1989 prophezeite uns Hollywood im Film «Back to the Future II», dass wir im Jahr 2015 selbstbindende Schuhe und selbsttrocknende Jacken tragen werden. Längst sollten unsere Kinder auch auf «Hoverboards» durch die Gegend düsen. Schwebende Rollbretter sind aber ebenso Zukunftsmusik geblieben wie fliegende Autos.
Die deutlich höhere Trefferquote hatte da schon Arthur Greenwood. 1962 entwarf der damals 58-jährige Spielzeug-Hersteller das Stadion der Zukunft – und lag bei vielem unfassbar nah an der heutigen Realität. Eine Zeitung hatte seine visionären Ideen damals abgedruckt und wir haben sie 55 Jahre später überprüft.
Durchsichtige Dachkonstruktionen aus ultra-leichtem Material sind im Stadionbau längst gang und gäbe. Seit einigen Jahren gibt's in vielen neuen Arenen auch Systeme, die Regenwasser sammeln. Fast alle Stadien der WM 2014 in Brasilien waren mit einem solchen ausgerüstet und auch der englische Provinzklub Forest Green Rovers hat sich der ökologischen Nachhaltigkeit verschrieben. Mr. Greenwood hat also voll ins Schwarze getroffen. Dass auf dem Dach heutzutage mittels Solarzellen sogar Strom produziert wird, konnte der Visionär natürlich nicht erahnen.
Von einem Stadion mit vier Rängen konnte man in den 60er-Jahren aus architektonischen Gründen nur träumen. Dank der Weiterentwicklung der Bautechnik ist es heute zwar längst möglich, mehr als vier Zuschauertribünen übereinander zu stapeln. In der Praxis kommt dies allerdings selten vor. Stadien mit vier Rängen gibt es aber, wie das Estadio Santiago Bernabéu in Madrid oder das Aztekenstadion in Mexiko-Stadt.
Knapp Weit daneben ist auch vorbei. Aufgrund der Sicht aufs Spielfeld lässt sich die Kapazität eines Fussball-Stadions nicht beliebig vergrössern. Das grösste Stadion der Welt steht in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang («Stadion Erster Mai») und fasst 114'100 Zuschauer. Die grösste reine Fussball-Arena ist das Camp Nou mit 99'354 Plätzen, das allerdings bereits 1957 erbaut wurde. Das grösste Fussball-Stadion des neuen Jahrtausend ist das Wembley mit 90'000 Plätzen. Grösser dürften Stadien auch in Zukunft kaum mehr werden.
Was Mr. Greenwood 1962 ziemlich umständlich formulierte, heisst heute einfach nur Torlinientechnologie und wurde vom International Football Association Board (IFAB) 2012 eingeführt. Krass, wie genau der Visionär 1962 schon voraussah, wie die Technologie einmal funktionieren wird!
Fussballfelder können zur besseren Bewässerung und Belüftung des Rasens aus der Arena (Schalke) gefahren werden und viele Stadien sind – wie von Mr. Greenwood angedacht – zu Multifunktions-Arenen geworden. Biathlon, Eishockey, Boxen, Stockcar – alles geht in den modernen Stadien. Doch hier müssen wir streng sein: Einen drehbaren Mittelkreis hat bislang niemand für nötig gehalten, deshalb geht der Daumen runter. Sorry, Mr. Greenwood!
Nachwuchsakademien, die in den Stadion-Komplex integriert sind – auch hier lag Mr. Greenwood richtig. Mittlerweile werden für die Stars von Morgen sogar eigene Akademien errichtet, die beinahe so gross wie das Stadion selbst werden können.
Flutlichtmasten werden heute nur noch gesprengt und nicht mehr gebaut. Dank verbesserter Bau- und Lichttechnik sind sie unnötig geworden. Wie von Mr. Greenwood voraus gesagt, ist die Beleuchtung heutzutage fast überall am Stadiondach angebracht. Was für ein Fuchs!
Da hat Mr. Greenwood aber so richtig daneben gegriffen oder hat der Brite da etwa den Video-Schiedsrichter gemeint? Wohl kaum. Eines muss man Greenwood aber zu Gute halten: Wenn der Unparteiische tatsächlich in einer Glasbox über dem Spielfeld schweben würde, käme es wenigstens nicht mehr zu diesen unsäglichen Rudelbildungen.
Gibt's noch nicht, wäre aber sicher realisierbar. Doch für wen? Vielleicht für die reichen Klubbesitzer aus Nah- und Fernost? Ach nein, die landen ja lieber gleich auf dem Spielfeld.
Der letzte Satz im Artikel über die Stadion-Vision des Briten lautete folgendermassen: «Mr. Greenwood macht sich keine Illusionen über die Kosten eines solchen Projekts. 2'500'000 Pfund würde so ein Stadion kosten.»
2,5 Millionen Pfund entsprächen wegen der Inflation heute einem Gegenwert von 51,25 Millionen Pfund. Da lag der geschätzte Mr. Greenwood so ziemlich daneben. Der Neubau des Wembley-Stadions zwischen 2003 und 2007 verschlang rund 1,09 Milliarden Pfund, Also rund das 20-fache, was Greenwood damals gedacht hatte.