Sport
FC Basel

Das war eine richtig schöne Pressekonferenz. Jetzt muss uns nur noch jemand sagen, weshalb Murat Yakin wirklich nicht mehr Basel-Trainer ist

Bild
Bild: freshfocus
Kommentar zu Yakins Abgang in Basel

Das war eine richtig schöne Pressekonferenz. Jetzt muss uns nur noch jemand sagen, weshalb Murat Yakin wirklich nicht mehr Basel-Trainer ist

Die Pressekonferenz zur Trennung zwischen Murat Yakin und dem FC Basel hat mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Die Beteiligten beharren auf einer stark geschönten Version des gegenseitigen Einvernehmens, während die wahren Gründe auf der Hand liegen und unausgesprochen bleiben.
19.05.2014, 20:2024.06.2014, 13:19
Alex Dutler
Folge mir
Mehr «Sport»

Sind Sie glücklich verheiratet? Wenn nicht, dann stellen Sie es sich bitte ganz kurz vor. So richtig kitschig – mit ein paar hübschen und erfolgreichen Kindern vielleicht. Solche, auf die sie mächtig stolz sein können. 

Nach einem langen und erfolgreichen Tag kommen Sie nach Hause und setzen sich mit ihrem perfekten Partner an einen Tisch. Im Gespräch gelangen sie gemeinsam und einvernehmlich zum Schluss, dass es an der Zeit ist, sich zu trennen. Nicht wegen Dingen, die bereits passiert sind, nein. Einfach nur weil es für die Zukunft am besten ist, jetzt aufzuhören.

Tönt absurd? Ist aber genau die Erklärung, welche FCB-Präsident Bernhard Heusler und Meister-Trainer Murat Yakin bei dessen Abschieds-Pressekonferenz für ihre Trennung auftischen.

Das lange Warten auf Erklärungen

Zweieinhalb Tage lang hatten alle Beteiligten zuvor eisern zum Thema geschwiegen. Yakins Abgang nach nur 19 Monaten in Basel wurde zwar bereits vor der sportlich wertlosen Dernière gegen Lausanne per Medienmitteilung verkündet. Weitere Ausführungen verbat man sich beim alten und neuen Meister bis am Montag aber ausdrücklich.

Schliesslich hatte man noch einen goldenen Kübel über den Barfüsserplatz zu stemmen, wie es in Basel seit einem halben Jahrzehnt immer im Frühling extrem en vogue ist. Bei diesem liebgewonnenen Ritual wollte man sich die Partystimmung partout nicht verderben lassen.

Murat Yakin präsentiert den FCB-Fans zum vorerst letzten Mal den Meisterkübel.Bild: freshfocus

Also wurde die Frage nach konkreten Gründen zwei Mal vertagt. Umso grösser ist die Spannung im St. Jakob-Park als Heusler und Sportchef Georg Heitz am vermeintlichen Tag der Wahrheit um 14.07 Uhr vor die Medien treten. Mit einigen Sekunden Verspätung folgt Murat Yakin, den Blick demonstrativ auf sein Handy gerichtet.

Hier können Sie den Liveticker zur Pressekonferenz nachlesen

Die Hauptrollen in diesem Theater sind hervorragend besetzt

In seinem Eröffnungs-Statement bedankt sich der entmachtete Trainer für die wundervolle Zeit und die Unterstützung in Basel. Während die Stimmung grundsätzlich gedrückt ist, umspielt ein Lächeln seine Lippen, als er von den zwei magischen Nächten gegen Chelsea berichtet. Und dann sagt Yakin einen bemerkenswerten Satz:

«Meine Vereinbarung mit dem FC Basel galt als Trainer. Nicht als Politiker, Unternehmer oder Schauspieler.»
Murat YakinEx-FCB-Trainer

Ganz so fühlt man sich aber als Zeuge dieser Veranstaltung – wie bei einem gut einstudierten Theater. Der Text sitzt und die Hauptrollen sind hervorragend besetzt. Die Verantwortlichen des FC Basel haben sich zum Ziel gesetzt, das Stück so stilvoll wie möglich und ohne jegliche Erläuterung der konkreten Trennungsgründe über die Bühne zu bringen. 

In Basel darf es keinen Fall Alpstaeg geben

Bei seiner letzten Station in Luzern wurde Yakin nach seinem Abgang und der Unterschrift beim Meister von Investor Bernhard Alpstaeg öffentlich als Muttersöhnchen mit Heimweh abgekanzelt. Der gleiche Geldgeber nannte nach dem Rauswurf von Sportchef Heinz Hermann dessen Frisur als Hauptkritikpunkt. Ein solcher Schlamassel entspricht nicht dem Basler Selbstverständnis und muss deshalb um jeden Preis verhindert werden. Und dieses Vorhaben ziehen die Bebbi-Bosse knallhart durch.

Vergeblich wartet man bei Yakin auf eine kurze nonverbale Reaktion, während Bernhard Heusler seine Sicht der Dinge zum Besten gibt. Obwohl der Präsident von Anfang an ungewöhnlich gestresst wirkt, punktet er in gewohnter Manier mit kleinen Kalauern: «Glauben Sie mir, es ist wirklich nicht so, als ob Murat Yakin hier das Silberbesteck gestohlen hätte» und «Ich habe unglaublichen Respekt vor Murat und seiner Arbeit. Ich wünsche ihm jeden erdenklichen Erfolg, solange er nicht für die Konkurrenz arbeitet.»

