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Die Bayern wollen gegen Porto nicht «Kamikaze nach vorne rennen» – sollten sie aber vielleicht, denn die Statistik verheisst nichts Gutes

Pressekonferenz an der Säbener Strasse: (Vlnr.) Philipp Lahm, das Double von Hans Meyer und Thomas Müller. 
Pressekonferenz an der Säbener Strasse: (Vlnr.) Philipp Lahm, das Double von Hans Meyer und Thomas Müller. Bild: Bongarts

Die Bayern wollen gegen Porto nicht «Kamikaze nach vorne rennen» – sollten sie aber vielleicht, denn die Statistik verheisst nichts Gutes

Einen Tag vor dem Schicksalsspiel gegen den FC Porto macht man sich bei den Bayern mit Durchhalteparolen Mut. Der Blick in die Geschichtsbücher gibt aber nicht viel Anlass zur Hoffnung.
20.04.2015, 17:2020.04.2015, 21:44
William Stern
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Thomas Müller ist zu Scherzen aufgelegt: «Ich bin der Pressebeauftragte von Philipp Lahm», frotzelt der Bayern-Stürmerschlaks an der Pressekonferenz am Montag. Gelächter unter der versammelten Journalistenschar. Die Stimmung ist scheinbar unbeschwert an diesem Aprilvormittag an der Säbener Strasse. Dabei steht der FC Hollywood vor einer der schwierigsten Aufgaben in der an Herausforderungen nicht gerade armen Klubgeschichte.

Thomas Müller an der Bayern-PK: Gutgelaunt ins Rückspiel oder gute Miene zum bösen Spiel?
Thomas Müller an der Bayern-PK: Gutgelaunt ins Rückspiel oder gute Miene zum bösen Spiel?Bild: EPA/DPA

1:3 lautete das Resultat aus dem Hinspiel in Porto. Regelrecht überrannt wurden die Bayern in den ersten Minuten. Zuerst verlor Mittelfeldstratege Xabi Alonso die Übersicht und den Ball, dann liess sich Innenverteidiger Dante als hinterster Mann übertölpeln. Aus zwei individuellen Fehlern resultierten zwei Gegentore. In der Folge rannten die Rot-Weissen dem Rückstand hinterher. 

Zwar gelang Thiago in der 28. Minute der Anschlusstreffer und damit das wichtige Auswärtstor. Mitte der zweiten Halbzeit aber unterlief der sonst so zuverlässige Jérôme Boateng einen weiten Ball – und Portos Starstürmer Jackson Martinez nahm das Geschenk dankend an.

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Das Bayern-Unglück nimmt seinen Lauf: Xabi Alonsos Ballverlust in der dritten Minute führt zum 0:1 aus Sicht der Gäste.Bild: watson/gifmaker
«Ein 2:0-Heimspielerfolg wäre für den FC Bayern kein Fussball-Weltwunder, aber es muss natürlich erstmal passieren.»
Was Thomas Müller damit eigentlich sagen will: «Wir schaffen das».

Scheint der Stern des Südens auch im Halbfinal?

Immerhin: Die Generalprobe fürs Rückspiel ist den Münchnern am Wochenende geglückt. In der Liga liess man dem FC Hoffenheim auswärts keine Chance. Ergänzungsspieler Sebastian Rode nutzte seine Chance und markierte das 1:0, bevor Unglücksrabe Andreas Beck mit einem Eigentor für den 2:0-Endstand besorgt war. 

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Generalprobe in Hoffenheim: Sebastian Rode schlenzt die Kugel zum 1:0 ins Netz.gif: watson/gifmaker

Ein 2:0 wäre auch das bevorzuge Ergebnis am Dienstag im Champions-League-Rückspiel. Die Bayern müssen mindestens zwei Tore erzielen, schiesst der FC Porto ein Tor, dann sind es mindestens drei Tore – um überhaupt in die Verlängerung zu kommen. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt: Seit Einführung der Champions-League gelang es sechs Teams, ein Zwei-Tore-Defizit aufzuholen. Zuletzt dem FC Chelsea vor Jahresfrist im Viertelfinal gegen Paris St.Germain. 

