Profisportler wollen von Glück oft nichts wissen. «Nein, das darf keine Ausrede sein», wird häufig geantwortet, wenn ein Reporter fragt, ob man nicht einfach etwas zu wenig Glück gehabt habe. Dabei gilt es als erwiesen, dass auch Glück (oder: Zufall) einen Einfluss auf das Resultat hat. Manchmal ist dieser Einfluss grösser, manchmal geringer.
Ein Beispiel: Der Schuss eines Fussballers wird von einem Gegenspieler abgefälscht. Geht er nun an den Pfosten, so ist das Glück für den Verteidiger. Geht er aber ins Tor, ist das Glück für den Schützen, dessen Versuch sonst neben dem Kasten gelandet wäre. Niemand weiss im Moment des Abfälschens, welche Richtung der Ball nehmen wird.
Kann man feststellen, welchen Anteil das Glück im Sport hat? Dieser Fragestellung ist der Sportfan Michael Mauboussin nachgegangen, im Hauptberuf Managing Director und Head of Global Financial Strategies bei der Credit Suisse. In seinem Buch «The Success Equation» («Die Erfolgsgleichung») zeigt er auf, dass der Faktor «Glück» je nach Sportart unterschiedlich gross ist.
Am einen Ende der Skala befinden sich beispielsweise Leichtathleten oder Schwimmer. Ihre Resultate sind in erster Linie von den eigenen Fähigkeiten abhängig. Es sind Einzelsportler, und das ist ein wichtiger Punkt. Denn je mehr Menschen involviert sind, umso grösser wird der Einfluss des Glücks.
Mauboussin verglich fünf grosse Ligen: die vier grossen in Nordamerika (NFL, NBA, MLB und NHL) sowie die englische Premier League. Er kam nach Anwendung seiner Formeln zum Ergebnis, dass der Einfluss des Glücks beim Eishockey am grössten ist.
Im Eishockey, zeigt Mauboussins Grafik, ist der Faktor «Glück» sogar gleich entscheidend wie die Fähigkeiten der Spieler. Weshalb ist das so?
Es gibt mehrere Gründe dafür. So wird in der NBA deutlich häufiger auf den Korb gezielt, als in der NHL aufs Tor geschossen – weil es im Basketball die «Shot Clock» gibt, vor deren Ablaufen ein Korbversuch stattfinden muss. Wer zu oft das Glück benötigt, damit sein Ball rein geht, der verliert. Denn je mehr Würfe es gibt, umso eher setzt sich das Team mit den besseren Spielern durch.
Mitentscheidend dafür, dass es im Eishockey eher zu Überraschungen kommt, ist die Anzahl der Spieler. Während die besten Basketballer fast die gesamte Partie durchspielen, sind die besten Eishockeyspieler auch im Extremfall maximal die Hälfte der Spielzeit auf dem Feld. Für sie spielen dann schwächere Akteure. Das sorgt dafür, dass Glück plötzlich etwas wichtiger wird als das reine Können. Im Fussball, wo nicht durchgewechselt werden kann, ist das kein Faktor.
Eishockeyspieler wussten aber schon vor der Untersuchung, dass Glück in ihrem Sport eine Rolle spielt – sie haben es daher als taktisches Element in ihr Spiel aufgenommen. So wird oft unplatziert, aber hart auf das Tor geschossen, in der Hoffnung, dass der Puck von einem Mit- oder Gegenspieler noch für den Goalie unhaltbar abgefälscht wird.
Oder um es mit den schönen Worten von watson-Eismeister Klaus Zaugg zu sagen: Eishockey ist ein unberechenbares Spiel auf einer rutschigen Unterlage.