Als ein gewisser Morton Betts am 16. März 1872 den Wanderers FC aus London vor 2000 Zuschauern zum ersten Cupsieger der Geschichte schoss, wurde an der Golfküste von Abu Dhabi nach Perlen getaucht. Vom Bohren nach Öl – und den daraus resultierenden Reichtümern – war man noch mehr als ein halbes Jahrhundert entfernt.
Als am Samstag das von den milliardenschweren Scheichs alimentierte Manchester City mit einer drittklassigen Auswahl bei Chelsea 1:5 unterging, sagte das viel aus über den Zustand des FA Cups. Er ist zumindest für die ambitionierten Spitzenklubs ein Auslaufmodell – ein störendes Relikt in der Welt des grossen Geldes.
City-Coach Manuel Pellegrini machte keinen Hehl aus seinen Prioritäten: «Wir haben die Möglichkeit, erstmals die Viertelfinals der Champions League zu erreichen. Da haben wir ganz einfach keine Zeit für den Cup.» Letztes Jahr scheiterte Manchester City im Achtelfinal der Champions League und kassierte dafür gut 50 Millionen Franken. Der Sieger des FA Cups erhält gerade mal 5,5 Millionen Franken.
Etwas stimmungsvoller ging es bei Manchesters Stadtrivalen United her. Der spielte am Montag im alten Marktstädtchen Shrewsbury. Die zum Teil schiefen, aber stimmungsvollen Fachwerkhäuser wirken wie ein Rückfall in vergangene Zeiten. Fast 10'000 Fans füllten das Stadion New Meadow (neue Weide) bis auf den letzten Platz.
Manchester United trat in Bestbesetzung an und besiegte den Drittligisten problemlos 3:0 – aber auch nur, weil für Trainer Louis van Gaal jede Niederlage die letzte sein könnte. Im Jahr 1999 – nach dem historischen «Treble» (Sieg in Meisterschaft, Cup und Champions League) zeigte die United dem FA Cup die kalte Schulter. Ein Tabubruch, aber nur der erste Schritt zur Demontage des Traditionswettbewerbs.
Schuld daran sind nicht die Geldgeber aus Asien, dem Nahen Osten oder Nordamerika. Fast gleichzeitig wurden Mitte der 1990er-Jahre die Champions League der UEFA und die Premier League in England als Abspaltung vom traditionellen Liga-System eingeführt. Die Prioritäten verschoben sich dahin, wo das grosse Geld zu verdienen ist.
Eine Möglichkeit, dem FA Cup wieder mehr Bedeutung zu geben, wäre die Vergabe eines der vier Champions-League-Plätze an den Cupsieger. Den will die Premier League aber nicht hergeben.
Und so funkeln die Sterne mehr denn je auf den Champions-League-Plätzen wie am Mittwochabend in Kiew, wo Manchester City mit allen Stars auf dem Platz stehen wird. Der FA Cup hingegen – einst auf der ganzen Welt der Inbegriff englischer Fussball-Leidenschaft – ist nur noch etwas für Nostalgiker. (pre/sda)