Müller schätzt die Chancen auf ein Weiterkommen realistisch ein: «Ein 2:0-Heimspielerfolg wäre für den FC Bayern kein Fussball-Weltwunder, aber es muss natürlich erstmal passieren.»

«Wir müssen klug spielen – nicht Kamikaze nach vorne rennen.»
Weise Worte von Thomas Müller

Hätte Müller im Champions-League-Almanach aber den FCB nachgeschlagen, dann wüsste er: Zumindest ein kleines Fussball-Weltwunder müsste sich schon ereignen, damit der Stern des Südens auch im Halbfinal aufgehen kann. Die Bayern haben es nämlich noch nie geschafft, ein Zwei-Tore-Rückstand wettzumachen. In vier Versuchen scheiterten die Bajuwaren vier Mal, das letzte Mal 2005 im Viertelfinal gegen Chelsea, als man das Rückspiel zwar mit 3:2 für sich entscheiden konnte, die 2:4 Hypothek aus dem Hinspiel aber zu schwer wog.

2004/05: FC Chelsea – Bayern München 4:2

Lampards Traumtor: Aus der Drehung ins Eck – Oliver Kahn kann der Kugel nur hinterherschauen.Video: youtube/erickruiz

Trainer Pep Guardiola warnt denn auch vor übertriebener Euphorie: «Natürlich bin ich 100-Prozent optimistisch, aber auch realistisch. Ein 1:3 aufzuholen in der Champions League ist nicht einfach.»

Die Portugiesen verspielten nur einmal in ihrer Europacup-Historie einen Zweitore-Vorsprung aus dem Hinspiel noch: 1980 im UEFA-Cup gegen die Grasshopper.

Mit welchem Plan die Hausherren in der Allianz Arena auftreten werden, wollten sie vor den Medien nicht verraten. Nur soviel: «Wir werden anders attackieren müssen», liess Müller die Presseschar wissen. Wie? «Das will ich hier noch nicht verraten.» Und: «Wir dürfen nicht überdreht ins Spiel gehen. Wir müssen klug spielen – nicht Kamikaze nach vorne rennen».

Verletzungssorgen gelindert

Auch wenn Arzt und Bayern-Urgestein Hans Müller-Wohlfahrt nach dem Hinspiel im Estádio do Dragão das Stethoskop schmiss: Das FCB-Lazarett ist nicht mehr ganz so voll besetzt wie noch vor einer Woche. Wieder mit von der Partie sind:

  • Philip Lahm (Magen-Darm-Virus), und
  • Bastian Schweinsteiger, der am Montag erstmals wieder mit dem Team trainierte.
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Nur hinter dem Einsatz von Franck Ribery steht noch ein Fragezeichen. Der Franzose laboriert noch immer an einer Knöchelverletzung, das letzte Pflichtspiel datiert vom 11. März. «Ich denke, er kann nicht spielen», sagte zwar Pep Guardiola an der Pressekonferenz. Ganz ausschliessen will der Spanier das Mittun des Flügelflitzers aber nicht.

So sieht das Bayern-Lazarett aus:

  • Arjen Robben
  • David Alaba
  • Mehdi Benatia

Reichts fürs Halbfinal?

Auch der FC Porto kann nicht aus dem Vollen schöpfen: Die etatmässigen Aussenverteidiger Danilo und Alex Sandro sind gelbgesperrt. Dafür rückt Verteidiger Iván Marcano wieder ins Aufgebot, nachdem er im Hinspiel eine Sperre absitzen musste. Ihrerseits schonten die Portugiesen am Wochenende ihr Stammpersonal im Ligabetrieb. Mit der zweiten Garde (neun Stammspieler wurden draussen gelassen) rang man Academia de Coimbra nieder.

Vor dem Hinspiel hätten wohl nicht allzu viele ihr Geld auf den portugiesischen Rekordmeister gesetzt. Jetzt haben sich die Vorzeichen gewendet. Ein erster Halbfinal-Einzug seit 11 Jahren ist für den Klub aus der Hafenstadt in greifbare Nähe gerückt. Und 2004 endete die Reise bekanntlich nicht im Halbfinal ....

CL-Final 2003/04: FC Porto – AS Monaco 3:0

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Bayern spielte in der zweithöchsten Liga ohne Ausländer.
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