Bernhard Heusler spricht, Murat Yakin hört stoisch zu.Bild: KEYSTONE

Der FCB-Präsident wird zunehmend hektischer

Alles gut also? Die erfolgreiche Zusammenarbeit ist vorbei, aber es gibt keine konkreten Gründe. Die Trennung erfolgt einfach so, gemeinsam und einvernehmlich aus Vernunft und der geteilten Überzeugung, dass es in Zukunft nicht mehr geklappt hätte. 

Diese Farce wollen sich die zahlreich angereisten Journalisten nicht gefallen lassen. Eine geschlagene Dreiviertelstunde torpedieren sie die Akteure mit konkreten Fragen, auf die sie allgemeine und nichtssagende Antworten erhalten. Während Yakin einige Rechnungen mit unliebsamen Reportern durch Nullantworten begleicht und sich wiederholt in Erfolgsaufzählungen flüchtet, wird Bernhard Heusler zusehends hektischer. So gestresst hatte er zuletzt gewirkt, als er den damaligen Meistertrainer Heiko Vogel 2012 entlassen hatte und dafür im Basler Lokalfernsehen von zugeschalteten Zuschauern massiv angefeindet wurde.

Auch Meistertrainer Heiko Vogel musste 2012 in Basel vorzeitig den Hut nehmen.
Auch Meistertrainer Heiko Vogel musste 2012 in Basel vorzeitig den Hut nehmen.Bild: KEYSTONE

Die wahren Gründe werden ausgeblendet

Die Weisheit ist so alt wie platt, aber sie stimmt wohl trotzdem einmal mehr: Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Zahlreiche mögliche Trennungsgründe werden seit Monaten latent und jetzt akut im Basler Umfeld herumgereicht.

Yakin fehle die Empathie, er könne die Spieler nicht verbal aufbauen und ihre Begeisterung entfachen. Wo früher Harmonie war, grassiere in der Mannschaft jetzt nur noch Misstrauen. Spieler wie ehemals Alex Frei oder aktuell die Degen-Zwillinge, die es sich mit Yakin verscherzt hätten, landen ohne Chance auf Bewährung auf dem Abstellgleis. Dem Trainer falle es schwer, seine Ideen und Konzepte in für die Spieler verständliche Worte zu fassen – es hapere an grundlegenden kommunikativen Fähigkeiten.

Die Degen-Zwillinge hatten unter Murat Yakin einen schweren Stand.Bild: KEYSTONE

Auch die taktische Beschlagenheit des Mannes, der in dieser Disziplin eigentlich vielzitiert als «Fuchs» gilt, scheinen sich in der defensiven Ausrichtung zu erschöpfen. Spieler berichteten, dass der Trainer ihnen für die Offensive kaum einmal Brauchbares auf den Weg gegeben habe. Ein Verdacht, der sich in der Rekordbilanz von 15 Unentschieden in der abgelaufenen Saison zu bestätigen scheint. Auch das spektakelsüchtige Basler Publikum hat diese spielerische Alltags-Diät trotz der sporadischen Leckerbissen in den europäischen Nächten nicht goutiert und kommt nicht mehr ganz so zahlreich ins Stadion wie auch schon.

Basels Führung hat voraussehbar daneben gegriffen

Die Liste liesse sich um weitere Punkte ergänzen, doch das entscheidende Muster liegt bereits auf der Hand: All diese Vorwürfe begleiteten Murat Yakin auch schon beim FC Luzern. Auch dort hat er seinen Vertrag nicht erfüllt, wie übrigens auch bei seiner vorletzten Station in Thun.

Wenn Basels Bosse jetzt eingestehen würden, dass diese Kritikpunkte die Trennung final unabwendbar gemacht haben, dann wäre dies gleichzeitig auch das Eingeständnis, dass sie mit Yakin voraussehbar daneben gegriffen hätten. Nicht nur dem scheidenden Trainer würde damit ein Zacken aus der Krone fallen, sondern auch Heusler und Konsorten. Also besinnt man sich beim Meister lieber auf die nächste Platitüde: «Reden ist Silber, schweigen ist Gold.»

Wenn sich die Schwaden dieses Umsturzes in einigen Tagen verzogen haben, dann kann der FC Basel mit einem neuen Trainer in eine neue Ära starten. Und Yakin, dessen Palmarès und statistischen Erfolgswerte eine eindeutige Sprache sprechen, wird im Ausland den nächsten Schritt seiner langen und titelreichen Karriere angehen. Doch für diesen Neuanfang mussten sie am Rheinknie erst ein Theaterstück aufführen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
NoraDrenalin
19.05.2014 21:09registriert Mai 2014
Dieser Artikel ist der absolute Wahnsinn! Man kommt ja heutzutage selten in den Genuss wohlformulierter Beiträge - schon gar nicht in der Sport-Rubrik! Wirklich tolle Arbeit! :) So macht es Spass Zeitung zu lesen.
261
Melden
Zum Kommentar
7
«Hier kämpfen die Schamlippen» – Nike gerät wegen freizügigen Olympia-Outfits in Shitstorm
Die Sportmarke Nike hat die Outfits für die US-Leichtathletinnen an der Olympia präsentiert. Jetzt hagelt es Kritik.

Nike hat am Wochenende in Paris die Outfits für die Athletinnen und Athleten der diesjährigen Olympischen Spielen vorgestellt. Besonders auffallend sind dabei die Kleider, die vom Sportriesen für die US-Leichtathletinnen gewählt wurden. Diese lösten auf Social Media einen regelrechten Shitstorm aus.

Zur Story