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SC Bern und Biel in der schwersten Krise seit dem Wiederaufstieg

In der Krise: Bern und Biel bringen zur Zeit kein Bein vors andere.
In der Krise: Bern und Biel bringen zur Zeit kein Bein vors andere.
Bild: PHOTOPRESS
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Trotz den schwersten Krisen seit dem Wiederaufstieg von Bern und Biel: Darum bringt ein Trainerwechsel nichts

Bern und Biel kommen zur Zeit überhaupt nicht auf Touren. Obwohl ein Trainerwechsel, wie bei Lugano eine Euphorie auslösen kann, sollten die beiden Vereine an ihren Übungsleitern festhalten.
09.12.2015, 08:42
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Das Opium der Verletztenliste lässt den SCBern in der schwersten Krise seit dem Wiederaufstieg von 1986 den Alltag ertragen. Sie umfasst mehr als zehn Namen. Aber die blessierten Spieler taugen nicht als Erklärung. Nur als Ausrede. «Wir haben über das Verletzungspech der Berner gesprochen» sagt Lausannes Trainer Heinz Ehlers nach dem Spiel in Bern. «Aber es ist verrückt, wie viel Qualität diese Mannschaft trotzdem nach wie vor hat».

Der SCB würde selbst in Vollbestand nicht viel besser dastehen. Denn unter den verletzten Spieler ist keiner, der sich diese Saison als Leitwolf bewährt hat oder dazu in der Lage wäre, ein Spiel zu entscheiden. Einzig der Ausfall von Marco Bührer hat Auswirkungen und deshalb ist es hoch riskant, noch keinen einen ausländischen Torhüter zu verpflichten.

Der SC Bern geriet auch gegen Lausanne ins Straucheln.
Der SC Bern geriet auch gegen Lausanne ins Straucheln.
Bild: KEYSTONE

Der SC Bern: ein freundlicher Riese

Der SCB war nominell immer noch besser als Lausanne – und brachte es fertig, das Spiel 2:3 nach Penaltys zu verlieren. Der SCB ist ein freundlicher Titan geworden. Der Unterschied zu der Abstiegsrunden-Saison 2013/14 und der Gegenwart: damals tauchte der SCB zwar in die Abstiegsrunde, aber im Kopf, in den Herzen und der Seele bewahrten die Berner das Selbstvertrauen, die Arroganz und das Charisma eines Spitzenteams. Der SCB blieb ein grosser SCB. Aber jetzt ist nichts mehr vom Innenleben eines grossen Teams übrig geblieben. Nun sind die Berner zumindest vorübergehend auch im Kopf, im Herzen und in der Seele ein kleines, ja kleinlautes Team geworden.

Heinz Ehlers konnte sein Glück nach dem Spiel fast nicht fassen und sagte, er kritisiere jetzt die Leistung eigentlich nur deshalb nicht, weil man gewonnen habe. Der SCB ist am Tiefpunkt angelangt. So wenig Stimmung wie gegen Lausanne war einst nicht einmal in den legendären Pflichtspielen gegen die Lakers. Dem SCB laufen erstmals seit dem Wiederaufstieg von 1986 die Fans davon.

Bern und Biel sollen an Trainern festhalten

Der SCB befindet sich inzwischen in der gleichen Lage wie Biel. Das Management hält in Nibelungentreue am Trainer fest. Die Berner an Lars Leuenberger, die Bieler an Kevin Schläpfer.

Der Begriff Nibelungentreue kommt aus der teutonischen Sagenwelt und steht für uneingeschränktes Einstehen füreinander bis zum bitteren Untergang. Nibelungentreue kann verhängnisvoll sein: der SCB hielt in Nibelungentreue viel zu lange an Trainer Guy Boucher fest.

Aber bei Lars Leuenberger lohnt sich diese Nibelungentreue. Ein erneuter Trainerwechsel würde die Mannschaft nicht besser machen und kann die Genesung nach der verheerenden «Ära Boucher» nicht beschleunigen. Alle Qualitäten, die verloren gegangen sind - Selbstvertrauen, Spielfreude, Mut zum Risiko, offensive Dynamik, gesunde Härte – kehren nicht auf Knopfdruck zurück. Es braucht Zeit und für diesen Erholungsprozess ist ein vertrautes Gesicht an der Bande, ein Trainer wie Lars Leuenberger, der die Spieler kennt und den die Spieler kennen, die beste Lösung. Und gegen Lausanne hat Lars Leuenberger beim Coaching keine Fehler gemacht.

