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Patrick Fischer und die fieseste aller Kritiken

Patrick Fischer, head coach of Switzerland national ice hockey team, leaves the media briefing, during a Swiss team training optional session of the IIHF 2018 World Championship, at the Royal Arena, i ...
Patrick Fischer muss nach dem verlorenen Spiel viele Fragen beantworten, darunter auch unberechtigte.Bild: KEYSTONE
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Patrick Fischer und die fieseste aller Kritiken

Hat Patrick Fischer im Finale die falschen Penalty-Schützen nominiert? Für den Verlierer die schlimmste, die ungerechteste aller Fragen.
21.05.2018, 09:2521.05.2018, 13:47
klaus zaugg, kopenhagen
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Das Eis ist von schlechter Qualität und irritiert vor allem die Künstler, die technisch Begabten, die Aussergewöhnlichen. Erst recht am Ende eines epischen Dramas, das sich über gut und gerne drei Stunden hingezogen hat.

Die Hockey-Götter können sich nicht entscheiden, wem sie den Sieg schenken wollen. Also lassen sie würfeln. Es kommt im Finale in Kopenhagen – am Ende des besten Spiels aller Zeiten einer helvetischen Nationalmannschaft – zum Penalty-Schiessen. Cheftrainer Patrick Fischer hat fünf Schützen zu nennen. Er entscheidet sich für Sven Andrighetto, Kevin Fiala, Enzo Corvi, Gaëtan Haas und Nino Niederreiter.

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Nino Niederreiter traf nicht.Bild: EPA/SCANPIX DENMARK

Nur Sven Andrighetto trifft. Zum 1:0. Die anderen scheitern. Hat Patrick Fischer die falschen Spieler nominiert? Schnell ist das Urteil gefällt: Ja natürlich. Sonst hätten wir ja das Penalty-Schiessen gewonnen. Diese Kritik ist die fieseste aller Kritiken am Nationaltrainer.

Die Highlights des WM-Finals.Video: YouTube/IIHF Worlds 2018

Nichts spricht gegen Fischers Wahl

Erstens: es gibt keinen Grund, nichts, absolut nichts, das gegen diese Wahl der Penalty-Schützen spricht.

Zweitens: ein Penaltyschiessen am Ende eines Spiels, eines Dramas, bei dem es darum geht, die Meister der Welt zu werden, also um den ultimativen Preis, ist völlig unberechenbar. Niemand weiss, ob ein Spieler in dieser Situation versagen oder triumphieren wird. Es geht nicht mehr um hockeytechnische Faktoren. Es geht um Kopf und Seele, um Glück und Pech bei einem Tanz auf der Rasierklinge der Nervenbelastung.

Patrick Fischer, head coach of Switzerland national ice hockey team, speaks to the media, during a Swiss team training optional session of the IIHF 2018 World Championship, at the Royal Arena, in Cope ...
Patrick Fischer hat schwierige Entscheidungen getroffen.Bild: KEYSTONE

Drittens ist es die billigste Kritik. Hinterher sind alle klüger, nach dem Krieg ist jeder Soldat ein General. Und wer sagt denn, dass andere nicht versagt hätten?

Hinterher dem Coach vorzurechnen, er habe die falschen Spieler für diesen «Showdown» nominiert, ist so ziemlich die unfairste Kritik, die es gibt. Patrick Fischer ist vor der Hockeygeschichte von aller Schuld und Kritik vollumfänglich freizusprechen.

Auch beim Torhüter traf Fischer die richtige Wahl

Hingegen gab es eine andere heikle Personalentscheidung, für die Patrick Fischer tatsächlich vor der Hockeygeschichte geradestehen muss: Die Wahl des Torhüters für den Viertelfinal, für den Halbfinal und für den Final.

Doch Fischer hat die richtige Entscheidung getroffen. Er hat Leonardo Genoni und nicht Reto Berra ins Tor gestellt. Obwohl Reto Berra bis zu diesem Zeitpunkt in den Gruppenspielen den besseren Eindruck hinterlassen hatte, obwohl Reto Berra die Schweiz 2013 im Halbfinale gegen die USA ins Final gehext hatte (3:0 gegen die USA).

Switzerland's goalie Leonardo Genoni looks the puck during the Ice Hockey World Championships final match between Sweden and Switzerland at the Royal arena in Copenhagen, Denmark, Sunday, May 20, ...
Leonardo Genoni war die richtige Wahl als Torhüter.Bild: AP/AP

Patrick Fischer hat gespürt, welcher seiner Torhüter «heisser» ist. Auch gerade wegen dieser richtigen Entscheidung hat das beste WM-Team aller Zeiten die beste WM aller Zeiten gespielt.

Als die Kritik berechtigt war

Es gibt in der ganzen Geschichte des internationalen Hockeys nur eine einzige Penalty-Entscheidung, die falsch war und um die herum sich vortrefflich polemisieren lässt. Den Schwefelgeruch dieser Fehlentscheidung bringt der Coach nie mehr aus den Kleidern. Und es ist ein grosser Coach.

Stanley Cup-Sieger mit Colorado, Schweizer Meister und Cup-Sieger mit den ZSC Lions. Marc Crawford. Eine Legende. Einer der angesehensten Bandengeneräle überhaupt.

Zuerich, 09.10.2015, Eishockey NLA - ZSC Lions - HC Davos, Trainer Marc Crawford (ZSC). (Marc Schumacher/EQ Images)
Marc Crawford.Bild: Marc Schumacher

1998 nehmen die NHL-Profis zum ersten Mal beim olympischen Turnier teil. Im Halbfinale kommt es zu einem mit dem WM-Finale von 2018 vergleichbaren Drama. Die Hockeygötter lassen im Spiel Tschechien gegen Kanada im Penalty-Schiessen um den Finaleinzug würfeln.

Marc Crawford lässt zum letzten Penalty Verteidiger Ray Borque antreten. Er scheitert. Dominik Hasek hält. Wayne Gretzky, der Mann, der so ziemlich alle Skorerrekorde hält, lässt Marc Crawford während diesem Penalty-Drama auf der Bank. Tschechien besiegt danach im Finale Russland und wird zum ersten Mal Olympiasieger.

Das ist bis heute im internationalen Eishockey der einzige Penalty-Entscheid eines Coaches, den wir mit gutem Gewissen kritisieren dürfen.

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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flying kid
21.05.2018 10:21registriert August 2017
Klaus Zaugg schreibt über ungerechtfertigte Kritik an Fischer... welch Ironie 🤦🏼‍♂️
Ich behaupte, alles richtig gemacht, Platz 2 ist super. Klar wäre Weltmeister schön, aber es hat dieses Jahr nicht sollen sein.

Und nun wäre es Zeit, dass sich KZ bei Fischer für alle seine reisserischen Texte entschuldigt!
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Nelson Muntz
21.05.2018 09:46registriert Juli 2017
Fischer hat alles richtig gemacht. ich hielt vor der WM nichts von ihm, er hat es aber bewiesen, dass er der richtige Mann zur richtigen Zeit ist!
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meliert
21.05.2018 10:19registriert August 2014
ein Tag an dem wir auf die 🇨🇭 stolz sein können! Wir waren im Final und nicht Russland, Kanada, USA etc. - eine super Leistung der Schweizer Icehockey Nati angeführt von Patrick Fischer!
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