Sport
Eismeister Zaugg

Wiener Walzer gegen Rock’n’Roll – so kann Langnau in die NLA aufsteigen

Bild
Bild: Keystone
Rappi und Biel aufgepasst

Wiener Walzer gegen Rock’n’Roll – so kann Langnau in die NLA aufsteigen

Das Unheil für den NLA-Letzten ist ein bisschen näher gekommen: Langnau gewinnt gegen Visp 4:3 n.V. und führt im NLB-Finale 2:1.
31.03.2014, 11:4631.03.2014, 12:09
Folge mir
Mehr «Sport»

Wenn Visp NLB-Meister wird, dann gibt es keinen NLA-Absteiger. Visp würde zwar die Liga-Qualifikation spielen. Aber nicht aufsteigen. Ambri verdankt sein Überleben in der Liga-Qualifikation dem zweimaligen überraschenden Untergang des aufstiegsfähigen Lausanne in den NLB-Finals gegen Visp (2011) und Langenthal (2012).

Biel und die Lakers wären bereits jetzt gerettet, wenn Langnau gegen Visp das NLB-Finale verliert. Aber es sieht nicht so aus. Beim Kulturkampf zwischen Rock’n’Roll und Wiener Walzer haben die Langnauer Visp am Sonntagabend doch noch Flötentöne beigebracht und in der Verlängerung 4:3 gewonnen.

Wer unten in Burgdorf am Ausgang des Emmentals steht und nach Süden blickt, sieht manchmal, wie sich am Horizont ein Unwetter zusammenbraut. Oft zerstreuen sich die unheimlichen, dunklen Wolken wieder. Aber manchmal kommt doch ein Gewitter mit Hagel, Blitz und Donner, das alles mit sich fortreisst. 

Langnau führt im NLB-Finale zwar erst 2:1. Und doch kann es sehr wohl sein, dass sich nach dem sonntäglichen 4:3 n.V. ein Unwetter zusammenbraut, das in der Ligaqualifikation Biel oder die Lakers aus der NLA schwemmt. Gewiss, das Tempo ist in diesem NLB-Finale tief und die Anzahl Fehler hoch. Aber was Dramatik, Härte und Provokationen betrifft, ist das Halbfinale zwischen Gottéron und Kloten vergleichsweise nur ein Kindergeburtstag.

Die treuen Langnau-Fans sehnen sich nach der Rückkehr in die NLA.Bild: Keystone

Im Rückblick könnte die Geschichtsschreibung dereinst dieses 4:3 n.V. über Visp als Langnaus wichtigsten Sieg auf dem Weg zurück in die NLA bezeichnen. Die favorisierten Emmentaler, nominell dem Gegner weit überlegen, gerieten in höchste Not. Sie waren schon fast besiegt und siegten am Ende doch. Solche Spiele machen eine Mannschaft stärker – oder lassen sie im Falle einer Niederlage zerbrechen.

Die Musik hilft uns am besten, dieses grosse NLB-Finalschauspiel zu verstehen. Die Langnauer spielen Wiener Walzer. Bedächtig und ruhig fliesst ihr Spiel dahin. Manchmal sogar mit ein bisschen Eleganz. Eishockey ohne Rock und ohne Roll. So sind die SCL Tigers leicht und locker durch die Viertelfinals (4:0 gegen Thurgau) und die Halbfinals (4:1 La Chaux-de-Fonds) ins Finale getanzt. Und auch noch zum ersten Sieg (4:1) in dieser Finalserie.

Visp hingegen schrummt auf dem Eis Rock und Roll. Das Spiel der rauen Oberwalliser ist einfach strukturiert wie die Musik von Status Quo. Die Kraft ersetzt das Talent und die Leidenschaft die Technik. Unberechenbar sind diese Rock’n’Roller, weil sie vom 41-jährigen Stehgeiger Alexej Kowaljew dirigiert werden.

Alexej Kowaljew ist der Denker und Lenker bei Visp.
Alexej Kowaljew ist der Denker und Lenker bei Visp.Bild: Keystone

Am Freitag hatten sich die Langnauer provozieren lassen und gingen in Visp in einem Spektakel mit mehr als 120 Strafminuten 1:4 unter. Visp gelang es auch am Sonntag, das Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Eishockey wurde nur mit dem Tropfenzähler gespielt, aber als Drama inszeniert. Langnau musste vom hohen Ross seiner spielerischen Kunst steigen und auch zu Fuss kämpfen. 

Bereits beim ersten Einsatz schied der ausländische Verteidiger Kevin Hecquefeuille nach einem Check mit Verdacht auf Schlüsselbeinbruch aus. Kann er nicht mehr spielen, wird er künftig durch den slowakischen Stürmer Juraj Kolnik ersetzt. Philippe Rytz hat für den Franzosen die Rolle des Verteidigungsministers übernommen. Statt grosse Fehler machte er ein grosses Tor zum 3:3.

Den Langnauer fehlen zwei Siege zum Aufstiegsduell mit Biel oder den Lakers.Bild: Keystone

Visp führte 1:0 und 3:2 und der Sieg wäre verdient gewesen. Es ist wie ein Treppenwitz der Hockeygeschichte, dass ausgerechnet Alexej Kowaljew den Langnauern eine letzte Chance eröffnete. Der Russe, einer der besten Stocktechniker der Hockeyweltgeschichte, der mit einem Handgelenkschuss eine Fliege im Sturzflug trifft, schoss die Scheibe im Boxplay aus dem Rink ins Publikum. Dabei wäre doch das Spielfeld 30 Meter breit. Mit fünf gegen drei Feldspielern gelang den Langnauern der Ausgleich zum 3:3. Die Rettung in die Verlängerung.

In dieser Verlängerung zeigte sich noch etwas, das womöglich die Hockey-Landkarte noch verändern wird: Lorenzo Croce (30) Ambris Nummer 3 der letzten Saison, ist womöglich doch kein Lottergoalie. Er rettete sein Team in der Verlängerung gegen Andy Furrer mit einer grossen Parade vor dem Untergang.

Lorenzo Croce hat sich zum sicheren Rückhalt entwickelt.
Lorenzo Croce hat sich zum sicheren Rückhalt entwickelt.Bild: Keystone

Vielleicht ist er doch ein Aufstiegstorhüter. Vielmehr macht er den Eindruck eines durch und durch robusten, heissen Wettkampfgoalies. Eine Rolex, die Langnau im letzten Sommer auf dem Transfer-Wühltisch gefunden hat. Vor einem Jahr verspielten die Emmentaler den Ligaerhalt gegen Lausanne weil der NLB-Meister mit Cristobal Huet den klar besseren Goalie hatte. 

So wie die Dinge jetzt stehen, ist Lorenzo Croce besser als Biels Lukas Meili und die verschiedenen Lottergoalies der Lakers. Das ist, wenn Langnau NLB-Meister werden sollte, ein Grund zu tiefster Besorgnis bei den NLA-Playoutisten.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
5
Die ZSC Lions finden immer eine Lösung – 9. Folge
So nah und doch so fern: Lausanne war beim Finalauftakt einer Sensation so nahe und doch war der Sieg so fern: Die ZSC Lions finden halt immer eine Lösung. Diesmal sorgte mit Yannick Weber einer für die Wende, der eigentlich Tore zu verhindern hat.

Yannick Weber (35) ist ein weitgereister Haudegen aus dem Bernbiet. Erfahren aus 14 Jahren Nordamerika, mehr als 500 NHL-Spielen und Auftritten auf der ganz grossen Bühne: 2017 verliert er an der Seite von Roman Josi mit Nashville den Stanley Cup-Final.

Zur Story