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Eismeister Zaugg

Die magistrale Langeweile eines meisterlichen SC Bern

HC Lugano Stuermer Julian Walker, Mitte, laesst sich auf einen Faustkampf ein gegen SC Bern Stuermer Alain Berger, rechts, und Martin Pluess, im Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwi ...
Selbst kleine Scharmützel bringen den SCB nicht aus dem Konzept.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Die magistrale Langeweile eines meisterlichen SC Bern

Der HC Lugano verliert ein grosses Spiel im zweiten Drittel in nur 14 Sekunden auch an der Bande – beim SC Bern ist es intern nun so windstill wie seit der Meistersaison 2009/10 nie mehr.
13.11.2016, 09:2213.11.2016, 14:47
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Sieben Siege in Serie. Nach Verlustpunkten Tabellenführer. Der SC Bern befindet sich nach dem 2:1-Sieg gegen Lugano erstmals seit sechs Jahren wieder im Adelsstand der magistralen Langeweile. Will heissen: Es läuft alles rund. Die Ausländerpositionen sind gut besetzt, der Torhüter spielt sein bestes Hockey und der Trainer ist die unumstritten höchste sportliche Autorität im «Staate SC Bern». Es gibt keinen Ansatz zu Polemik. Den Chronisten geht der Stoff aus.

Wahrlich, ein neues Gefühl. Seit SCB-General Marc Lüthi am 21. Oktober 2011 Trainer Larry Huras nach einer 1:2-Niederlage gegen die ZSC Lions standrechtlich wegen «langweiliger Spielweise» gefeuert hat, ist der SCB nie mehr richtig zur Ruhe gekommen. Auch nicht durch den Final von 2012, den Titelgewinn von 2013 oder die meisterliche letzte Saison.

SC Bern Stuermer Thomas Ruefenacht, Mitte, freut sich nach seinem Tor zum 2:0, im Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen dem SC Bern und dem HC Lugano, am Samstag, 12. November 2 ...
Thomas Rüfenacht hat gut lachen: Beim SCB passt derzeit alles.Bild: KEYSTONE

Die Berner haben seit 2010 die Qualifikation nie mehr gewonnen, 2014 als Titelverteidiger die Playoffs verpasst und im letzten Frühjahr die Playoffs nur punktgleich mit Lausanne erreicht. Es war seit 2010 beim SCB nie mehr so windstill wie im November 2016.

Das gestrige Spiel sagt viel über das neue Selbstvertrauen der Berner aus. In einem beinharten «Dogfight» – eine Sekunde vor Schluss gekrönt durch einen sehenswerten Boxkampf zwischen Luganos Kanadier Maxime Lapierre und SCB-Verteidiger Justin Krueger, den der Berner nach tapferer Gegenwehr verlor – stand der SCB bis weit ins zweite Drittel hinein am Rande einer Niederlage.

Die Schlägerei zwischen Lapierre und Krueger.Video: streamable

Lugano spielte raues, realistisches Resultathockey. Playoff-Hockey. Die Rivalität zwischen diesen Titanen flammte auf und führte zu einem intensiven Spiel. Beide Teams standen in jedem Bereich auf Augenhöhe, auch bei den Goalies.

Unruhe nach «Coaches Challenge»

Gewonnen haben die Berner die Partie mit ziemlicher Sicherheit an der Bande. Luganos Bandengeneral Doug Shedden verlangte nach dem 1:0 eine Videokontrolle wegen möglichem Offside («Coaches Challenge»). Vergeblich. Aufgrund eines Liga-Beschlusses waren die TV-Bilder der fraglichen Szene auf dem grossen Video-Würfel zu sehen und sorgten für einige Unruhe auf Luganos Spielerbank.

Der Head Coach von Lugano Doug Shedden beim Qualifikationsspiel der National League A zwischen dem EV Zug und dem HC Lugano, am Freitag, 9. September 2016, in der Bossard Arena in Zug. (KEYSTONE/Urs F ...
Doug Shedden kann sein Team nach der «Coaches Challenge» nicht wieder aufs Spiel fokussieren.Bild: KEYSTONE

Diese Unruhe sollte entscheidend sein. Alessandro Chiesa, der vor dem Anspiel im Mittelkreis noch heftig diskutiert hatte, verlor prompt die Scheibe und 14 Sekunden nach dem 1:0 fiel gleich das 2:0. Das Spiel war entschieden. Luganos Damien Brunner suchte allerdings keine Ausrede und sagte, der Entscheid der Schiedsrichter sei korrekt gewesen.

Ein Coach kann weder Tore verhindern noch Tore schiessen. Aber er kann in heiklen Situationen seine Jungs beruhigen – oder eben nicht. Doug Shedden gelang es nicht, im entscheidenden Augenblick diese Ruhe auf die Bank zu bringen – und so darf behauptet werden, Lugano habe ein grosses Spiel an der Bande verloren.

Peltonen als Shedden-Nachfolger?

In Bern hat die magistrale Ruhe (oder eben Langeweile) auch etwas mit dem Coach zu tun. Mit Kari Jalonen hat der SCB erstmals seit der Meistersaison von Larry Huras wieder einen Trainer, dessen Autorität nicht infrage gestellt wird. Beim «Bayern München des Hockeys» ein wichtiger Faktor.

Der SCB hat zwar Lugano 2:1 besiegt – aber dieses Spiel hat gezeigt, dass dieser Gegner in den Playoffs überaus gefährlich werden kann. Im letzten Drittel, das Damien Brunner als eines der besten seines Teams bezeichnet, fand Lugano den richtigen Mix zwischen Härte und spielerischen Elementen.

Berns Assistenztrainer Ville Peltonen, links, und Berns Cheftrainer Kari Jalonen, rechts, im Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen dem EV Zug und dem SC Bern am Freitag, 11. Nov ...
Noch ist Ville Peltonen Assistent von Kari Jalonen.Bild: KEYSTONE

Kann Doug Shedden Meister werden? Wenn wir schon die Coaches thematisieren: Lugano ist seit dem letzten Titel von 2006 nie mehr mit einem Trainer glücklich geworden. Aber vielleicht finden die Tessiner die Lösung schon bald in Bern. Ville Peltonen, der Leitwolf in Luganos Meisterteam von 2006 ist in Bern der wohl charismatischste Trainer-Assistent der Liga.

Ville Peltonen als künftiger Lugano-Trainer? SCB-Sportchef Alex Chatelain betont, Peltonen habe keine Ausstiegsklausel im Vertrag, der bis ins Frühjahr 2018 läuft. Kein Schelm, wer vermutet, dass der SCB-Assistent in Lugano ein heisses Thema wird, wenn Shedden im Titelkampf erneut scheitern sollte.

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Die Stadien der 12 National-League-Klubs
Die PostFinance-Arena des SC Bern.
quelle: keystone / peter schneider
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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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jassroli
13.11.2016 09:59registriert Januar 2015
Der SCB hat gestern grossartig gespielt und hätte weitaus höher gewinnen müssen!
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Guido Kluge
13.11.2016 12:16registriert Juli 2016
Der Tag ab dem Chlöisu nichts mehr über den SCB zu schreiben hat, ist der Tag an dem sich die Welt aufhört zu drehen...
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Ordo Malleus
13.11.2016 11:03registriert August 2015
Naja, Lugano war gestern alles andere als ein starker Gegner. Nur dank Merzlikins stand es nur 2:1. Und wer ist dieser Brunner nochmals?
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