Der Aufstieg letzte Saison war steil. Sehr steil sogar. Leicester City spielte sich in der Premier League in Trance und schrieb eins der schönsten Märchen, das der Fussball je geschrieben hat. Der 1:5000-Aussenseiter wurde Meister.
Der Glanz der vergangenen Saison ist aber schnell verflogen. Wenn man die «Foxes» aktuell spielen sieht, erinnert nichts mehr an die glorreiche Zeit. Die Mannschaft befindet sich im freien Fall. Die Meisterschafts-Resultate im Jahr 2017 sagen eigentlich alles:
«Wir haben zwei Probleme: Wir kassieren Tore und schiessen keine. Wir müssen miteinander reden, um Lösungen zu finden. Es ist unmöglich, so weiterzumachen», sagt Trainer Claudio Ranieri. Tatsächlich ist die Diskrepanz bezüglich Torverhältnis frappant. Die letzte Saison schloss Leicester mit 68:36 Toren ab, aktuell steht das Team nach 25 von 38 Runden bei 24:43. Aktuell ist Leicester die einzige Mannschaft aus den Topligen Europas, die im Meisterschaftsbetrieb im Jahr 2017 noch keinen Treffer erzielen konnte.
Symptomatisch dafür steht Jamie Vardy, die Symbolfigur des Erfolgs, der mit 24 Saisontreffern wesentlich am Meistermärchen mitgewirkt hat. Aktuell ist der 30-jährige Stürmer aber nicht mehr wiederzuerkennen. In den letzten 513 Minuten hat er nicht nur kein Tor geschossen, er hat keinen einzigen Abschluss auf das gegnerische Gehäuse gebracht.
Jamie Vardy has failed to have a single shot on target in 513 minutes of Premier League action.
— Squawka Football (@Squawka) 12. Februar 2017
One of many problems. pic.twitter.com/m50p0UeiGG
Getroffen hat er nicht mehr seit seinem Dreierpack gegen Manchester City Mitte Dezember, insgesamt steht er erst bei fünf Treffern. Noch schlechter sieht es diesbezüglich bei seinem ehemals kongenialen Offensivpartner Riyad Mahrez aus, der die vergangene Saison mit 17 Toren und elf Assists beendete. Der Algerier hat bis jetzt lediglich drei Mal eingenetzt – drei Mal vom Penaltypunkt. Zum Vergleich: Letzte Saison hatten Vardy und Mahrez nach 25 Runden zusammen 32 (!) Tore auf dem Konto.
Offensichtlich schwer wiegt der Abgang von N'Golo Kanté, den man für das verzichtbarste Teilchen im Meisterpuzzle gehalten und im Sommer hat ziehen lassen. Nun wütet das französische Laufwunder, das die Leicester-Defensive zusammengehalten hat, im Mittelfeld von Chelsea und macht die «Blues» wohl ihrerseits zum Meister.
Jeez. Huth and Morgan without Kanté in front of them are like Huth and Morgan.
— Gary Lineker (@GaryLineker) 5. Februar 2017
Dass Leicester nicht noch einmal Meister werden würde, war eigentlich allen klar – wohl auch jenen, die wieder darauf gewettet haben. Wesentlich besser stehen nun die Chancen jener, die ihr Geld auf den Abstieg der Titelhalter gesetzt haben. Nach der Niederlage dieses Wochenende gegen Swansea beträgt die Marge auf den ersten Abstiegsplatz nur noch einen Punkt. Zu wenig, sollte die aktuelle Tendenz anhalten.
In den East Midlands hofft man auf ein Erfolgserlebnis auf dem Platz, denn den Branchenüblichen Trainerwechsel wird es vorerst nicht geben. Der thailändische Vereinsbesitzer Vichai Srivaddhanaprabha hat Meistermacher Ranieri in einem öffentlichen Statement den Rücken gestärkt. Der Italiener selbst versucht die Ruhe zu bewahren: «Wir haben unsere Form und unser Selbstvertrauen verloren und müssen ruhig bleiben. Es ist jetzt wichtig, stark zu sein. Wir müssen eine Lösung finden.»
Ob diese Lösung in der Premier League angesichts der nächsten Affichen (siehe oben) gefunden werden kann, darf angezweifelt werden. Aber warum nicht in der Champions League? Abgesehen von der 0:5-Klatsche gegen Porto, als das Weiterkommen als Gruppensieger bereits gesichert war, lief es dort wie geschmiert.
Ab kommender Woche steht das Achtelfinal-Duell gegen Sevilla auf dem Programm. Eine schwierige aber keine unmögliche Aufgabe. Und man stelle sich vor, Leicester triumphiert am Schluss auch noch auf der grössten europäischen Bühne ... dann wäre auch der Abstieg egal.