Die ZSC Lions haben im sportlichen Bereich den grössten und mächtigsten Hockeykonzern der Schweiz aufgebaut. Unter dem Dach der ZSC Lions Betriebs AG sind nicht weniger als 56 Mannschaften mit insgesamt 1139 lizenzierten Spielern (davon 70 Frauen) zusammengefasst.
Dazu gehören die ZSC Lions in der NLA, die GCK Lions in der NLB, die Nachwuchsorganisation ZSC/GC sowie die eigenständigen, aber eng mit den ZSC Lions liierten Dübendorf in der 1. Liga und Urdorf in der 2. Liga.
Mit den Spielern aus der Nachwuchsabteilung der Zürcher könnten zwei weitere Teams in der Nationalliga zusammengestellt werden: Über 40 ehemalige ZSC/GC-Junioren spielen in der NLA und NLB. Die Stadtzürcher investieren auch am meisten von allen Klubs ins Frauenhockey. Rund ein Drittel des Bronze-Wunderteams von Sotschi ist in Zürich ausgebildet worden.
Zwar gilt der SC Bern als umsatzstärkste Hockeyfirma der Schweiz. Aber die Berner erzielen fast zwei Drittel ihres Umsatzes von heute rund 50 Millionen Franken unabhängig vom Hockeybusiness mit Beizen in Bern. Unter dem Dach des SCB-Hockeykonzerns sind «nur» rund 250 Spieler in 12 Teams aktiv – damit stehen die Berner ungefähr auf Augenhöhe mit dem EV Zug.
Auch die Direktinvestitionen in den Spielbetrieb der NLA-Mannschaft sind in Bern und Zug etwa gleich hoch (zwischen 13 und 15 Millionen) und damit um rund drei Millionen tiefer als bei den ZSC Lions. Der SC Bern ist also ein Gastronomie-Konzern mit einer kleinen Hockeyabteilung. Die ZSC Lions sind hinfegen eine Hockeyfirma mit einer kleinen Gastronomie-Abteilung.
Die ZSC Lions setzen knapp 25 Millionen pro Saison praktisch ausschliesslich mit dem Eishockeygeschäft um, und sie dürften rund 18 Millionen davon direkt in den Spielbetrieb der ersten Mannschaft investieren. Das wichtigste Ereignis des Jahres ist die Verwaltungsratssitzung am Ende der Saison.
Dann versammelt Präsident Walter Frey (Vermögen gemäss der Zeitschrift «Bilanz» 1,5 bis 2 Milliarden) seine Freunde zu einer Sitzung. Einziges Thema: Deckung des Betriebsverlustes. Wer zahlt wie viel? «Das ist zwar etwas salopp ausgedrückt», sagt ZSC-Manager Peter Zahner. «Aber es geht schon in diese Richtung.» Wie hoch dieses Defizit jeweils ist, wird sorgsam verschwiegen. Aber heute gilt ein Selbstfinanzierungsgrad des reinen Hockeygeschäftes von 60 Prozent als Traumziel.
Somit dürften die Zürcher Jahr für Jahr schätzungsweise zwischen 3 und 6 Millionen Verlust schreiben. Etwa gleich viel wie die Kloten Flyers. Dieses Verlustgeschäft der ZSC Lions ist deshalb sinnvoll, weil Walter Frey und seine Freunde ihre Investitionen auch als soziales Engagement verstehen.
Die ZSC Lions haben die grösste Nachwuchsorganisation der Schweiz mit etwas mehr als 700 Junioren aufgebaut. Sie kostet pro Saison 3,2 Millionen. Und die Früchte dieser Nachwuchsorganisation haben sie mit dem soeben errungenen achten Titel geerntet. Es ist durchaus kein Zufall, dass gerade ein Spieler aus der vierten Linie, ein eigener Junior, im alles entscheidenden Spiel am Samstag in Kloten eine zentrale Rolle gespielt hat.
Chris Baltisberger (22) erzielte, oder besser: erarbeitete – das 1:1, das die ZSC Lions in die Verlängerung und schliesslich ins Penaltyschiessen rettete. Dort führte das Genie Robert Nilsson mit zwei verwerteten Penaltys die Entscheidung herbei. Gerade diese Mischung aus harten Arbeitern und genialen Künstlern ist ein Erfolgsmerkmal der grossen Hockeymaschine ZSC Lions.
Die ZSC Lions sind mit dieser sportlichen Organisation heute dazu in der Lage, die Mannschaft laufend mit eigenen Spielern zu erneuern und verletzungsbedingte Ausfälle können durch den Zugriff auf das NLB-Kader der GCK-Lions kompensiert werden. Die aktuelle sportliche Dominanz und der Gewinn des Meistertitels ist also das logische sportliche «Betriebsergebnis».
Der Playoff-Modus will es, dass selbst eine so perfekte Hockeymaschine wie die ZSC Lions sportlich zerbrechlich bleibt. Selbst eine starke Qualifikation mit einem Vorsprung von 20 Punkten garantiert den Titel nicht. Der SC Bern beendete im Frühjahr 2008 die Qualifikation mit dem Rekordvorsprung von 21 Punkten – und scheiterte in der ersten Runde an Fribourg-Gottéron. Bereits viermal hat es den Qualifikationssieger in den Viertelfinals erwischt: Lugano 2005 gegen Bern, den SC Bern 2006 gegen Kloten, 2008 gegen Fribourg und 2009 gegen Zug.
Der Qualifikationssieger strebt logischerweise den Meistertitel an und will nicht schon in den Viertelfinals seine besten Spieler über die Belastungsgrenze hinaus forcieren. Schliesslich gilt es, den Halbfinal und Final durchzustehen. Der Aussenseiter aber spielt in der ersten Runde so, als gäbe es kein Morgen und lässt seine Stars bis zu 40 Minuten auf dem Eis. Das macht die Playoffs für die Favoriten in der ersten Runde so gefährlich. So ist es durchaus logisch, dass die ZSC Lions sowohl gegen den Aussenseiter Lausanne als auch gegen Servette sieben Spiele benötigten, um schliesslich ins Finale zu kommen.
Titelverteidiger SC Bern schaffte es diese Saison nicht einmal mehr in die Playoffs. Einen Sturz der meisterlichen ZSC Lions unter den Strich können wir ausschliessen. Viel wahrscheinlicher ist eine jahrelange Dominanz. Der Beginn einer meisterlichen Dynastie. Den Ehrentitel Dynastie gibt es allerdings erst nach vier Titeln in Serie. Das hat seit Einführung der Playoffs (1986) erst ein Team erreicht: Der EHC Kloten mit den vier Meisterschaften 1993, 1994, 1995 und 1996.