Es ist hinlänglich bekannt: Der FC Sion stand in 13 Cupfinals und hat 13 Mal auch den Pott geholt. Eine einzigartige Serie, wahrscheinlich weltweit! Es wäre doch jammerschade, wenn sie gebrochen würde. Der Cup-Mythos Sion ist schliesslich eines der wenigen Überbleibsel aus der guten alten Zeit des Fussballs.
In Sion wird der Cupsieg mit Stil gefeiert. Nirgends ist die Euphorie nach dem Triumph grösser, sind die Nächte nach der Heimkehr länger. Das Bier und der Fendant fliessen in Strömen. Nichts ist schöner als das Wallis im Ausnahmezustand!
Nichts ist langweiliger als Favoritensiege! Oder woran erinnert man sich in der grossen, weiten Fussball-Welt am liebsten? Richtig, an die Geschichten von Leicester City, der griechischen und der dänischen Nationalmannschaft und natürlich an Cup-Sensationen. Egal, ob in der ersten Runde oder erst im Final.
Zu Tausenden pilgern die Sion-Fans heute nach Genf. Drei Extrazüge, 150 Cars und unzählige Autos haben sich vom Wallis ans andere Ende des Lac Léman aufgemacht. Von den 26'000 Zuschauern im Stade de Genève werden weit über die Hälfte rot-weiss gekleidet sein. In Basel dagegen stockte der Ticketverkauf: Von den 10'000 zur Verfügung stehenden Karten beantragte der FCB lediglich 8000. Und nur 7000 wurden bis Dienstag auch verkauft.
Seine Methoden sind umstritten, doch ihn umweht trotzdem eine ganz spezielle Aura. Christian Constantin ist eine tickende Zeitbombe. Er kann jederzeit explodieren und man weiss nie, was als nächstes kommt. Doch er kann auch ganz anders: Constantin ist ein Lebemann geblieben. Er fährt teure Luxuskarossen und liebt ausschweifende Partys. Daneben steckt er jährlich fünf Millionen Franken in einen maroden, aber von den Menschen geliebten Fussballverein. Das macht ihn dann doch irgendwie sympathisch.
Es hat Tradition: Vor dem Cupfinal überbringt der einstige Team-Betreuer Clement Bohnet in Kaminfeger-Montur dem FC Sion seine Glückwünsche. Bislang immer mit Erfolg. Das soll auch so bleiben, schliesslich wollen wir doch alle, dass uns der «Chämifeger» irgendwann mal das gewünschte Glück bringt.
18 Titel seit der Jahrtausendwende hat der FCB schon geholt. In diesem Frühling ist bereits der 20. Meistertitel und damit der zweite Stern auf dem Trikot dazu gekommen. Basel hatte schon seine #stärnstund. Lieber holt der FCB in sieben Jahren GC als Rekordmeister ein, statt Sion die schöne Cup-Serie zu vermiesen.
Basel hat die Fasnacht, die Muba, die Baselworld, das Tattoo, die Herbstmesse, die Art Basel, die Swiss Indoors und die jährliche Meisterfeier. Also genügend Feste für ein ganzes Jahr. Und was hat das Wallis? Vielleicht das Open Air Gampel und ein paar Weinfeste. Also liebe Basler, lasst doch mal die anderen ran!
Ob mit Cup oder ohne – am Abend des 3. Juni steigt die offizielle Basler Meisterfeier. Rote Fackeln und die ewig gleichen Sprechchöre: «Glaubed nid a Geister …» Gleichzeitig beginnt in Cardiff aber auch der Champions-League-Final zwischen Real Madrid und Juventus Turin. Dafür schwänzen einige FCB-Spieler sogar das Ende der Party. «Ich werde pünktlich zum Final der Champions League mit einigen anderen Spielern das Spiel anschauen und hoffen, dass Real Madrid die Titelverteidigung gelingt», kündigt beispielsweise Michael Lang an. Titelpartys scheinen in Basel zur Gewohnheit verkommen zu sein.
Für den geschassten Meistertrainer Urs Fischer wäre der Gewinn des Doubles natürlich eine grosse Genugtuung, für die neue FCB-Führung aber auch eine Hypothek. Der neue Trainer Raphael Wicky könnte es fast nur schlechter machen als sein Vorgänger. Ausser, er überwintert europäisch, was die FCB-Fans wohl schöner und für die restliche Fussball-Schweiz deutlich nützlicher wäre als der zwölfte Basler Cupsieg.
Der FC Sion gewinnt seine Cupfinals nicht nur, er gewinnt sie meist spektakulär. Unvergessen, wie der FC Sion 1991 gegen YB im Wankdorf einen 0:2-Rückstand dank famosem Fussball in einen 3:2-Sieg verwandelte. Und noch zweimal sollte das gleiche Kunststück gelingen: 1996 gegen Servette und 2009 wieder gegen YB. Vom 0:2 zum 3:2 – mach's nochmal, Sion!
Ein Sion-Cupsieg ist die beste Werbung fürs Wallis und somit auch für die Tourismus-Destination Schweiz. Wenn Constantins Baby am Donnerstag bei strahlend blauem Himmel mit dem Pott ins Wallis heimkehrt, gehen die Bilder davon um die Welt Schweiz und viellicht verbringt der eine oder andere Schweizer seine Sommerferien plötzlich lieber im Alpenkanton statt irgendwo am Meer.
Fussball und Wallis? Klar, da kommen einem zunächst einmal die beiden streitbaren FIFA-Präsidenten Sepp Blatter (ex) und Gianni Infantino (aktuell) in den Sinn. Das muss nicht sein! Zeit also, dass der FC Sion das wieder einmal für kurze Zeit ändert.
Gewinnt der FC Sion den Schweizer Cup, ist er automatisch für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert. Verliert man hingegen, muss dafür zwingend Platz drei erreicht werden. Für diesen kommen zwei Runden vor Schluss der Meisterschaft noch Lugano, Sion und Luzern in Frage, wobei Sion für den Schweizer Fussball wohl die beste Lösung wäre.
Die Walliser haben trotz aller Unkonstanz mehr Potenzial um europäisch für Furore zu sorgen als Lugano und Luzern. Die Schweiz ist auf gute Resultate angewiesen. Im Sommer fällt die tolle europäische Saison 2012/13 (Basel im EL-Halbfinal) aus der Wertung und dann müssen gute Resultate her um nicht aus den Top Zwölf zu fallen.