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Schwere Zeiten in der ersten Runde machen Favoriten in den Playoffs in der Regel besser. Die NLB-Titanen Lakers (4:1 gegen Thurgau) und Olten (4:2 gegen Visp) haben erst im 7. Spiel das Halbfinale erreicht.
Wären sie ausgeschieden, hätten Langnau und Biel aufatmen und den vorzeitigen Ligaerhalt feiern können. Weil nur Olten und die Lakers den Verlierer der Playouts in der Liga-Qualifikation herausfordern können. Oltens Angstgegner Langenthal ist bereits aus den Playoffs geflogen, im NLB-Halbfinale wartet mit Ajoie eine lösbare Aufgabe. Die Lakers treten gegen Langenthals Bezwinger Red Ice Martigny an. Die Gefahr, dass Langnau oder Biel gegen Olten oder die Lakers um den Ligaerhalt spielen müssen, wird immer grösser.
Der EHC Olten ist ein interessantes NLB-Spitzenteam. Die Oltner mahnen mit einer bemerkenswerten Spielkultur ein wenig an die SCL Tigers der letzten Saison: sie schiessen die Scheibe nicht einfach tief in die gegnerische Zone wie dies rustikalische NLB-Teams oft tun. Vielmehr tragen sie Sorge zum Puck, und wenn sie die Angriffe mit kurzen, präzisen Pässen auslösen, trachten sie danach, um die Scheibe herum ein Rudel zu bilden.
So verschiebt sich im Idealfall ein kompakter Fünferblock vorwärts oder rückwärts, wird die neutrale Zone gut kontrolliert und dem Gegner bleibt wenig Raum zum kontern – im Grunde gutes, gepflegtes skandinavisches Hockey. Eingeübt vom finnischen Trainer Heikki Leime (53) und wahrscheinlich fast zu modern für den Gusto von Oltens stockkonservativem Sportchef Köbi Kölliker.
Spielerisch ist dieses Olten selbst für einen NLA-Gegner brandgefährlich. Die entscheidenden zwei Fragen der Beurteilung, ob die Oltner gar aufstiegsfähig sind: Ist diese Mannschaft robust genug? Hat Olten einen Aufstiegsgoalie?
Die Oltner sind kleiner und leichter als Langnau und Biel. Sie suchen die Entscheidung mit spielerischen Mitteln (auch in diesem 7. Spiel gegen Visp) und mögen Rumpelhockey und bissiges Forechecking nicht. Wenn es gelingt, ihnen unter die Haut zu fahren und sie unter Druck zu setzen bricht schon mal Panik aus.
Typisch für dieses Team sind Verteidiger Fabian Ganz (26) und Kunstschütze Marco Truttmann (31), der das Spiel mit dem 3:1 entscheidet: das Talent für die NLA, keine Frage. Aber nicht die Rumpelfestigkeit und die Wasserverdrängung.
Die Oltner sind keine Weichlinge – sie so zu bezeichnen wäre eine Beleidigung. Aber sie haben keine «böse» Ausstrahlung. Der neutrale Beobachter kann sich nur schwer vorstellen, dass diese Jungs einen Gegner einschüchtern können. Wohl eine Folge der langen, mehr als 20-jährigen Zweitklassigkeit. Langnaus Aufstiegsteam wurde getragen von Spielern mit jahrelanger NLA-Erfahrung. Bei Olten wissen eigentlich nur Captain Stefan Hürlimann (30), Verteidigersaurier Reto Kobach (36) und Marco Truttmann was NLA-Härte und -Intensität bedeuten.
Torhüter Matthias Mischler (25) ist beim SC Bern schon gewogen und für die NLA als zu leicht befunden worden. Er ist ein Goalie ohne Charisma, ohne Präsenz. Wie Torhüter sind, über die wir sagen, dass sie nie an einer Niederlage schuld sind. Aber auch nie ein Spiel gewinnen. Matthias Mischler ein Aufstiegsgoalie?
Der Verstand sagt: eher nein. Aber so ein Urteil sollten wir nicht fällen, bevor er die Chance bekommen hat, gegen Langnau oder Biel (eines dieser beiden Teams wird die Ligaqualifikation spielen müssen) um den Aufstieg zu spielen. Wer hätte denn vor einem Jahr um diese Zeit gedacht, dass aus Langnaus Damiano Ciaccio ein Aufstiegsgoalie wird?
Hilfreich wäre natürlich ein charismatischer Ausländer, der das Team so führen kann wie Chris DiDomenico im letzten Frühjahr die SCL Tigers. Topskorer Justin Feser (23) beeindruckt als Leitwolf, er ist ein Stürmer mit der Beweglichkeit und Intensität für die NLA. Shayne Wiebe (26) eher nicht. Will er in einem NLB-Finale oder einer Liga-Qualifikation eine dominierende Rolle spielen, muss er Mittel und Wege finden, um seine Energietanks wieder aufzuladen.
Eigentlich müsste Olten eine NLA-Eishockeystadt, ein «Hockey Hotbed» sein. Das Stadion ist zwar bei weitem nicht so komfortabel wie in Zug, Langnau oder Biel. Aber gut genug für die NLA. Das temperamentvolle, fachkundige Publikum mahnt ein wenig an ein urbanes Flachland-Ambri und Oltens erstaunliche Hockeykultur hat eine Besonderheit zu bieten.
Oltens Klubtier ist die Powermaus. Und während des ganzen Spiels gestikuliert ein lebensgrosses Mäusemaskottchen am Spielfeldrand. Maskottchen sind stumm. Reden sie, verlieren sie ihre Magie. Der neutrale Chronist verfolgt das Spiel unten an der Bande hinter dem Plexiglas. Und hört immer wieder, wie irgendjemand in der Nähe verbal tobt.
Eine Stimme, die Oltner mit einem englisch-deutsch-schweizerischen Kauderwelsch anfeuert, vorwärts zu treiben versucht, aufschreit, wenn der Gegner kontert. Die Stimme ist laut, doch seltsam gedämpft. Aber woher kommt sie? Wo ist dieser Einpeitscher? Er muss doch irgendwo in meiner Nähe stehen. Aber die Funktionäre, die unten herumstehen, sind alle ruhig.
Bis ich endlich herausfinde, was da los ist: Die Powermaus tobt! Der Mann im Kostüm der Kraftmaus! Darum wirkt die Stimme gedämpft – er steckt ja mit seinem Kopf um Mäusehaupt aus Stoff. Ein Maskottchen das tobt – das gibt es in der ganzen Hockeywelt nur in Olten.
Olten ist 1994 aus der NLA abgestiegen. Es wäre eigentlich Zeit für eine Rückkehr in die höchste Spielklasse. Zwischen dem Bareggtunnel und der Grauholz-Raststätte, in einer der am dichtesten besiedelten und reichsten Industrieregionen der Welt gibt es kein Hockey- oder Fussballteam in der obersten Liga.
Die Oltner könnten diese Lücke füllen. Aber unter einer Bedingung: die tobende Maus müsste auch in die NLA mitkommen.