnenovs trafen wie Schwerthiebe und ihn aus seinem Gehäuse vertrieben. Nach 20 Minuten überliess er seinen Platz Damiano Ciaccio.
Ein Auflösen des nordischen Knotens war in Langnau durch Kombinationsspiel, Sturmläufe und Forechecking nicht möglich. Also wechselten die Bieler zur «Büchsenöffner-Methode»: Sie brausten ins Langnauer Drittel, bestürmten aber nicht das gut verteidigte Tor. Sie bewahrten Ruhe, spielten den Puck schlau in den Rückraum zurück und von dort aus trafen die aufgerückten Verteidiger Kevin Fey, Beat Forster und Samuel Kreis mit kernigen Weitschüssen. 3:0 zur ersten Pause. Die Entscheidung. Nun ziehen die Bieler nach dem 4:1 gegen die SCL Tigers als neue «Advents-Leader» weiter Richtung Playoffs und womöglich bald einmal sogar an den ZSC Lions vorbei.
Die Langnauer müssen hingegen nach dem «Adventsgipfel» einen Marschhalt einlegen und ihren taktischen nordischen Knoten neu schnüren.