Lars Leuenberger hat im Moment keinen Grund zum Jubeln. Trotzdem sollte der SCB an ihm festhalten.
Lars Leuenberger hat im Moment keinen Grund zum Jubeln. Trotzdem sollte der SCB an ihm festhalten.
Bild: KEYSTONE

Nächste Saison kommt ja nicht nur ein neuer Goalie (Leonardo Genoni) sondern auch ein neuer Trainer. Also: Augen zu und durch. Sportchef Alex Chatelain hat durchaus recht, wenn er sagt, nun brauche die Mannschaft nach den Turbulenzen der letzten Wochen erst mal Ruhe. Aber dass er um der Ruhe willen keinen ausländischen Torhüter verpflichtet, kann den SCB die Playoffs kosten.

Wie viele Niederlagen erträgt Kevin Schläpfer

Würde eine Entlassung des Trainers die Niederlagenserie in Biel beenden? Nein. Auch hier lohnt sich Nibelungentreue – und die Bieler werden bis zur Liga-Qualifikation in Nibelungentreue zu Kevin Schläpfer stehen. Es ist zwar ein riskantes Spiel für beide. Kevin Schläpfer ist ein emotionaler Trainer. Verliert er durch die Niederlagen sein Charisma? Seine Überzeugungskraft? Wie viele Niederlagen erträgt Kevin Schläpfer? Wie viele Niederlagen erträgt die Mannschaft ohne irreparablen Schaden zu nehmen wie letzte Saison die Lakers – dort hat sich die Nibelungentreue zu Trainer Anders Eldebrink als fatale Fehleinschätzung erwiesen.

Trotz Krise: Kevin Schläpfer ist nach wie vor der richtige Trainer für Biel.
Trotz Krise: Kevin Schläpfer ist nach wie vor der richtige Trainer für Biel.
Bild: freshfocus

Ein Trainerwechsel während der Ligaqualifikation hat Biel in der Vergangenheit zwar schon gerettet. Aber der Nottrainer hiess Kevin Schläpfer. Jetzt würde Kevin Schläpfer gehen – und einen Nottrainer mit dem damaligen Charisma von Kevin Schläpfer werden die Bieler nicht finden. Biels Trainer hat einmal gesagt, es gebe Tage, an denen man nicht verlieren dürfe. Punkt. Und an diesen Tagen verliere er nicht. Wird er im nächsten Frühjahr, wenn dieser Tag kommt, tatsächlich dazu in der Lage sein, zu gewinnen?

Auch in Kloten stehen die Besitzer (nicht das Management, denn der Trainer ist auch Sportchef) in Nibelungentreue zum Trainer. Wäre Kloten immer noch ein von Schweizern geführtes Hockeyunternehmen, dann wäre Sean Simpson jetzt akut entlassungsgefährdet. Aber selbst im Falle eines erneuten Sturzes in die Abstiegsrunde wird er von den nordamerikanischen Besitzern nicht in Frage gestellt. Diese Nibelungentreue ist hoch riskant. Wie viele Niederlagen ertragen die Kloten Flyers, die als Mannschaft durchaus noch intakt sind, aber weit unter ihrem Nominalwert spielen, ohne zu werden wie die Lakers? Wie viele Niederlagen die Autorität von Sean Simpson? Seine Fachkompetenz steht ausser Frage. Aber wenn sich seine Jungs ans Verlieren gewöhnen ist der WM-Silberschmied von 2013 verloren.

Lugano ist unter Doug Shedden zum Siegen zurückgekehrt.
Lugano ist unter Doug Shedden zum Siegen zurückgekehrt.
Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

In Lugano wäre eigentlich Patrick Fischer, mit seinem vor der Saison bis 2018 verlängerten Vertrag, auch ein Fall für Nibelungentreue gewesen. Präsidenten Vicky Mantegazza ist über ihren Schatten gesprungen und hat den Trainer trotzdem gefeuert. Manchmal ist es halt gut, wenn Geld keine Rolle spielt. Das Zerwürfnis zwischen Patrick Fischer und den Leitwölfen im Team war zu gross. Die Trennung hat beiden geholfen. Lugano rockt unter Doug Shedden wieder und Patrick Fischer hat als Nationaltrainer eine neue Herausforderung gefunden.

Es ist keine Kunst, den Trainer zu entlassen und einen neuen Trainer zu finden. Die wahre Kunst des Sportmanagements ist es, zu spüren, wann es Zeit ist den Trainer zu feuern – und wann es besser ist, in Nibelungentreue am Trainer festzuhalten. Dummerweise weiss man meistens erst hinterher, was richtig gewesen wäre.

Alle NLA-Absteiger seit Einführung der Zwölfer-Liga

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Alle NLA-Absteiger seit Einführung der Zwölfer-Liga
Saison 2017/18: EHC Kloten (Aufsteiger: Rapperswil-Jona Lakers)
quelle: keystone / gian ehrenzeller
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