Er war einer der charismatischsten Leitwölfe in der neueren Geschichte der SCL Tigers. Mit Chris DiDomenico schafften die Langnauer die Rückkehr in die NLA und den Klassenerhalt. Im letzten Frühjahr wurde der Kanadier aber zum Verräter. Er verliess das Emmental aus einem laufenden Vertrag heraus, um sich den Lebenstraum NHL zu erfüllen.
Von einem Stammplatz in der NHL ist er inzwischen so weit entfernt wie die SCL Tigers vom nächsten Meistertitel. Letzte Saison reichte es DiDomenico gerade mal für drei Spiele (null Punkte) und die neue Saison wird er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Farmteam verbringen.
Sein NHL-Zweijahres-Vertrag ist miserabel. Wenn er die ganze Saison in der NHL spielen könnte, bekäme er diese Saison 575'000 Dollar und in der nächsten Saison 650'000 Dollar. Brutto. Die Hälfte von diesem Betrag geht durch Steuern weg, das Auto und die Wohnung bezahlt er selber – am Ende bleibt weniger, als er in Langnau verdiente. Im Farmteam wird Chris DiDomenico gar darben: 65'000 Dollar Bruttolohn. Da bleibt dem 28 jährigen Kanadier am Ende des Monats weniger Geld als einer Kassiererin im Coop.
Kein Wunder, hat DiDomenico inzwischen seine Gewährsleute in Langnau angerufen und sich nach der Möglichkeit einer Rückkehr erkundigt. Und er ist auf offene Ohren und Arme gestossen und auch eine gut gefüllte Transferkriegskasse. Die interne Meinung ist gemacht: Ja, wenn es geht, machen wir den Deal.
Denn Chris DiDomenico kann auf dem Eis und in der Kabine die Rolle eines Leitwolfes und Leaders übernehmen – eine Rolle für die sich die drei Finnen (Ville Koistinen, Elo Eero, Antti Erkinjuntti) überhaupt nicht eignen. Und mit dem Kanadier hätten die Langnauer eine zweite Linie, die dazu in der Lage ist, Tore zu erzielen.
Langnau ist nach dem schwächsten Saisonstart seiner Geschichte (fünf Niederlagen/1 Punkt, zusammen mit der Saisonvorbereitung 12 von 13 Spielen verloren) in eine schwere Krise geraten. Selbst vor einem Jahr war es nicht so schlimm. Da standen zwar auch fünf Pleiten in Serie – aber wenigstens zwei Punkte.
Langnaus Sportchef Jörg Reber reagiert auf eine entsprechende Frage etwas unwirsch. Seine Version, «Domenico ist kein Thema», gibt er dann allerdings bald einmal auf und er dementiert nicht mehr ausdrücklich. Er weiss ja, dass der Chronist weiss, dass das Thema intern diskutiert wird. Also sagt er diplomatisch: «Chris DiDomenico will in die NHL und weilt jetzt in Ottawas Trainingscamp. Er hat dort einen Zweijahresvertrag. Mehr gibt es jetzt nicht zu sagen.»
Die Frage ist nun, ob sich der Deal machen lässt. Chris DiDomenico kann in der Tat nur nach Langnau wechseln, wenn die Ottawa Senators seinen Zweijahresvertrag auflösen – und das kann dauern.
Wenn es nicht möglich ist, DiDomenico zu verpflichten, dann wird ein anderer zusätzlicher Ausländer engagiert. Die Hoffnung ist berechtigt, dass es im Gegenzug gelingen wird, für die «Nullnummer» Aaron Gagnon in Skandinavien oder in der DEL einen neuen Arbeitgeber zu finden.
Noch nicht auszuschliessen ist die Variante eines ausländischen Torhüters. Ivars Punnenovs musste in Ambri das Spiel wegen Adduktorenproblemen nach zwei Dritteln abbrechen. Wenn nur ein paar Tage Pause notwendig sind – kein Problem.
Wenn er für längere Zeit ausfallen sollte, dann brauchen die SCL Tigers einen starken zweiten Torhüter neben Damiano Ciaccio. Entweder einen Schweizer oder halt einen Ausländer. Die acht Ausländerlizenzen sind ja da, um gebraucht zu werden. Sportchef Reber hat allerdings nach nur fünf Spielen bereits fünf eingelöst.